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Pierre-Laurent Aimard im Dialog mit dem Komponisten. Harrison Birtwistle will, dass das Klavier stets zu hören ist, auch in den wuchtigen, kompakten Klangblöcken, die vor Kraft fast zu bersten scheinen. Foto: Astrid Ackermann
Pierre-Laurent Aimard im Dialog mit dem Komponisten. Harrison Birtwistle will, dass das Klavier stets zu hören ist, auch in den wuchtigen, kompakten Klangblöcken, die vor Kraft fast zu bersten scheinen. Foto: Astrid Ackermann
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Ernst von Siemens Musikpreis 2017 an Pierre-Laurent Aimard

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Der internationale Ernst von Siemens Musikpreis geht 2017 an den französischen Pianisten Pierre-Laurent Aimard. Die Auszeichnung für ein Leben im Dienste der Musik ist mit 250.000 Euro dotiert. Die Preisverleihung findet am 2. Juni 2017 im Münchner Prinzregententheater statt. Insgesamt vergibt die Ernst von Siemens Musikstiftung erstmals 3,5 Millionen Euro an Preis- und Fördergeldern.

Pierre-Laurent Aimard ist Lichtgestalt und internationale Schlüsselfigur im Musikleben unserer Zeit. Das Kuratorium  der  Ernst  von  Siemens  Musikstiftung  zeichnet  den  1957  in  Lyon  geborenen Pianisten für ein Lebenswerk aus, das buchstäblich im Dienste der Musik steht: „Reflektieren, oder besser gesagt interpretieren bedeutet für mich, sowohl der Musik von gestern als auch der von heute zu dienen“. Einzigartig in der Intensität seiner Deutung der Klavierliteratur aller Epochen, steht Aimard wie kein anderer in der musikalischen Gegenwart: Er war sowohl Interpret als auch Weggefährte zahlreicher Größen der Neuen Musik wie Pierre Boulez, Olivier Messiaen, Karlheinz Stockhausen, György Kurtág und György Ligeti – allesamt Ernst von Siemens Musikpreisträger. Die Zahl  der  durch  ihn  uraufgeführten  Werke  von Elliott  Carter  über  George  Benjamin, Harrison Birtwistle bis hin zu Marco Stroppa und Tristan Murail sowie der ihm gewidmeten Werke lassen erahnen, welch enorme Bedeutung er für die Musik der jüngsten Zeit hat. Für Ligeti war er gar „der beste Pianist“, der seine Musik besser kenne, als er selbst.

Aimards Lehrer waren alle von Leidenschaft für die Neue Musik erfüllt. Nachdem schon seine Lehrerin aus Kindheitstagen, Geneviève Lièvre, begeisterte Anhängerin der Darmstädter Ferienkurse und insbesondere von Boulez war, studierte er später bei Yvonne Loriod, der Frau Olivier Messiaens, und Marcia Curcio in Paris. Im Alter von nur neunzehn Jahren wurde er durch Pierre Boulez zum ersten Solopianisten des neugegründeten Ensemble intercontemporain berufen. Das Ensemble mit seinen vielfältigen Aufgaben bot ihm damals den idealen Rahmen, um sein schon früh gewecktes Interesse an zeitgenössischer Musik zu befeuern. Künstlerisch gereift verließ er 1995 das Ensemble, um  eine  Solokarriere  und  eigene  Projekte  zu  verfolgen.  Nach  und  nach  widmete  er  dem kanonischen Klavierrepertoire der vergangenen Jahrhunderte bis hin zu Bachs Musik für Klavierinstrumente immer mehr Aufmerksamkeit. Die zeitgenössische Musik blieb jedoch stets zentraler Bestandteil seines Repertoires.

Vielseitig ist Aimard nicht nur bezüglich seiner von technischer Klarheit geprägten Interpretationen. Er sehe sich als Musiker, der Klavier spielt, als Solist, Kammermusiker oder Liedbegleiter: „Ich liebe es zu unterrichten und künstlerisch zu leiten. Manchmal dirigiere ich auch. Ich finde es organisch, nicht in einer Spezialisierung gefangen zu sein.“ Die Vermittlungsarbeit liegt Aimard ebenfalls sehr am Herzen. Durch ambitionierte Projekte, wie beispielsweise „Explore the Score“ im Rahmen des Klavierfestivals Ruhr, macht er sich für ein Ausweiten von Musikvermittlungsprojekten auf der ganzen Welt stark: „Wir Musiker sollten Botschafter für das sein, was wir klassische Musik nennen, um einem neuen Publikum und jüngeren Generationen ein reiches Erbe weiterzugeben. Die Musikvermittlung kann mit jeder Art von Musik beginnen – mit Mozart, Strawinsky, Lachenmann oder irgendeiner Musik auf diesem Planeten. Wenn die Vermittlung gut gemacht ist, kann jede Musik Sinn ergeben und jedem vertraut werden, vor allem jungen Menschen.“

Die Ernst von Siemens Musikstiftung ehrt mit Aimard einen Pianisten des Lichts und der Farben, der alles, was er spielt, klar und lebendig werden lässt. Sein ungewöhnlicher Weg von der Musik der Gegenwart zu jener der Vergangenheit, seine grenzenlose Entdeckerfreude und seine Akribie, mit der er sich Komponisten von Bach über Debussy bis hin zu George Benjamin widmet, machen ihn zu einem Ausnahmemusiker unserer Zeit.

Preisverleihung am 2. Juni 2017 im Prinzregententheater München

Der Ernst von Siemens Musikpreis wird Pierre-Laurent Aimard am 2. Juni 2017 im Münchner Prinzregententheater bei einem musikalischen Festakt verliehen. Michael Krüger, Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, wird die hohe Auszeichnung überreichen. Die Ernst von Siemens Musikstiftung ehrt außerdem drei junge, vielversprechende Komponisten, deren Namen Ende Februar veröffentlicht werden. Neben Werken für Klavier solo, die der Preisträger selbst interpretiert, spielt das Münchener Kammerorchester Stücke der Komponisten-Förderpreisträger.

Die Ernst von Siemens Musikstiftung vergibt erstmals 3,5 Millionen Euro

Insgesamt vergibt die Stiftung über 3,5 Millionen Euro an Preis- und Fördergeldern. Gefördert werden 2017 weltweit rund 130 Projekte im zeitgenössischen Musikbereich. Der größte Anteil der Förderung entfällt erneut auf Kompositionsaufträge. Auch Festivals, Konzerte, Publikationen sowie Kinder- und Jugendprojekte werden mit Fördergeldern bedacht. Der Ernst von Siemens Musikpreis ist mit 250.000 Euro dotiert, die Komponisten-Förderpreisträger erhalten je 35.000 Euro sowie die Produktion einer Porträt-CD.

räsonanz – Stifterkonzerte

Gemeinsam mit ihren Partnern LUCERNE FESTIVAL und musica viva des Bayerischen Rundfunks setzt die Ernst von Siemens Musikstiftung ihre Initiative der „Stifterkonzerte“ fort. Das Münchner räsonanz-Konzert findet am 1. April 2017 im Prinzregententheater statt. Das Mahler Chamber Orchestra und der musicAeterna Choir spielen unter der Leitung von Teodor Currentzis Werke von Vivier, Berio und Xenakis. Am 8. April 2017, im Rahmen des Oster-Festivals von LUCERNE FESTIVAL, spielen das Symphonieorchester und der Chor des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Mariss Jansons die Schweizer Erstaufführung der Requiem-Strophen von Wolfgang Rihm. Solisten sind Anna Prohaska, Mojca Erdmann und Hanno Müller-Brachmann.

 

(dpa) - Träger des Ernst von Siemens Musikpreises seit 2006

 

2017: Pierre-Laurent Aimard, französischer Pianist

2016: Per Nørgård, dänischer Komponist

2015: Christoph Eschenbach, deutscher Dirigent und Pianist

2014: Peter Gülke, deutscher Dirigent und Musikwissenschaftler

2013: Mariss Jansons, lettischer Dirigent

2012: Friedrich Cerha, österreichischer Komponist

2011: Aribert Reimann, deutscher Komponist

2010: Michael Gielen, deutsch-österreichischer Dirigent und Komponist

2009: Klaus Huber, Schweizer Komponist

2008: Anne-Sophie Mutter, deutsche Geigerin

2007: Brian Ferneyhough, britischer Komponist

2006: Daniel Barenboim, argentinisch-israelischer Dirigent und Pianist

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