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Umsonst oder nicht, das ist die Frage

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Noten im Internet: ein Medium – zwei Geschäftsideen
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Deutschland gilt als das Land mit dem dichtesten Netz an Verlagen und Musikalienhändlern. Diese setzen nach wie vor aufs klassische Papiergeschäft, neue Geschäftsideen wie Noten mittels Internet zu vermarkten, werden eher verhalten aufgenommen. Die neue musikzeitung stellt zwei Unternehmen vor, die sich mit Noten im Netz befassen: Die skandinavisch-amerikanische Internet-Firma Amazing Music World vertreibt Noten von Musikern und Verlagen via Internet. Die Besonderheit: Man bekommt keine Notenausgaben zugesandt, sondern druckt sie sich am heimischen Computer aus. Im oberbayerischen Zorneding ist die zweite Firma angesiedelt, die hier vorgestellt werden soll: Stretta Music GmbH. Udo Wessiepe und Johan van Slageren waren Dirigenten und Musikverleger bis das Internet sie auf ihre Geschäftsidee brachte: Noten umsonst via Netz. Der Clou: die kostenfreien Noten werden durch Anzeigenkunden finanziert.

Deutschland gilt als das Land mit dem dichtesten Netz an Verlagen und Musikalienhändlern. Diese setzen nach wie vor aufs klassische Papiergeschäft, neue Geschäftsideen wie Noten mittels Internet zu vermarkten, werden eher verhalten aufgenommen. Die neue musikzeitung stellt zwei Unternehmen vor, die sich mit Noten im Netz befassen: Die skandinavisch-amerikanische Internet-Firma Amazing Music World vertreibt Noten von Musikern und Verlagen via Internet. Die Besonderheit: Man bekommt keine Notenausgaben zugesandt, sondern druckt sie sich am heimischen Computer aus. Im oberbayerischen Zorneding ist die zweite Firma angesiedelt, die hier vorgestellt werden soll: Stretta Music GmbH. Udo Wessiepe und Johan van Slageren waren Dirigenten und Musikverleger bis das Internet sie auf ihre Geschäftsidee brachte: Noten umsonst via Netz. Der Clou: die kostenfreien Noten werden durch Anzeigenkunden finanziert. Seit zwei Jahren existiert SheetMusicNow.com. So nennt sich die Website der 1998 von dem Ehepaar Eje in Kopenhagen gegründeten Internetfirma Amazing Music World. Von 20 Mitarbeitern weltweit arbeiten auch heute noch die meisten in Kopenhagen, weiter gibt es Mitarbeiter in Deutschland, den USA und Moskau. Jonathan Irons, A & R Manager im Hamburger Büro, über seine Firma: „Wir sind ein virtuelles Musikhaus und sprechen die gleiche Zielgruppe an wie traditionelle Musikalienhandlungen. Wir verkaufen Werke zum Herunterladen, vorwiegend klassische Musik, auch Jazz, aber keine Popmusik.“

Das erklärte Ziel von Irons ist es, „bis Ende dieses Jahres 100.000 Werke im Internet zu“. Damit würde SheetMusicNow ein einzigartiges Angebot im Netz präsentieren. Zwar gibt es Webseiten, auf denen man in der bis zu dreifachen Menge von Werken stöbern kann, aber nur bei SheetMusicNow kann man sie ansehen, anhören und dann sofort kaufen.

Die größten Umsätze macht Irons Firma entsprechend der Verbreitung des Internet. Obwohl in Deutschland ein dichtes Netz von Musikalienhändlern und Verlagen gewissermaßen eine luxuriöse Situation bieten, bedient SheetMusicNow hier zu Lande noch Versorgungslücken in der Fläche. Außerdem analysiert Irons ganz richtig: „Die wichtigsten Verlage sind in Deutschland. Bereits in Dänemark, in Amerika, oder in Südamerika ist es sehr viel schwieriger, an die Noten heranzukommen.“

Irons legt großen Wert darauf, dass SheetMusicNow kein Verlag, sondern ein Vertrieb ist: „Im Moment ist unsere Hauptaufgabe die Digitalisierung von Verlagsausgaben, die dann in den Vertrieb übernommen werden. Die Musikauswahl entspricht dem, was in Musikgeschäften verkauft wird.“ SheetMusicNow kooperiert mit Verlagen und hat über 100 Verträge beziehungsweise Partner vom russischen Staatsverlag Muzyka, mit dem ein Exklusivvertrag abgeschlossen wurde, bis hin zu deutschen Verlagen wie Weinberger oder Schott.

Die Werbe- und Marketingstrategien sind in den Offline- und den Online-Bereich gegliedert. Offline wird ganz klassisch gearbeitet: „Wir gehen auf Messen, wir drucken Anzeigen. Sehr wichtig ist uns die Integration ins Musikleben: So sind wir unter anderem Hauptsponsor der Sommerakademie in Salzburg.“ Im Online-Bereich gibt es andere Strategien: „Das Internet bietet eine Menge Methoden“, weiß Irons, wie man an Kunden herankommt. Zum Beispiel gibt es eine wahnsinnig große Anzahl von Musikwebsites im Internet. Oder man gibt Suchbegriffe ein. Gibt man zum Beispiel „Viola“ ein, findet man hervorragende Seiten“. Dabei betont Irons, dass seine Mailing-Aktionen sich im „höflichen“ Bereich bewegen: „Von Spamming, also aggressiver Internetwerbung, sind wir weit entfernt.“

Mit einer „artist collection” bietet man nicht nur prominenten Künstlern wie Chick Corea, Steven Isserlis oder James Galway ein Podium, sondern gibt gleichzeitig den Suchmaschinen die Möglichkeit zum Aufstöbern der SheetMusicNow-Seite.

Irons gibt zu, dass er bei seiner Vertriebsmethode keinen Zugriff auf die letztendliche Qualität des Produktes hat. Er sieht allerdings kein Problem darin: „Heutige Büro-Standarddrucker können gute Qualität liefern.“ Der wichtigste Mitarbeiter allerdings, das gibt er zu, ist der Mann an der Hotline: „Er gibt viel EDV-Rat über die Bedienung gängiger Programme von Microsoft bis hin zu Adobe und anderen.“

Das Konzept der Stretta Music GmbH unterscheidet sich wesentlich von Amazing Music World. Die Website nennt sich noten-umsonst.de – und der Name ist Programm. Johan van Slageren und Udo Wessiepe stützen ihre Idee eines Internet-Notenvertriebs und -verlags auf die Annahme, dass die meisten User Inhalte aus dem Netz umsonst haben wollen. Im Zenttrum des Angebots stehen die Noten-Newsletter der Firma: Bis vor kurzem erhielten die Abonnenten diese 14-tägig erscheinenden Newsletter per E-Mail mit Noten zum Ausdrucken – wahlweise für elf verschiedene Instrumente. Alle Noten produziert und verlegt Stretta Music selbst. Finanziert wird das Angebot durch Werbung auf jedem Notenblatt, sowie Werbebanner auf der noten-umsonst-Homepage.

Auch im Internet heißt Handel Wandel. Immer neue Angebote müssen entwickelt werden, um die Aufmerksamkeit der Newsletterempfänger wach zu halten. Bis 30.000 E-Mails mit angehängtem Attachement versandt sind, dauert es mehrere Stunden. Also hat sich Stretta Music etwas einfallen lassen: Ab sofort erhält der Abonnent in seiner 14-tägigen E-Mail keine Noten mehr, sondern eine Übersicht der Stücke – inklusive Schwierigkeitsgrad –, die er dann von der Website noten-umsonst.de eine Woche lang auf seinen Server herunterladen kann. Man muss sich also nicht mehr von vornherein für ein Stück entscheiden, sondern kann auch die weiteren angebotenen Werke anschauen. Vielleicht findet sich ja noch eine interessante Basso continuo-Linie fürs Cello oder eine weitere Bläserstimme, die einen interessiert.

Mit einer großangelegten Werbeaktion starteten Wessiepe und van Slageren im Sommer 2001: „Wir schickten zunächst an die 250 größten Musikschulen in Deutschland Informationsmaterial, ebenso an Bibliotheken, Musikhochschulen und einige Theater. Das machten wir drei Monate lang, seither machen wir keine klassische Werbung mehr.“ Ein Drittel der monatlichen Neuabonnenten lernen das Angebot durch Mund-zu-Mund-Propaganda kennen, ein Drittel stoßen durch Suchmaschinen darauf, und das letzte Drittel über die Medien. Als aktuellen Stand der Abonnenten nannte van Slageren zum Zeitpunkt unserer Recherche die Zahl 30.300. Von Seiten der klassischen Notenverlage schlägt der Stretta Music GmbH allerdings Skepsis entgegen. Man reibt sich vor allem an dem Wort „umsonst“.
Doch die Erfahrung, dass im Netz längst nicht mehr alles umsonst ist, machten auch die beiden Jungunternehmer aus Zorneding. Van Slageren: „Wir haben heute Angebote von Partnern wie dem Kölner Musikhaus Tonger oder der Firma Dowani (bekannt durch ihre „Play along“-Angebote) im Netz. Hier bieten wir urheberrechtlich geschütztes Material an. Allerdings verkaufen wir nicht, sondern geben die Bestellungen direkt an Tonger oder Dowani weiter“.
Das heißt: die „umsonst“-Angebote sorgen für eine breite Kundenbasis, stellen eine wichtige Werbe- und Marketingmaßnahme dar. Dann aber ergänzen kostenpflichtige Zusatzdienste die Angebotspalette.

SheetMusicNow.com
noten-umsonst.de

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