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Kleine Besetzung, großer Effekt: Peter Stangels taschenphilharmonie aus der Vogelperspektive. Foto: Stangel
Kleine Besetzung, großer Effekt: Peter Stangels taschenphilharmonie aus der Vogelperspektive. Foto: Stangel
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Gewaltige Sinfonien im Taschenformat

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Mit Arrangements für kleinere Ensembles reagieren die Verlage auf veränderte Konzertbedingungen
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Schon in früheren Epochen war es eine gängige Praktik musikalische Werke für das vorhandene Instrumentarium zu bearbeiten, da nicht jeder Hof und jedes Haus stets ein gesamtes Orchester zur Verfügung stehen hatte. Bis zum Ende der Wiener Klassik wurden Bearbeitungen als legitime Möglichkeit zur Verbreitung von Werken angesehen, da die Musik dieser Zeit eher in strukturellen Formen als in Klangdimensionen gedacht wurde. Diese Praktik ist durch die Pandemie bedingt wieder relevanter denn je: Orchester und Ensembles werden durch Mindestabstände und fehlenden Platz eingeschränkt reduziert, gerade Blasinstrumente und Sänger*innen sind von den Richtlinien besonders betroffen. Musikverlage erkennen dieses Defizit und wirken dem entgegen.

Pompös besetzte Sinfonien und andere groß angelegte  Werke können momentan meist nicht in voller Besetzung stattfinden – Arrangements müssen her. Immer mehr Verlage berücksichtigen diese durch besondere Umstände bedingte Nachfrage und präsentieren diesbezüglich eine eigene Angebotskategorie.

Bei verschiedenen Musikverlagen entstehen in ihrem Ausmaß reduzierte Bearbeitungen für Kammermusikensembles von groß angelegten Werken wie Mahlers Sinfonien oder Wagners Ring. Diese Werke finden sich beispielsweise bei der Universal Edition, welche einen ganzen Katalog unter dem Motto „Time for less“ mit verschiedenen Opern und Orches­terwerken bearbeitet für reduzierte Besetzungen in ihr Sortiment aufgenommen haben. Der auf Chorwerke fokussiertere Carus-Verlag setzt sich bereits seit einigen Jahren mit der Reihe „Große Werke in kleinen Besetzungen“ dafür ein, große Chorwerke auch für kleinere Chöre zugänglich und realisierbar zu machen, die nun in der Krisenzeit ebenfalls in den Vordergrund treten. Diese Reihe wird über den Herbst hinweg zusätzlich erweitert. Auch Breitkopf & Härtel bieten eine Auswahl an Orchester- und Bühnenwerken in kleiner Besetzung an. Ebenso stellt Schott ein großes Repertoire an reduzierten Fassungen in ihrem Verlagsprogramm vor.

Neben einem Katalog über Ensemblemusik zur räumlich distanzierten Aufführung hebt sich die Edition Peters mit ihrer pocket philharmonic edition hervor, einer Sammlung von Bearbeitungen klassischer Orchesterwerke für Ensembles von 10 bis 20 Musikern. Darin finden sich neben einigen Eigenkompositionen vor allem arrangierte Werke von Peter Stangel. Stangel ist Gründer und Dirigent der taschenphilharmonie, dem kleinsten Sinfonieorchester der Welt. Dieses Ensemble praktiziert in der Tradition von Arnold Schönbergs Verein für musikalische Privataufführungen die Interpretation von groß besetzten Orchesterwerken bereits seit 2005. Dort wird also schon lange das betrieben, was andere Orchester jetzt erst meistern müssen. Im Verlauf dieser letzten 15 Jahre hat sich noch gänzlich unabhängig von Corona ein großer Bestand an Bearbeitungen angehäuft, der nun durch den Vertrieb von Peters auch anderen Ensembles zugutekommt. Auch wenn gerade keine Pandemie herrschen sollte, profitieren kleinere Bühnen, welche keine großen Orchester unterbringen können, von diesem Angebot und ihnen wird auf diese Weise ermöglicht, verschiedene Sinfonien zur Aufführung zu bringen. Das Augenmerk Peter Stangels liegt bei diesen Arrangements besonders darauf, möglichst nahe den Originalklang eines Stücks wiederzugeben, mit dem entscheidenden Vorteil, dass dieser Klang in höchstem Maße transparent ist. Dieses klare Hervortreten einzelner Stimmen verleiht den Neuinterpretationen ihren ganz eigenen Charme. Die Devise „näher dran“, die aus dem Publikum der taschenphilharmonie stammt, kommt hier fassbar zur Geltung: Die Zuhörerschaft fühlt sich näher an der Besetzung dran. Man kann sehen, welche Töne von jeder einzelnen Musikerin, jedem einzelnen Musiker produziert werden.

Neben den für kleinere Besetzungen zugänglich gemachten Sinfonien von Beethoven, Mahler und Co. wurden auch einige Stücke breiter orchestriert als sie es im Original waren. So findet sich beispielsweise das F-Dur Streichquintett Anton Bruckners als Kammersinfonie in einem besonderen Timbre für zwölf Musiker*innen wieder, das zeigt wieviel Sinfonisches sich darin finden lässt. Auch Schuberts Klaviersonate in a-Moll ist auf zehn Stimmen aufgefächert vorzufinden. Doch Stangel kann als erfahrener Dirigent, Komponist und Arrangeur auch einschätzen, dass in einer solchen Besetzung so manches einfach nicht geht. So findet sich in der pocket philharmonic edition beispielsweise auch keine Sinfonie Bruckners, da Stangel ein Tremolo mit nur sechs Streichern als beschämend befinden würde. Die völlig andere Art Mahlers zu instrumentieren macht dessen Sinfonien dagegen im Taschenformat besser umsetzbar. Bei einigen Verlagen mögen solche Editionen rein durch die Pandemie verursacht sein, bei der pocket philharmonic edition ist dies eben nicht der Fall. Durch die Situation bedingt, tritt die Edition buchstäblich ins Rampenlicht. Man hat es hier nicht mit eigenständigen Versionen zu tun, die sich um Werktreue nicht kümmern. Der Originalklang soll beibehalten werden und die schmale Gratwanderung, die auszeichnenden Elemente eines Stücks beizubehalten und doch zu reduzieren, wird hierbei mehr als angemessen gemeistert. Die für sein eigenes Orchester sorgfältig arrangierten Werke Stangels sind ein Gewinn für die gebeutelte Konzertlandschaft und ermöglichen es Ensembels unter diesen besonderen Bedingungen wieder auf die Bühne zu kommen.

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