Berlin/Nürnberg - Im Streit um die hochwertige Geige eines jüdischen Vorbesitzers hat die Beratende Kommission für die Rückgabe von NS-Raubgut ihre Empfehlung einer Entschädigungszahlung an die Erben von 100 000 auf 285 000 Euro erhöht.
Die Franz Hofmann und Sophie Hagemann Stiftung und die Erben hatten nach Angaben der Kommission vom Freitag darum gebeten, den Wert des Instruments nach erfolgter Restaurierung zu ermitteln. Die Gutachten ergaben demnach im Durchschnitt einen Wert von 285 000 Euro.
Der Musikalienhändler Felix Hildesheimer hatte die wertvolle Guarneri-Geige 1938 in Speyer erworben. Als Jude musste er kurz darauf Wohnhaus und Musikalienhandlung verkaufen, 1939 tötete Hildesheimer sich selbst. Es sei «nicht ersichtlich, wie Felix Hildesheimer die Geige auf eine Weise verloren haben könnte, die heute nicht zur Restitution verpflichten würde», hieß es bei der Kommission. Für das Gremium von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden handelt es sich bei der Geige um NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut.
Weil die Stifterin Hagemann die Geige in gutem Glauben erworben und die Stiftung bei der Aufklärung der Provenienz des Instruments mitgewirkt habe, verzichtete die Kommission 2016 darauf, eine Restitution zu empfehlen. Die Erben sollten finanziell entschädigt werden. Beide Seiten stimmten zu.
Die Stiftung, die juristisch in Amberg sitzt, aber vor allem in Nürnberg bei der Förderung junger Geiger aktiv ist, zahlte allerdings nicht. Aus ihrer Sicht erschien es wenig wahrscheinlich, dass Hildesheimer die Geige «auf eine Weise verloren hat, die eine Verpflichtung zur Restitution rechtfertigen würde».
Die Beratende Kommission betont nun, der 2021 neu bestellte Vorstand der Hagemann Stiftung habe sich «in besonderer Weise für eine faire und gerechte Lösung in dieser Sache eingesetzt». Die Kommission regt zudem ein Gedenkkonzert an, um aus der 1706 gebauten Geige «ein echtes Instrument der Verständigung» zu machen.