Die Blockflöte gilt als das perfekte Einstiegsinstrument für Kinder. Sie ist preiswert in der Anschaffung, leicht zu transportieren und robust. Erste Fortschritte sind selbst mit relativ geringem Aufwand bald erkennbar und fördern die Motivation des Schülers. Wenn die Kinder noch im Grundschulalter zu einem anderen Instrument wechseln oder gar nicht erst mit der Blockflöte anfangen wollen, weil sie gleich ein „richtiges“ Instrument (die Blockflöte wird immer noch sehr unterschätzt) spielen möchten, stehen sie oft mit einem großen Problem da: Die Hände sind noch zu klein, um es greifen zu können, und sie haben zu wenig Kraft, um es zu halten. Kindgerechte Violinen und Violoncelli (1/16- bis 3/4-Geigen bzw. -Celli) sind in der Öffentlichkeit anerkannt. Doch auch von anderen Instrumenten gibt es mittlerweile kleinere Ausgaben. Hier hat sich in den letzten Jahren einiges getan.
Wie eine Blockflöte sind die Kinderklarinetten (Sopranklarinette, Clarineau, Saxonett u.a.) zu greifen, nur das Mundstück entspricht dem einfachen Rohrblatt. Sie orientieren sich stark am Chalumeau, dem Vorläufer der Klarinette, und werden von vielen Herstellern angeboten. Auch in B-Stimmung sind die Kinderklarinetten erhältlich, um den Übergang zum „großen“ Ins-trument zu erleichtern.
Ähnliches gilt für die Oboe. Auch hier gibt es kindgerechte Variationen, die in der Griffweise der Blockflöte gleichen, jedoch mit dem typischen Doppelrohrblatt anzublasen sind. Natürlich sollte man darauf achten, leichte Rohre zu verwenden. Als Hersteller zu erwähnen sind zum einen die Guntram Wolf Holzblasinstrumente GmbH in Kronach (hier gibt es die Kinderinstrumente auch in Tigerfarben), zum anderen die Markneukirchener Firma Oscar Adler & Co.
Quint- und Quartfagotte
Ganz speziell und vielfältig wird es im Bereich Fagott. Seit Jahren sind die sogenannten Quint- und Quartfagotte auf dem Markt. Das Quintfagott basiert auf dem Tenordulzian und klingt eine Quinte höher als das „normale“ Fagott. Der Vorteil hierbei ist, dass man C-Stimmen im Violinschlüssel untransponiert übernehmen kann. Das Quartfagott (auch „Tenoroon“) geht noch auf das 19. Jahrhundert zurück und wird heute wieder gebaut. Es klingt, wie der Name schon sagt, eine Quart höher als das Fagott. Schließlich hat der Holzblasinstrumentenbauer Guntram Wolf noch ein Oktavfagott (Fagottino) im Programm, das eine Oktave höher klingt. Auch hier ähnelt die Griffweise jener der Blockflöte. Die Dresdner Firma Heyday’s bewirbt seit geraumer Zeit ihr neuestes Produkt, den „Fagonello“. Anders als die Quart-, Quint- und Oktavfagotte soll es in „Tonlage, Tonumfang, Griffweise, Blaswiderstand, Rohrverwendung und Spielgefühl“ dem „richtigen“ Fagott entsprechen. Tatsächlich hören sich die Klangbeispiele auf der Homepage des Herstellers vielversprechend an. Der „Fagonello“ soll bereits ab circa fünf Jahren spielbar sein und ist ab 3.333 Euro zu haben. Praktisch ist die einteilige Bauweise, durch die das oftmals nicht ganz einfache Zusammenfügen der vielen Einzelteile umgangen wird.
Positive Erfahrungen
Ralf Müller, Fagottist am Stadttheater Regensburg und Fagottlehrer, benutzt das Quintfagott für Schüler ab einem Alter von sechs Jahren: „Mit elf oder zwölf steigen die Kinder dann um.“ Der Wechsel verlaufe reibungslos. „Der gelesene Ton wird gleich gegriffen, klingt nur ein bisschen tiefer, aber es funktioniert alles! Und für die Kinder ist es nachvollziehbar, dass große Instrumente tiefer klingen, daher ist das kein Problem!“
Er ist froh, dass es die speziell auf Kinder zugeschnittenen Instrumente gibt und berichtet von einer Schülerin, die mit sieben Jahren auf dem Quintfagott angefangen hat und mittlerweile zweimal beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ war: „Wäre das kleine Instrument nicht gewesen, hätte sie wahrscheinlich nicht den Weg zum Fagott gefunden, sondern hätte mit sieben ein anderes Instrument gelernt!“
Auch Blechblasinstrumentenbauer haben das Potenzial speziell auf Kinder zugeschnittener Instrumente erkannt. Eine Kindertrompete entwickelte Bernd C. Meyer (Dresden). Sie hat ungefähr ein Drittel der Größe von Trompeten und entspricht deren Mensur. Das Mannheimer Brassatelier beansprucht für sich, die „erste für Kinder ab sechs Jahren problemlos spielbare Posaune“ entwickelt zu haben. Im Klang und in den Zugpositionen soll sie der Posaune entsprechen, sodass ein Umstieg problemlos stattfinden kann. Selbst von der großen tiefen Tuba gibt es Varianten für die Kleinen.
Doch zurück zu den Streichinstrumenten. Bereits erwähnt wurden Violinen und Violoncelli. Doch wie steht es mit dem Kontrabass? Der Mühldorfer Claus Freudenstein bezeichnet sich als Erfinder des so genannten „Minibasses“. „Mir ging es damals darum, für Kinder das Bassspielen zunächst überhaupt möglich zu machen“, so Freudenstein. „Und das zu einem Preis, der bezahlbar ist. Es gab bis dahin ja keinen Minibass. Meiner war – komischerweise – der erste weltweit. Bis dahin hatte sich noch niemand mit dem Thema beschäftigt.“ Er suchte und fand einen Kontrabassbauer, der das kleine Instrument in der 1/16- und 1/8-Größe nach Freudensteins Entwürfen anfertigte.
Seit der Präsentation im Jahre 2003 ist der „Minibass“, der bereits Kindern ab fünf Jahren einen Einstieg in die Welt des Kontrabasses bieten soll und in einer individuellen Farbgebung erhältlich ist, an vielen Musikschulen zu erlernen. Es ist also eine große Erfolgsgeschichte, die nicht zuletzt durch den geringen Anschaffungspreis von 890 Euro begünstigt wird.
Kinder am Kontrabass
Der Geigenbaumeister Dominik Hufnagl (Markt Wald) konzipierte gemeinsam mit Song Choi, Leiter der Pädagogischen Arbeitsgemeinschaft Kontrabass (PAK) und Kontrabasslehrer an der Jugendmusikschule Württembergisches Allgäu, kleine Kontrabässe in der Größe 1/16. „Vorher gab es bereits 1/10-Instrumente“, berichtet Choi. „Sie hatten die gleiche Mensur wie die 1/16-Instrumente – also die gleiche Größe –, nur der Name war verwirrend für jedermann. Sie waren aber unglaublich schlecht spielbar: zu schwer und zu dick gebaut,
sodass das Holz nicht richtig schwingen konnte. Dies hatte einen sehr unbefriedigenden Klang zur Folge. Auch die Saiten waren eine Katastrophe.“ Seine Schüler beginnen mit sechs oder sieben Jahren: „Es gibt Instrumente ab 1/32 bis zum großen 3/4 Bass. Wie beim Fahrradfahren wächst das Instrument mit dem Kind. Jeder Schüler lernt es mit Ausdauer, viel Motivation und auch Anstrengung. So komplex der Bewegungsablauf beim Fahrradfahren inklusive Gleichgewicht halten ist, so komplex ist auch das Instrumentalspiel.“
Der von Song Choi und Dominik Hufnagl entwickelte Bass wurde von der Deutschen Gesellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin (DGfMM) begutachtet und für physiologisch sinnvoll erachtet.
Das Kind von heute hat also alle Möglichkeiten, bereits frühzeitig an beinahe jedes Instrument herangeführt zu werden. Besonders für Instrumente, bei denen über Nachwuchsmangel geklagt wird – wie Fagott (übrigens das Instrument des Jahres 2012) und Kontrabass –, sind die kindgerechten Varianten sicher eine große Chance, die Heranwachsenden früh zu begeistern. „Wenn man ein sechsjähriges Kind auf einem 28er-Rad das Radeln lernen ließe, würde es bald die Lust verlieren, weil es keine Chance hat. Somit muss auch das Instrument an das Kind angepasst sein und nicht umgekehrt.“ Dieser Vergleich von Song Choi gilt sicherlich nicht nur für den Kontrabass.