„Das Schwein und der Künstler werden erst nach ihrem Tode geschätzt“, zitierte der Aufsichtsratsvorsitzende der GEMA, Enjott Schneider, Max Reger. Mit diesem Bonmot tröstete Schneider all jene, die sich in ihrem Künstlerdasein verkannt fühlen und auch ihre Werke nicht in anderweitig tröstliche monetäre Form transformieren können.
Schneider hob zu einer Hymne des qualitativen Denkens gegenüber dem Terror der Zahlen und der Ökonomie an. Kunst und Kultur seien aber der Qualität verpflichtet. „Qualität ist das Streben nach Vollkommenheit als eigenem Wert.“ Der Deutsche Musikautorenpreis der GEMA sei dem verpflichtet, denn hier zeichnen Autoren Autoren aus, unabhängig von quantitativen Maßstäben.
So nominierte eine Jury in acht Kategorien jeweils drei Künstler aus unterschiedlichen Sparten von „Text HipHop“ über „Komposition Jazz/Cross-over“ bis „Komposition Musik mit Stimme + …“.
Aus diesem Kreis sollte dann der Preisträger ermittelt werden. Und so schön die Worte von Enjott Schneider nachklangen, so eindeutig liegt in diesem zweifachen Auswahl-Verfahren der Geburtsfehler des Preises. Nach dem allgemeinen Lob der Nominierten muss dann doch einer ausgewählt werden, der „besser“ ist als die anderen. Wo will man zwischen Zeynep Gedizlioglu, Moritz Eggert und Enno Poppe in der Kategorie „Musik für Ensemble“ den ästhetischen Taler umdrehen – zumal es nicht um ein Werk, sondern eine ganze Kategorie oder ein Genre geht. In der Würdigung der Jury klingt das bei Enno Poppe so: „Der Name Enno Poppe steht in Deutschland wie kaum ein zweiter für das Genre ‚Werke für Ensemble‘ im Bereich der zeitgenössischen Ernsten Musik. Als Dirigent, Ensembleleiter und vor allem als Komponist wirkt er in diesem Bereich seit weit über einem Jahrzehnt prägend. Seine Stücke mit oftmals kurzen und äußerst prägnanten Titeln wie ‚Salz‘, ‚Speicher‘, ‚Tier‘ oder ‚Öl‘ sind regelmäßig auf den wichtigen Festivals zu hören und führen den Hörer in eine ganz eigenständige, eigen-sinnliche Klangwelt, die die vielfältigen Möglichkeiten und Konstellationen eines Neuen-Musik-Ensembles bis ins Letzte ausloten.“ Nur der letzte Teil der Begründung geht überhaupt auf das ästhetische Werk ein, und dazu noch in recht allmeinem Tonfall. Vor zwei Jahren war Poppe in der Kategorie „Sinfonik“ nominiert und musste sich dort Jörg Widmann geschlagen geben.
Leider schlägt mit diesem Verfahren am Ende doch der Geist des Wettbewerbs und des Vergleichs von Unvergleichlichem durch und wird damit dem ausgezeichneten Autor nicht gerecht, so wenig wie den anderen Nominierten, die dann auf den hinteren Plätzen landen – mal abgesehen von den ganzen Nicht-Nominierten.
Aber diese Gala-Veranstaltung der GEMA hat noch einen ganz anderen Zweck. Sie bringt die Autoren und anderen Gäste buchstäblich an einen Tisch. Essen und Trinken versöhnen, fördern den Austausch über die Grenzen hinweg, ermöglichen Kommunikation in nicht geschäftlicher Umgebung. Und damit erscheint die Nebensache der Veranstaltung als ihre größte Stärke. Wer „gewinnt“ oder „nicht-gewinnt“, ist am Ende nur Geschmackssache und keine Frage der Qualität.
Die Preisträger 2016:
• Komposition Audiovisuelle Medien: Florian Tessloff
• Komposition Jazz/Crossover: Tini Thomsen
• Komposition Musik für Ensemble: Enno Poppe
• Komposition Musik mit Stimme + …: Samir Odeh-Tamimi
• Lebenswerk (Sparte U): Martin Böttcher
• Komposition Pop/Rock: Sonja Glass (BOY)
• Text Hip-Hop: Marten Laciny (Marteria/Marsimoto)
• Text Singer-Songwriter: Sven Regener (Element of Crime)
• Nachwuchspreis (Sparte E): Jagoda Szmytka
• Erfolgreichstes Werk des Jahres: „Astronaut“ von Sido feat. Andreas Bourani, Autoren: Andreas Bourani, Simon Müller-Lerch, Paul Neumann, Marek Pompetzki, Cecil Remmler, Paul Würdig