Die Zeiten, in denen die beiden großen Kirchen noch Geld genug hatten, um sich auf allen Feldern ihrer Arbeit einen beeindruckenden konfessionellen Separatismus leisten zu können, scheinen endgültig vorüber zu sein. Der Heilige Geist – für seine unkonventionelle Wirkweise seit zwei Jahrtausenden bekannt – setzte eines der wirkungsvollsten Mittel ein, um die Wege zur ökumenischen Zusammenarbeit in bisher ungeahntem Maße zu bahnen: den drastischen Rückgang finanzieller Mittel! Und beide Seiten, die sich in ihrer eifrig proklamierten und mit viel Energie gepflegten „versöhnten Verschiedenheit“ wunderbar eingerichtet hatten, sehen nun aus rein praktischen Gegebenheiten oftmals nur noch den einen Weg vor sich, der inhaltlich ehedem schon seit langer Zeit der beste gewesen ist: den der Zusammenarbeit!
Die Zeiten, in denen die beiden großen Kirchen noch Geld genug hatten, um sich auf allen Feldern ihrer Arbeit einen beeindruckenden konfessionellen Separatismus leisten zu können, scheinen endgültig vorüber zu sein. Der Heilige Geist – für seine unkonventionelle Wirkweise seit zwei Jahrtausenden bekannt – setzte eines der wirkungsvollsten Mittel ein, um die Wege zur ökumenischen Zusammenarbeit in bisher ungeahntem Maße zu bahnen: den drastischen Rückgang finanzieller Mittel! Und beide Seiten, die sich in ihrer eifrig proklamierten und mit viel Energie gepflegten „versöhnten Verschiedenheit“ wunderbar eingerichtet hatten, sehen nun aus rein praktischen Gegebenheiten oftmals nur noch den einen Weg vor sich, der inhaltlich ehedem schon seit langer Zeit der beste gewesen ist: den der Zusammenarbeit!Auf unterer (sprich gemeindlicher) Ebene ist das nichts Neues – in Kindergärten, Sozialstationen und auch in vielen musikalischen Bereichen wird die Zusammenarbeit intensiv und mit Gewinn für alle Seiten gepflegt. In seiner Qualität einzigartig ist die Zusammenarbeit, die ausgerechnet zwei Hochschulen in kirchlicher Trägerschaft miteinander vereinbart haben: Die Hochschulen für Kirchenmusik der Landeskirche Württemberg in Tübingen und der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Rottenburg haben sich mit einem Vertrag im November 1997 darauf verständigt, große Teile des Unterrichts gemeinsam durchzuführen. Für staatliche Ausbildungsstätten (wie Musikhochschulen) ist dies seit Jahren (wenn nicht Jahrzehnten) schon Realität: Sie sind daran gewöhnt, den Unterricht allein schon aus kapazitären Gründen weitgehend konfessionsverbindend anzulegen – es gibt zudem keine katholischen Fingersätze oder evangelischen Dreivierteltakte! Unterschiedlich sind lediglich die sogenannten „konfessionsspezifischen“ Fächer – wie Liturgik, Kirchenkunde und Liturgisches Orgelspiel. Das revolutionär Neue ist nun die Tatsache, dass zwei kirchliche Häuser diese Zusammenarbeit begonnen haben – politisch gewollt, finanziell willkommen (weil gegebenenfalls den Bestand rettend) und in der Substanz ein wichtiges Zeichen des ökumenischen Miteinanders! Für den neuen Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, ist die Ökumene in der Ausbildung Frucht der Ökumene in den Gemeinden und Kirchen. „Insofern die Kirchenmusik integraler Bestandteil des Gottesdienstes in der katholischen und der evangelischen Kirche ist, kommt der ökumenischen Kooperation der beiden Hochschulen sowohl für die zukünftige Gestalt christlicher Liturgie als auch für die ökumenische Annäherung der Kirche große Bedeutung zu“, so der Bischof in einer Stellungnahme für unsere Zeitung.Damit die beiden kleinsten Hochschulen des Landes Baden-Württemberg zusammenarbeiten konnten, musste zuerst eine räumliche Nähe hergestellt werden.
Die Evangelische Hochschule – gut 50 Jahre alt – zog nach Tübingen um und schuf somit die Basis für die Kooperation mit dem nun nur noch 13 Kilometer entfernten Pendant, das 1997 zur Hochschule erhoben worden war. Und mit einem Schlag war eine Umgebung höchster Qualität gewonnen: eine Stadt, die mit reichhaltiger geistesgeschichtlicher Tradition und Gegenwart für beide Partner große Herausforderungen und Chancen bietet. Viele Vorlesungen und praktische Veranstaltungen sind nun für Studierende beider Häuser gemeinsam: Chorprobeübungen, Musikgeschichte, Gregorianischer Choral (als vorkonfessionelles Bindeglied!), Orgelbaukunde, Sprecherziehung, Klaviermethodik, Stimmbildung und der neu hinzugetretene Bereich der Popularmusik. Natürlich ist der gemeinsame Hochschulchor samt Chorleitungsunterricht ein tragender Faktor der Kooperation, zumal hier – trotzdem es sich um kleine Häuser handelt – auf beiden Seiten hauptamtliche Professoren für den Unterricht zur Verfügung stehen. Ein freier Dozentenwechsel über die jeweiligen Institutsgrenzen hinweg ist inzwischen problemlos möglich. Eine immer größer werdende Zahl von gemeinsamen Veranstaltungen (Konzerte, Workshops, programmatische Abende oder Liturgische Nächte) strahlt inzwischen in die Stadt Tübingen aus und verankert im Bewusstsein der akademisch verwöhnten Schwaben, dass die beiden kleinen Hochschulen am Neckar ebenfalls viel zu bieten haben und für Stadt, Kreis und Kirche eine große Bereicherung darstellen.
Die Kirchenmusik lebt und erweist sich als überlebensfähig – vielen Unkenrufen zum Trotz. Und die Ökumene ist lebendiger, als es manche glauben und einige wünschen! Die in Sachen „ökumenische Zusammenarbeit“ alles andere als hilfreichen Passagen aus dem von Kardinal Ratzinger erarbeiteten Papier „Dominus Jesus“ haben in der deutschen und der kirchenmusikalischen Ökumene keinen Schaden anrichten können – ganz im Gegenteil. In Tübingen kann man lebendig erfahren, welche großen Chancen darin liegen, wenn Mauern eingerissen werden, deren Existenz seit langem schon äußerst fragwürdig geworden ist. Dass katholische und evangelische Kirche schon „eins“ sind, will niemand behaupten – dass sie aber viel mehr bereits gemeinsam haben, als man weithin zur Kenntnis nehmen kann, erweist sich unter anderem am mutigen Zusammengehen der beiden Hochschulen für Kirchenmusik in Schwaben. Das ist der richtige Weg – er sei ausdrücklich zur Nachahmung empfohlen.