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Leichenschmaus und Absatz-Talfahrt

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Die PopKomm beerdigt den, die oder das Pop – dekadent und stillos
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Es ist vorbei. Definitiv. Pop als Kultur oder reaktionäres Anti-Gesellschafts-tum hat ausgedient. Bei den Käufern schon längst. Der Tonträgerumsatz ging allein in Deutschland in den ersten sechs Monaten des Jahres 2001 um 12,6 Prozent zurück, verkündete Peter Zombik, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft. Nun hat Pop auch in sich ausgedient. Obwohl die großen Plattenfirmen schon irgendwie vorhanden waren, glich ihre Teilnahme an der PopKomm 2001 einer latenten, eher alkoholisierten Anwesenheit. Keinerlei Ansätze, die wirtschaftlichen Defizite auszugleichen. Man kurbelte in Köln vielmehr die Spirituosen-Branche an. Und der zeigten sich manche Teilnehmer der Branchen-Kontakt-Messe PopKomm sehr zugeneigt. Im Suff ist alles leichter zu ertragen. Und so flennten die Musikmanager weiter.

Es ist vorbei. Definitiv. Pop als Kultur oder reaktionäres Anti-Gesellschafts-tum hat ausgedient. Bei den Käufern schon längst. Der Tonträgerumsatz ging allein in Deutschland in den ersten sechs Monaten des Jahres 2001 um 12,6 Prozent zurück, verkündete Peter Zombik, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft. Nun hat Pop auch in sich ausgedient. Obwohl die großen Plattenfirmen schon irgendwie vorhanden waren, glich ihre Teilnahme an der PopKomm 2001 einer latenten, eher alkoholisierten Anwesenheit. Keinerlei Ansätze, die wirtschaftlichen Defizite auszugleichen. Man kurbelte in Köln vielmehr die Spirituosen-Branche an. Und der zeigten sich manche Teilnehmer der Branchen-Kontakt-Messe PopKomm sehr zugeneigt. Im Suff ist alles leichter zu ertragen. Und so flennten die Musikmanager weiter.Veränderter Konsum

Die gewandelten Konsumgewohnheiten der jungen Zielgruppe seien Auslöser der Absatz-Talfahrt. Doch daran sind nicht die jungen Konsumenten schuld. Sie waren es nicht, die die CD- Preise auf durchschnittliche 30 Mark trieben und immer weniger Qualität dafür erhielten, sprich mies geklonte Bands mit noch erbärmlicherem Songmaterial. Die Musikbranche änderte ihre Gewohnheiten. Statt Sting oder Eric Clapton, servierten sie den Käufern Aqua, Ace of Base oder No Angels im multimedialen Gesamtkonzeptwahn. Die Plattenfirmen versuchten durch diese Fast-Food-Musik den Käufer gefügig zu machen. Alles schmeckt gleich, nur der Preis variiert unwesentlich von Menü zu Menü. Der Konsument ist schon noch mündig. Und wandte sich anderen Möglichkeiten zu, seine Musik zu bekommen.

Schlauer Konsument brennt

Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, dass von April 2000 bis März 2001 zirka 133 Millionen CD-Rohlinge bespielt wurden. Im gleichen Zeitraum zogen sich die Industrie-Abtrünnigen Kids 316 Millionen Downloads aus dem Internet. Mit anderen Worten: Napster heißt das Trauma der Musikmanager. Doch Napster ist jetzt legales, gesellschaftlich akzeptiertes Mitglied der Musikwirtschaft und wird von einem Joint Venture aus BMG, Vivendi-Universal, EMI und Real Networks betreut. Man hat die finanziellen Muskeln spielen lassen, damit Napster mundtot gemacht, aber anderen digitalen Piraten Rachegelüste geliefert. Napster allein kann nicht mehr schuldig sein. Mittlerweile existieren immerhin noch zirka zehn Napster-ähnliche Musiktauschbörsen. Vice versa: Es ist also alles wieder so, wie zu Beginn der Napster-Krise.

Lösungen und Auswege

Um diesen Tendenzen und den finanziellen Einbußen entgegenzuwirken, neue Ideen zu sammeln und Lösungen zu erarbeiten, halten es die Musikmanager neuerdings wie Politiker. Es werden Arbeitskreise, Foren, Panels und Diskussionsrunden installiert. So geschehen auf der PopKomm 2001. Dort plaudern dann verbeamtete Musikfunktionäre, realitätsfremde Musikmanager und substanzlose Politiker wie Laurenz Meyer ganz jovial und banal über surrealistische Gedankengebäude zur Rettung der Popmusik. Sie haben nur eines vergessen: den Konsumenten einzuladen, denn der war noch nie eingeladen und hatte auf der einst elitären und jetzt proletarischen Musikmesse stets nur eine Aufgabe: die Zeche zu zahlen. Und so „brainstormte“ man sich gegenseitig an der einfachsten Lösung vorbei. Endlich wieder Qualität ins Musikbusiness zu bringen. Nicht jeden Schrott zu „signen“, der ein Mikrofon unfallfrei von A nach B tragen kann. Durch Plattenverträge für Aqua, Ace of Base, DJ Ötzi oder Rollergirl hat man nämlich dem durchaus vorhandenen, talentierten Nachwuchs die Basis entzogen. Es ist unmöglich, als instrumentenbeherrschender Musiker mit ähnlich geringem Aufwand zu produzieren, wie eben jene Playback-piepsenden Popstars der Marke Rollergirl oder Blümchen. Wohin das „pushen“ jener Popsternchen führte, bringt uns zur anfangs erwähnten Verkaufs-Situation zurück.

Musik muss wieder Musik werden, für die Masse, aber nicht massenhaft. Und im schlimmsten Fall muss man wieder auf die gute alte Langspielplatte zurückgreifen. Retro ist sowieso immer in und eine Platte kann man trotz neuester Technologie nicht brennen.

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