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Händel sucht Sponsoren - Freie Theaterproduktionen leiden unter der Wirtschaftskrise

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Wuppertal - Freie Theaterproduktionen in Nordrhein-Westfalen leiden derzeit wegen der Finanzkrise unter fehlenden Sponsoren. Wegen der wirtschaftlichen Situation haben viele große Geldgeber ihre Zusagen zurückgezogen. Auch das Land hat weniger Fördermittel gegeben als gehofft. An zwei Beispielen wird erläutert, wie schwer es für freie Theaterproduktionen während der Wirtschaftskrise ist.

Wuppertal - Erst als alle Beteiligten auf ihren Positionen sind, gibt der französische Regisseur Pierre Constant das Zeichen zum Start der Theaterprobe. Kurz darauf stürmt der Komponist Georg Friedrich Händel, alias Schauspieler Hans-Christian Seeger, über die Bühne zu einer imaginären Haustür. Davor steht Schauspielschüler Ferdinand Junghänel, der den deutschen Barock-Komponisten Georg Philipp Telemann verkörpert, und fragt: «Man hat mir gesagt, der hochgerühmte Schüler Zachows weilt in diesem Hause?».

«Halleluja - Hi Mister Händel» heißt die freie Theaterproduktion, die Händels Lebensreise durch Europa und in dieser Episode auch sein Zusammentreffen mit dem späteren Freund Telemann erzählt. Das Opern- und Theaterstück soll am Dienstag (15. September) in Wuppertal uraufgeführt werden. Doch wegen der Wirtschaftskrise muss sich Produzent Jochen Zoerner-Erb derzeit vor allem Gedanken um dessen Finanzierung machen, weil ihm wichtige Sponsoren abgesprungen sind. Zoerner-Erb scheint mit diesem Problem nicht allein zu sein: viele freie Theaterproduktionen im Land leiden derzeit offenbar unter der Wirtschaftskrise.

«Die Idee zu dem Stück hatte ich 2006 in Berlin. Ein Jahr später war dann das Skript fertig und ich habe angefangen, mich um Gelder zu bemühen», erklärt Zoerner-Erb. Doch dann änderten sich plötzlich die wirtschaftlichen Verhältnisse und der Wuppertaler Produzent war mit seinem Stück mitten in der Wirtschaftskrise gelandet. «Das war wirklich ein Desaster», sagt er. Innerhalb kurzer Zeit hätten viele große Geldgeber ihre Zusagen wieder zurückgezogen, weil ihnen mit einem Mal selbst das Geld fehlte. Und auch das Land habe weniger gegeben als gehofft. Insgesamt sei so nur rund ein Drittel der für das Stück veranschlagten Summe zusammengekommen. «Plötzlich musste ich mir die Frage stellen: Ist es überhaupt noch möglich, das Stück auf die Bühne zu bringen?», erzählt der Theaterproduzent.

Wie schwer es für freie Theaterproduktionen während der Wirtschaftskrise ist, weiß auch Matthias von Hartz, künstlerischer Leiter beim Theaterfestival «Impulse». «Für Leute, die auf Geld von Sponsoren angewiesen sind, ist es nahezu unmöglich geworden, etwas auf die Beine zu stellen», erklärt er. Es lasse sich für die Firmen eben nicht rechtfertigen, auf der einen Seite Stellen zu streichen, und auf der anderen Seite Geld für die Kunst auszugeben. Doch auch die Stiftungen zeigen sich nach seiner Erfahrung immer zurückhaltender. «Durch die Wirtschaftskrise hat in vielen Fällen das Stiftungskapital enorm an Wert verloren», sagt von Hartz.

Auch Jochen Zoerner-Erb musste umdenken. Er suchte sich in mühevoller Arbeit kleinere Sponsoren und stützte einen Großteil seiner Arbeit auf freiwillige Hilfe. «Das Wuppertaler Kulturbüro druckt kostenlos unsere Plakate. Die Kostüme bekommen wir umsonst von den Wuppertaler Bühnen zur Verfügung gestellt. Und die Komparsen spielen alle ehrenamtlich», erklärt er. Ohne dies wäre er mit seinem Stück längst gescheitert. «Das ist wirklich das Schwierigste, was ich je gemacht habe.» Noch bis kurz vor der ersten Aufführung werde er sich um weitere Gelder bemühen. Denn was fehle, müsse er aus eigener Tasche nachfinanzieren.

Für Festival-Leiter Matthias von Hartz ist das Ende der Sponsorenflaute noch lange nicht erreicht. «In der öffentlichen Hand wird die Wirtschaftskrise erst im nächsten Jahr ankommen», sagt er voraus. «Dann wird es noch einmal ganz eng für alle, die auf Gelder angewiesen sind.»

Jochen Zoerner-Erb ist trotz aller Schwierigkeiten froh, nicht aufgegeben zu haben. «Es ist wichtig, sich für Kunst und Kultur zu engagieren, und seien die Zeiten noch so schwierig», ist er überzeugt. Dann zieht er eine Parallele: «Diese ganze Unternehmung erinnert mich kurioserweise sehr an die Zeit von Georg Friedrich Händel. Auch er musste ständig um Geld und gegen den Bankrott kämpfen, um seine Opern irgendwie auf die Bühne zu bringen.»

 

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