Berlin - Bei den ersten smarten Lautsprechern spielte die Audioqualität nur eine Nebenrolle. Inzwischen geht es viel mehr darum, die Hilfe digitaler Assistenten mit Hifi-Sound zu verbinden. Apple setzt darauf - aber auch Samsung könnte durch einen Zukauf ein Ass im Ärmel haben.
Amazons zylindrischer Echo-Lautsprecher, mit dem man sich unterhalten konnte, wirkte beim Start vor knapp drei Jahren zunächst wie eine Spielerei. Doch inzwischen ist offensichtlich: Sprechende digitale Assistenten werden in Zukunft fest zum Alltag gehören, als Zugang zur allgegenwärtigen Intelligenz in der Cloud, die den Nutzer durch sein Leben begleitet. Und als Schnittstelle bietet sich natürlich direkt ein Lautsprecher an, der den Assistenten eine Stimme geben kann.
Das Geschäft, das einst Hifi-Firmen dominierten, wird nun zur Konkurrenz-Arena für Online-Riesen Amazon, Google, Apple, Microsoft und Samsung. Selbst die auf der IFA stark präsenten jungen Anbieter vernetzter Lautsprecher mit Internet-Zugang, die mit dem Vormarsch von Online-Musikdiensten als erste die Bastionen der Hifi-Platzhirsche aufbrachen, bangen um ihre Zukunft. «Uns ist klar: Auf absehbare Zeit wird keiner ohne Anschluss an einen digitalen Assistenten in dem Geschäft bestehen können», sagt ein Top-Manager einer dieser Firmen. Dabei sei auch offenkundig, dass man auf eine der fremden Assistenten-Plattformen aufspringen muss, weil es für eine Hardware-Firma kaum möglich wäre, eine eigene solche Software zu entwickeln. Die Lautsprecher-Firmen suchen den Schulterschluss mit den Online-Plattformen.
Das Interesse ist auf beiden Seiten vorhanden - denn die ersten smarten Lautsprecher wie Amazons Echo oder Googles Home kommen bei der Musikwiedergabe nicht wirklich an Hifi-Qualität heran. Sonos, ein Pionier bei vernetzten Mehrzimmer-Systemen, die ein ganzes Haus koordiniert mit Musik versorgen können, erkannte schon im vergangenen Jahr sowohl die eigenen Defizite bei digitalen Assistenten als auch die Audio-Schwäche der Konkurrenz. Die Unternehmen arbeiten an einer tiefgreifenden Integration ihrer Technik: Der Nutzer soll sich mit Amazons Assistentin Alexa über die Echo-Geräte unterhalten, aber die Musik soll automatisch über die Sonos-Lautsprecher abgespielt werden.
Microsoft ging einen anderen Weg und lässt den Lautsprecher Invoke für seine Assistentin Cortana vom Hifi-Spezialisten Harman/Kardon entwickeln. Das Gerät, das äußerlich Amazons Echo-Zylinder ähnlich sieht, soll im Herbst auf den Markt kommen. Die kalifornische Firma EVA Automation kaufte im vergangenen Frühjahr kurzerhand den legendären britischen Lautsprecher-Hersteller Bowers & Wilkins und nahm auch gleich dessen Namen an. Bisher kamen aber keine neuen Geräte aus dieser Kooperation zwischen Hifi- und Tech-Industrie auf den Markt.
Der weltgrößte Online-Händler Amazon, der mit Echo und Alexa den Markt für smarte Lautsprecher praktisch im Alleingang etablierte, hat derzeit klaren Vorsprung. Laut einer Erhebung der Marktforschungsfirma eMarketer liegt der Echo-Marktanteil in den USA bei rund 70 Prozent. Auf rund ein Viertel des Marktes komme das im vergangenen Jahr eingeführte Konkurrenzgerät Google Home, die Konkurrenz teilt sich den Rest. Unbekannt ist allerdings weiterhin, wie viele Lautsprecher Amazon insgesamt verkauft hat. Die Schätzungen gehen von 10 bis 20 Millionen - das Geschäft stünde damit immer noch am Anfang.
Und Ende des Jahres tritt ein starker Rivale auf die Bühne: Apple will seinen Lautsprecher HomePod auf den Markt bringen. Der iPhone-Konzern verspricht dabei, die Nützlichkeit seiner Assistentin Siri mit einer hochwertigeren Musikwiedergabe als bei der Konkurrenz zu verbinden. Bei der ersten Präsentation zur hauseigenen Entwicklerkonferenz WWDC ließ Apple den HomePod gegen einen Echo und auch gegen ein mittleres Modell aus der Sonos-Produktfamilie antreten. Die Zuhörer fanden - bei einer kleinen Auswahl von fünf durch Apple ausgesuchten Songs - beide Geräte dem Homepod unterlegen. Die Siri-Funktionalität wurde noch gar nicht demonstriert. Der Apple-Lautsprecher soll die Umgebung erkennen und den Sound daran anpassen. Die kugelige Form soll für räumlicheren Klang sorgen.
Auch Samsung kündigte am Rande der jungsten Vorstellung des neuen Smartphones Galaxy Note 8 den Eintritt ins Geschäft mit smarten Lautsprechern an. Der Smartphone-Marktführer könnte dabei auf seinen neuen Assistenten Bixby zurückgreifen. Und hätte für die Zukunft auch ein Ass im Ärmel, was den Klang angeht: Beim Anfang des Jahres von Samsung übernommenen Audio-Konzern Harman wurde ein revolutionärer Lautsprecher entwickelt, der für perfekten Ton sorgen kann, egal, wie man gerade zur Box steht. Der Prototyp mit dem Namen SL-1 hat dafür die Form einer Sanduhr, deren Außenfläche komplett mit Lautsprechern gepflastert ist. Der Sound wird exakt auf die Position des Zuhörers fokussiert und die dafür nicht benötigten restlichen Lautsprecher arbeiten daran, die reflektierten Schallwellen ringsum zu unterdrücken, die den Ton verschlechtern würden.