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Christoph Dohr freut sich auf die Lesung im Leipziger Schumann-Haus. Foto: Barbara Lieberwirth
Christoph Dohr freut sich auf die Lesung im Leipziger Schumann-Haus. Foto: Barbara Lieberwirth
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Schumann-Lesung am Originalschauplatz

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Leipzig liest und hört zu: auf der Buchmesse spielt die Musik
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Leipzig ist von jeher bekannt als Messe-, Buch- und Musikstadt. Neben Wien, Paris oder Prag wurde hier europäische Musikgeschichte geschrieben. Dass in Leipzig über Jahrhunderte hinweg namhafte Musiker, Komponisten und Kapellmeister wirkten, muss an dieser Stelle nicht gesagt werden. Mit dem Verlag Breitkopf wurde 1791 der weltweit älteste Musikverlag in Leipzig gegründet. Auch C.F. Peters, über dessen Schicksal in den wirren Zeiten zweier Diktaturen die nmz mehrfach berichtete, hat seine Wurzeln in Leipzig. Seit nunmehr vier Jahren wissen auch die Organisatoren der Leipziger Buchmesse, dass die Stadt von der Musik nicht zu trennen ist. Deshalb stellt die Messe seit 2010 den Musikverlagen eine eigene Ausstellungsfläche in Messehalle 4 zur Verfügung.

Bis dahin waren lediglich fünf Musikverlage im regen Leipziger Messetreiben zu finden. In diesem Jahr trafen sich – knapp einen Monat vor Beginn der Frankfurter Musikmesse – Vertreter von mehr als zwanzig deutschen und österreichischen Musikverlagen in der sächsischen Metropole. Einer Umfrage der nmz zufolge wissen die Verleger, dass es in Leipzig nicht ausschließlich um Geschäfte, Trends und Listenplätze geht. Dafür wird hier ganz besonderer Mehrwert geschaffen. Das fast familiäre Milieu auf der Buchmesse und der direkte Kontakt zum Leser, der in der Branche „Endverbraucher“ heißt, wird von den Verlegern besonders hoch geschätzt. Die hohe Orchesterdichte in Mitteldeutschland ermöglicht einen regen Besuch von interessierten Berufsmusikern, die nicht selten das Gespräch zum Verleger suchen. Auch die Austauschmöglichkeiten zwischen den einzelnen Verlagen werden allseits positiv gesehen. Sei es das Fachgespräch auf dem Messegelände oder der gesellige Musikverleger-Stammtisch, den der ortsansässige Musikverlag Friedrich Hofmeister organisiert. All das trägt zu einer unverkrampften Atmosphäre bei, die ihresgleichen sucht. Einige Verleger vermissen die internationalen Kontakte, hier sollte die Leipziger Buchmesse noch aktiver werden. Leicht wird das zumindest im nächsten Jahr nicht sein, denn die Leipziger Buchmesse und die Frankfurter Musikmesse, deren Homepage laut Aussteller-Recherche mehr als 200 Verlage nachweist, werden dann nur drei Tage auseinander liegen. Ob sich ein Musikverleger nun für Frankfurt mit dem überdimensionalen Geräuschpegel oder für Leipzigs aufgewecktes Publikum entscheidet, bleibt abzuwarten.

Zumindest in Leipzig werden die Musikverleger von der Messegesellschaft gehegt und gepflegt. Eigens für das Musikprogramm wurde von der Buchmesse zur Orientierung eine 36-seitige Infobroschüre mit mehr als 110 Veranstaltungen herausgegeben. Und hier liegt der allseits geschätzte Unterschied zu anderen Messen und Branchentreffs: Das in die Leipziger Buchmesse integrierte Lesefest „Leipzig liest“ bietet Verlagen eine Bühne, auf der Autoren interessierten Lesern persönlich begegnen und für sich gewinnen können.

Die Veranstaltungen von „Leipzig liest“ finden an 365 Orten im Stadtzentrum und auf dem Messegelände statt. Für die Musikverlage ist es ein unschätzbarer Gewinn, wenn die Autoren am authentischen Ort zu Lesungen einladen können. Nur drei Beispiele: Christoph Dohr vom Kölner Dohr Verlag weist stolz darauf hin, dass aus seiner Schumann Briefedition der Braut- und Ehebriefwechsel gelesen wird, und zwar am ersten gemeinsamen Wohnort des jungen Ehepaares Robert und Clara, dem heutigen Schumann-Museum in der Leipziger Inselstraße, in jenen Räumen, in denen die Briefe dereinst geschrieben wurden. Oder wenn der C.F. Peters Musikverlag seine Highlights neuer englischer Chormusik dort vom Ensemble Consart aufführen lässt, wo der Verlag schon vor 100 Jahren seinen Hauptsitz hatte. Die Leipziger Talstraße 10 mit ihrer Edward-Grieg-Begegnungsstätte ist Musikgeschichte pur. Und wo hätte Martin Geck seine Wagner-Biographie am passenderen Ort vortragen können als in der Alten Nikolaischule, wo der Altmeister selbst eher schlecht als recht die Schulbank drückte? Heute erinnert zwar nur noch die Wagner-Aula an den berühmten Schüler, dafür kann man nach einer Lesung in den unteren Etagen gemütlich zu Abend essen.

Ein Großteil der Verlagsveranstaltungen findet aber auch direkt auf dem Messegelände statt. Im Zentrum des Musikbereichs wurde zu diesem Zweck das Musik-Café mit dem Namen KlangQuartier eingerichtet. Betrieben wird es vom Leipziger Bach-Archiv, dem Mendelssohn-Haus, dem Schumann-Haus und dem Musikinstrumentenmuseum der hiesigen Universität. Den verschiedensten Veranstaltern wird hier ein Podium geboten. Nicht nur Musikverlage konnten sich präsentieren, auch andere Verlage und Institutionen wie das Forum Zeitgenössischer Musik Leipzig, der Mitteldeutsche Verlag, die Verlagsgruppe Kamprad und musikpädagogische Projekte fanden Interesse beim Publikum.

Das hat übrigens die gesamten vier Tage lang Zutritt zur Leipziger Buchmesse. Dieses Angebot wird von zahlreichen Schulklassen und jungen Eltern samt Nachwuchs genutzt. Nicht zuletzt deshalb sind auch Musikvermittlungs- und pädagogische Projekte auf der Messe zu finden. Mit Instrumental-Workshops für Jugendliche und Fortbildungsprogrammen für Pädagogen lockten die „Open Stage für Einsteiger“, der Kontakte Musikverlag oder „Let’s Make Music e.V.“. Mit CLARA, dem Jugend-Musik-Netzwerk des MDR, konnten Kinder auf musikalische Entdeckungsreise gehen, Instrumente ausprobieren oder bauen und sogar selbst eine Geschichte vertonen. „In dir steckt Musik“ war das Motto des CLARA-Messestandes. Dass in der Leipziger Buchmesse auch weiterhin Musik steckt, ist dem Publikum, der Messe und den Ausstellern zu wünschen.

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