Ein geheimnisvoller kleiner Kasten könnte künftig viele Menschen mit Behinderungen zu Musikern und Komponisten machen: Für den „MotionComposer“ strebt die Herstellerfirma IMM in Mittweida zum Jahresende 2013 Serienreife an. Urheber und Patenthalter dieser revolutionären Idee ist der Tänzer, Choreograph und Erfinder Robert Wechsler, der am Lehrstuhl für elektroakustische Musik an der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar einen Lehrauftrag innehat.
Den Prozess der Gerätentwicklung begleitet nun das 2. Internationale Symposium „MotionComposer 2013“ samt Workshop für barrierefreie interaktive Klangkunst vom 21. bis 25. Mai im Werkstattstudio der Bauhaus-Universität Weimar.
Im Workshop werden vier Gastkomponisten aus Norwegen, Spanien, Italien und Deutschland mit „Motion Tracking“-Experten der Bauhaus-Universität Weimar sowie Gästen des Instituts„InfoMus“ aus Genua (Italien) an neuen Musikszenarien für den „MotionComposer“ arbeiten. Dabei werden sie von Menschen mit Behinderungen aus Weimar und Apolda (organisiert über das Lebenshilfewerk Weimar/Apolda e.V.) bei der Rückkopplung mit der praktischen Umsetzung unterstützt. Mit von der Partie ist auch die Weimarer Musikpädagogik-Professorin Marianne Steffen-Wittek mit ihren Studierenden, die schon seit 2011 mit einem Prototyp des Geräts arbeitet.
Die Möglichkeit für die Öffentlichkeit, in den Workshop hineinzuschnuppern, besteht zunächst am Dienstag, 21. Mai von 10:00 bis 12:00 Uhr im Seminargebäude der Weimarhalle. Das gemeinsame Studio für elektroakustische Musik der Bauhaus-Universität Weimar und der Weimarer Musikhochschule stellt dann für das öffentliche Abschlusskonzert des Symposiums am Samstag, 25. Mai um 13:00 Uhr im Audimax der Bauhaus-Universität (Steubenstraße 6) das Personal und die Technik.
Bei freiem Eintritt kann bei dieser Präsentation ein Eindruck davon gewonnen werden, wie der Körper als Schnittstelle für Musiksteuerung funktioniert. Eine faszinierende Choreographie kann hier erlebt werden: Während der mehrfachbehinderte Thomas Mader mit seinen Bewegungen die Musik steuert, wird die aus Brüssel stammende Profitänzerin Annika Dörr dazu tanzen. „Man spürt instinktiv, dass sogar die eigenen Augenbewegungen etwas bewirken“, erklärt Projekt-Initiator Robert Wechsler. „Der Instinkt für die eigene Kreativität wird angesprochen, auch Schwerbehinderte können die Musik fein steuern: Die Augen sind das schnellste Musikinstrument“, so der 58-jährige, der von „einer Art Magie“ schwärmt.
Das Projekt „MotionComposer“ ermöglicht eine direkte Verknüpfung von Körperbewegung und musikalischer Klangerzeugung sowie die Entwicklung eines leicht bedienbaren Geräts. Sich mittels Musik und Bewegung persönlich und künstlerisch auszudrücken, gehört zu den grundlegendsten menschlichen Erfahrungen, die gerade Menschen mit Behinderung oft verwehrt bleibt. Die interaktiven Musikszenarien des „MotionComposers“ ermöglichen selbst Menschen mit starken Bewegungseinschränkungen, verschiedenste Töne, Zusammenklänge und poetische Momente allein durch Hand- oder Augenbewegungen hervorzurufen. Unterstützung erhielt das „MotionComposer“-Team in den vergangenen Jahren durch die Gründerwerkstatt „neudeli“ und Prof. Dr. Jens Geelhaar, Professur Interface Design, von der Bauhaus-Universität Weimar.
Robert Wechsler ist Choreograph und Leiter der „Palindrome Dance Company“, die 1982 in New York gegründet wurde und 1990 nach Deutschland umzog. Er ist ein erfahrener Universitätsdozent und leitete Englands erstes Master-Programm „Digital Performance" (Hull Universität 2003-2005). Wechsler wirkte auch als Opernregisseur u.a. für das Theater Bonn. In den letzten zwei Jahren baute er ein Expertennetzwerk in den Bereichen Musik- und Tanztherapie auf. Er veröffentlichte Artikel zum Thema „Motion Tracking“, Tanz und Musik als therapeutisches Hilfsmittel für behinderte Menschen.