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Kompositionen für Computerspiele - Chris Hülsbeck schreibt Musik für Games

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Berlin - Früher hatte Komponieren für Chris Hülsbeck vor allem viel mit Zahlen zu tun. Früher heißt in diesem Fall in den 80ern, als der Commodore 64 populär wurde. Schon als Kind wollte Hülsbeck Musik machen, konnte sich aber keine teuren Instrumente leisten. Mithilfe der Großmutter reichte es dann aber für einen Heimcomputer mit Synthesizer-Soundchip. Heute ist der in Kassel geborene Hülsbeck einer der bekanntesten Komponisten der Musik für Computerspiele, seine Werke werden auch von Orchestern aufgeführt.

 

2011 bekam der 44-Jährige, der seit 1998 in den USA lebt und arbeitet, von der Game Audio Network Guild bereits den Preis für sein Lebenswerk. Die spezielle Sparte hat viele Fans: Derzeit sammelt Hülsbeck via Crowdfunding im Internet Geld, um auf vier CDs etwa 80 bis 90 Stücke zu veröffentlichen, die in den 90ern für das extrem erfolgreiche Spiel "Turrican" komponiert wurden. Bis Sonntag (3. Juni) läuft die Kampagne für die "Turrican Soundtrack Anthology" noch, bisher spendeten rund 1.800 Leute insgesamt etwa 146.000 US-Dollar (rund 117.000 Euro). Das sei fast doppelt so viel wie die ursprünglich geplanten 75.000, sagt Hülsbeck im dapd-Interview. Dafür werden nun noch Gastmusiker ins Studio geholt, und es wird ein künstlerisches Artwork geben. Ende des Jahres soll die limitierte Sammler-Box für die Fans, die das Projekt unterstützten, dann erscheinen.

Musik muss dem Spielverlauf angepasst werden

Games sind ein interaktives Medium, das macht die Arbeit knifflig - für Hülsbeck aber auch besonders spannend. "Ich muss die Musik dem Spielgeschehen anpassen, und ich weiß ja nicht, wann der Spieler was macht. Da ist Programmierung im Hintergrund notwendig, mit der festgelegt wird, wie sich der Soundtrack je nach Spielverlauf ändert", sagt er. Sprich: ruhige Musik für die Szenen, in denen die Spielfigur herumläuft und etwas erforscht, fixes Umschalten auf schnelle Musik, wenn die Gegner auftauchen. Technisch gesprochen geht es dabei etwa um Überblendung, Ausfaden, Layering.

"Man muss mit vielen Tricks arbeiten", sagt Hülsbeck, der auf 25 Jahre Berufserfahrung blickt. "Ich mache das sehr intuitiv." Dass aus dem Teenager-Hobby ein ernsthafter Beruf wurde, mit dem er in Fachzeitschriften zum "Soundmagier" avancierte, nennt der 44-Jährige ein "zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein". Zur C-64-Zeit, als in Maschinensprache komponiert werden musste und dafür nur drei Soundkanäle zur Verfügung standen, konnte dies nämlich noch kaum jemand. "Ich war einer von einer Handvoll von Leuten in Europa."

Dann gewann der Autodidakt, der die Schule Mitte der zwölften Klasse verließ, noch den Wettbewerb einer Spielezeitschrift und bekam einen Job bei einer der ersten großen Spielefirmen in Deutschland: Rainbow Arts. Aber es kam noch besser: Hülsbeck erhielt Ende der 1990er Jahre das Angebot, in den USA an einem "Star Wars"-Spiel mitzuarbeiten. Und so ging er von Kassel nach Kalifornien - und blieb, weil sich nach "Star Wars" die Anschlussprojekte die Klinke in die Hand gaben.

Auch Filmkomponisten strömen in die Games-Branche

Es war die richtige Entscheidung, denn die Branche ist seit Jahren im Aufwind, nicht nur in den USA. Seit 2009 wird hierzulande der mit 385.000 Euro dotierte Deutsche Computerspielepreis verliehen, und es besteht weitgehend Einigkeit, dass Spiele Kulturgut sind. Entsprechend steigt der Stellenwert von Spielemusik. "Seit einigen Jahren sind die Budgets so groß, dass teilweise auch Orchester aufgenommen werden, wie bei einem Hollywoodfilm", sagt Hülsbeck, der jüngst an einem Spiel arbeitete, bei dem rund 30.000 Euro für Komposition und knapp 15 Minuten Orchesteraufnahme zur Verfügung standen.

Mit den Spielen für Smartphones und Tablet-PCs vergrößert sich der Markt zudem weiter. Hülsbeck steuerte beispielsweise die Musik für "Zombie Smash" bei.

Fast wie in der Popmusik gibt es auch in der Spielemusik Trends. "Elektronische Klänge sind wieder mehr gefragt. Es wird aber auch mit Gesang in Spielen experimentiert", sagt Hülsbeck, der dies für "Space-Rat Explode" praktizierte. Auch auf dem Arbeitsmarkt werden neue Entwicklungen sichtbar: Immer mehr Filmkomponisten strömen in die Spiele-Branche, weil es da inzwischen mehr Projekte gibt. "Hollywood ist heiß umkämpft, da gibt es rund 3.000 Komponisten, die gut sind. 300 können davon leben, die anderen müssen noch andere Jobs machen. Und nur 30 kriegen die wirklich großen Projekte."

Wer Hülsbecks Musik live erleben möchte: Thomas Böcker produziert seit 2003 Orchestrale Spielemusikkonzerte, die meist ausverkauft sind. In Deutschland hat er demnächst wieder Gelegenheit dazu: Die neue Produktion "East meets West" mit Stücken aus "Turrican" wird am 16. November vom WDR Rundfunkorchester Köln im Funkhaus Wallrafplatz aufgeführt.

Das Crowdfunding-Projekt im Internet

Der Komponist

Die Spielemusikkonzerte

 

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