Bäng-dänge-däng-däng. Um einen kopierten Zwei-Sekunden-Rhythmus tobt seit Jahren ein juristischer Streit, der die Musikbranche spaltet. Nun entscheidet am 31. Mai das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe: Wem gehört der Beat?
Es geht um eine Rhythmussequenz von gerade einmal zwei Sekunden, aber für die deutsche Musikbranche steht viel auf dem Spiel: Mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts entscheidet sich an diesem Dienstag (31. Mai), was beim Kopieren fremder Beats und Klänge Vorrang hat – die Kunstfreiheit oder der Urheberschutz. In dem ungewöhnlichen Verfahren haben die Karlsruher Richter es mit einem Streit zwischen den Elektropop-Pionieren Kraftwerk und dem Produzenten und Komponisten Moses Pelham zu tun, der die Gerichte nun schon seit weit mehr als einem Jahrzehnt beschäftigt.
Gestritten wird um eine Klangfolge aus dem Kraftwerk-Titel „Metall auf Metall“ aus dem Jahr 1977. Pelham hatte sich daran bedient und den Rhythmus zwanzig Jahre später in Endlosschleife („Loop“) unter das Lied „Nur mir“ gelegt, das er 1997 mit der Sängerin Sabrina Setlur aufnahm. Kraftwerk-Gründungsmitglied Ralf Hütter sieht sich dadurch um Teile seines künstlerischen Werkes gebracht.
Vor dem Bundesgerichtshof (BGH) hatte er in dem Verfahren um Unterlassung und Schadenersatz 2012 die Oberhand behalten. Der Setlur-Song darf derzeit in den beanstandeten Versionen nicht mehr vertrieben werden. Dagegen haben Pelham und Setlur Verfassungsklage eingelegt. Etliche Produzenten und Musiker haben sich angeschlossen, darunter die Sängerin Sarah Connor, der Rapper Bushido und der Reggae-Musiker Gentleman. (Az. 1 BvR 1585/13)
Sie alle streiten dafür, dass das sogenannte Sampling, also die Interpretation eines fremden Beats in neuem musikalischen Kontext, auch ohne ausdrückliche Genehmigung erlaubt bleibt. „Ich halte das für mein Recht“, hatte Pelham in der Verhandlung im November gesagt. Ohne Sampling sei Hip-Hop überhaupt nicht möglich. Es gehe gerade um die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Original.
Das hatten die BGH-Richter anders gesehen. Nach ihrem Urteil braucht es selbst dann die Zustimmung, wenn nur ein ganz kleiner Ausschnitt kopiert werden soll. Mit einer Ausnahme: Es dürfen weder Melodien „geklaut“ werden noch Tonfolgen oder Klänge, die der Künstler ohne Probleme selbst einspielen könnte.
Die Kläger um Pelham sehen sich dadurch in ihrer Kunstfreiheit verletzt. Das Urteil mache es unmöglich, sich – wie heute in der elektronischen Musik gang und gäbe – mit Tonaufnahmen aus der Vergangenheit musikalisch auseinanderzusetzen. Komponisten und Produzenten würden unnötig verunsichert.
Hütter dagegen hatte in der Verhandlung im November die Mühe betont, die es 1977 gekostet habe – noch mit Tonbändern und ohne digitale Technik – das Stück zu produzieren. Als er 20 Jahre später seinen Rhythmus in dem neuen Lied wiedererkannt habe, sei er betroffen gewesen. Unter Kollegen hätte es sich gehört, vorher anzurufen, sagte er.