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Ort der Kreativität unter den Hammer – Ehemaliges Palucca-Anwesen versteigert

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Berlin/Dresden - Das ehemalige Anwesen von Gret Palucca (1902-1993) auf der Insel Hiddensee, auf dem die Tänzerin und Tanzpädagogin 30 Jahre lang schöpferisch tätig war, ist am Samstag (28.3.) in Berlin versteigert worden. Das 1561 Quadratmeter große Areal kam im Rathaus Schöneberg für 402 000 Euro unter den Hammer. Der Käufer ist ein Industrieller aus Meißen, der bereits auf den Förderverein der Palucca Schule Dresden zugekommen ist.

Mit klopfendem Herzen und schweißnassen Händen verfolgen sieben ganz in schwarz gekleidete Studentinnen bei der Grundstücksauktion im Rathaus Schöneberg in Berlin die Versteigerung der Nummer 99. Für die Mädchen der Palucca-Schule Dresden handelt es sich dabei nicht um ein gewöhnliches Grundstück, sondern um das Anwesen ihres künstlerischen Vorbildes, der Schulgründerin und Tanzikone Greta Palucca (1902-1993). Für sie geht es um den Erhalt eines Ortes der Kreativität, der Kunst und Geschichte. «Das ist schlimmer wie vor einem Auftritt», flüstert die 15-jährige Maria-Sara Richter. Nur wenige Momente später ist die Zukunft des Grundstücks auf der Ostseeinsel Hiddensee besiegelt. Für 402 000 Euro geht es an diesem Samstag an einen Mann aus Sachsen. «Jetzt wird alles gut», freut sich Maria-Sara.

Für mächtig Wirbel hatte das Feriendomizil der Tanzpädagogin gesorgt. Auf dem Grundstück hatte bis vor einer Woche ein Ferienhaus gestanden, in dem Palucca 30 Jahre lang schöpferisch tätig gewesen war. Am 20. März wurde es jedoch überraschend abgerissen. Der Verein der Freunde und Förderer der Palucca-Schule hatte das Haus ursprünglich mit Hilfe von Spendengeldern sanieren und nutzen wollen.

Das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege und das Kultusministerium in Schwerin hatten den 1961 errichteten reetgedeckten Bungalow erst am Mittwoch zuvor unter Denkmalschutz gestellt - zu spät, um das Anwesen der Tanzikone zu erhalten. «Wir waren absolut sprachlos und sehr traurig», betont der Fördervereinsvorsitzende Konrad Hirsch. Es sei ein Ort des Schaffens junger Menschen gewesen.

Das Mindestgebot für das 1561 Quadratmeter große Grundstück inklusive einer bis 27. Juni gültigen Baugenehmigung für ein Ferienhaus lag bei 398 000 Euro. Ein schriftliches Angebot in Höhe von 400 000 Euro wurde bei der Deutschen Grundstücksauktionen AG zuvor eingereicht. Das zweite Angebot kam direkt von dem Sachsen, für 402 000 Euro konnte er das Domizil ersteigern. Es ginge ihm darum, das Grundstück im Sinne von Palucca zu erhalten, betont er nach der Auktion. Doch auch Kunst brauche eine reelle Basis, er erwarte vom Förderverein ein tragfähiges Konzept. An den Vereinsvorsitzenden gewandt sagt er: «Sie haben in der Zukunft viel zu tun».

Alljährlich findet für die Schüler der Palucca-Schule in Hiddensee eine Tanzwoche statt. «Das ist immer etwas Besonderes, dort ist es ruhig und zu jeder Jahreszeit schön», strahlt Maria-Sara. Ihre Freundin Eila Schwedland fügt hinzu, dass der Ort eine besonders kreativitätsfördernde Wirkung habe.

Mit Spendenaufrufen und Unterschriftensammlungen hatten die Studentinnen und der Förderverein in den vergangenen Wochen um den Erhalt gekämpft. Eine herbe Enttäuschung sei für sie der Abriss gewesen. Am Morgen vor der Auktion hatten sich die Mädchen vor dem Rathaus versammelt, Flyer verteilt und mit gerahmten Fotografien an das kulturelle Denkmal erinnert.

Umso mehr hoffen die Studentinnen nun auf eine gemeinsame Zukunft mit dem neuen Eigentümer. «Vielleicht kann man zusammen das Haus wieder aufbauen», erzählt Eila aufgeregt mit roten Bäckchen. Die Mädchen fallen dem Sachsen um den Hals, als ob sie ihn schon lange Zeit kennen würden. Hirsch jedoch betont, dass er dem Mann zuvor noch nie «persönlich begegnet» sei. Ob eine Absprache zwischen dem Förderverein und dem neuen Eigentümer bestand, wollte Hirsch nicht sagen. «Es hat ein gutes Ende genommen, das ist die Hauptsache», strahlt Anna-Maria und überreicht dem neuen Eigentümer die gerahmten Fotos des Grundstücks.

 

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