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Musiker*innen vor dem Bundestag. Foto: Hufner
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VUT: Geplante Neuerung des Urheberrechts will Künstler*innen und Musikunternehmer*innen schlechter stellen

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Die Erleichterung bei den Kreativen und Unternehmer*innen der Musikwirtschaft war groß, als die Europäische Union im vergangenen Jahr mit der DSM-Richtlinie zum Urheberrecht endlich die großen Upload-Plattformen für die von ihnen öffentlich zugänglich gemachten urheberrechtlich geschützten Werke in die Verantwortung genommen hat. Inzwischen legte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) einen Diskussionsentwurf vor, in dem die Umsetzung insbesondere des Artikels 17 der DSM-Richtlinie vorgeschlagen wird. Weder dieser Vorschlag noch der zwischenzeitig kursierende „Referentenentwurf“ setzen den Sinn der Richtlinie adäquat um: Große Plattformen wirksam zum Abschluss von Lizenzverträgen zu verpflichten und Rechteinhabern Verhandlungen auf Augenhöhe zu ermöglichen. So wie es Unternehmen wie Apple, Spotify, Deezer etc. schon seit Jahren tun.

Einige Regelungen der vorgelegten Papiere konterkarieren die in Europa beschlossene Richtung und schreiben in der Umsetzung einen deutschen Sonderweg fest. Dieser ignoriert die Praxis des funktionierenden Lizenzmarktes in der Musikwirtschaft komplett und entzieht ihr künftig sogar die Grundlage. Damit werden die Position der Künstler*innen und Musikunternehmer*innen auf Jahre geschwächt und die Gewinne der Plattformökonomie auf dem Rücken der Rechteinhaber fortgeschrieben. Um dieser Fragmentierung des Marktes für urheberrechtlich geschützte Werke entgegenzutreten, braucht es jetzt eine umfassende, gesetzliche Pflicht für alle Plattformen, die von ihnen öffentlich zugänglich gemachten Werke zu lizenzieren.

Balbina Monika Jagielska (Texterin, Musikerin und Produzentin): „Die Corona-Krise und die fast vollständige Lahmlegung der Live-Auftritte, hat uns Musiker*innen hart getroffen. Es hat sich einmal mehr gezeigt, dass die Bedeutung von Streaming nicht auf die Funktion als Werbemaßnahme für Live-Auftritte reduziert werden kann. Wir brauchen auch im Streaming nachhaltige Geschäftsmodelle, wenn wir künftigen Musiker*innen nicht von ihrer Berufung abraten wollen. Mit ‚Neustart Kultur‘ hat uns die Bundesregierung mit einer beispiellosen Kultur-Milliarde unter die Arme gegriffen. Mit der Umsetzung der Richtlinie zum Urheberrecht kann sie nun ohne einen Steuer-Euro jene Unterhöhlung des Marktes für urheberrechtlich geschützte Werke stoppen, die mit der Haftungsprivilegierung der Plattformökonomie geschaffen wurde. Wir als Rechteinhaber müssen endlich in der Lage sein, mit den großen Plattformen auf Augenhöhe über Lizenzen für unsere Werke zu verhandeln. Die vorliegenden Entwürfe kehren die EU-Richtlinie allerdings in ihr Gegenteil um und schreiben eine Angebotspflicht der Rechteinhaber fest, anstatt die Verantwortlichkeit der Plattformen zu stärken.“

Frank Spilker (Musiker und Frontmann von Die Sterne): „Den deutschen Sonderweg in der Umsetzung nur mit der verzerrten Wahrnehmung der Plattformen als angebliche Garanten von Meinungsfreiheit zu begründen, ist mir zu wenig. Wir wissen doch nicht erst seit Dokumentationen wie ‚The Social Dilemma‘, dass das Geschäftsmodell von Angeboten wie YouTube der Verkauf von Werbung ist. Alle Phänomene von Filterblasen bis hin zur Verbreitung von Fake News beeinflussen unsere Demokratien nachhaltig, das sehen wir jeden Tag. Selbst ein Sprecher des Chaos Computer Clubs warnt inzwischen eindringlich davor, diese Plattformen als Räume des politischen Diskurses misszuverstehen, da sie schlicht ungeeignet sind, sich hier eine fundierte Meinung zu bilden.“

Christof Ellinghaus (Inhaber des Labels City Slang): „Völlig unverständlich sind für uns neue Bagatell-Regelungen, die beispielsweise Nutzungen von bis zu 20 Sekunden einer Tonspur erlauben. Davon ist in der Richtlinie überhaupt keine Rede und die einschlägige Meinung der Fachjurist*innen sieht den Passus sogar als europarechtswidrig an. Für uns ist mit Blick beispielsweise auf Dienste wie TikTok, deren Geschäftsmodell sich ausschließlich auf kurze Sequenzen stützt, ersichtlich, dass hier der reguläre Lizenzmarkt untergraben wird. Ebenso problematisch sehen wir die schwammigen Passagen, in denen von Informationen die Rede ist, die wir als Rechteinhaber den Plattformen bereitstellen sollen, damit die Haftung der Plattform für die veröffentlichten Inhalte überhaupt greift. Sollte hiermit wieder gemeint sein, dass Informationen über unsere Werke nicht reichen, sondern dass wir konkrete Inhalte auf den Plattformen benennen müssen, hätte sich an der jetzigen Notice&Takedown-Regelung nichts verbessert. Jeder kleine Rechteinhaber muss dann bei den Plattformen wieder selbst recherchieren, welche Videos seine Urheberrechte verletzen.“

Rajk Barthel (Inhaber des Musikverlages Kick The Flame): „Am Ende schaffen es die Entwürfe auch nicht, endlich die Nutzer*innen aus der Verantwortung zu nehmen. Zu den erlaubten Nutzungen sollen künftig ‚Pastiches‘ gehören. Was aber schon für Wissenschaftler*innen schwer zu definieren ist, sollen die Uploader*innen nun selbst entscheiden. In Kombination mit dem sogenannten ‚Flagging‘ sollen sie beim Upload festlegen, ob ihr Inhalt beispielsweise ein Pastiche ist. Ging es bei Plattformen wie YouTube aber nicht eben darum, dass die Verbraucher*innen ihre Privatvideos mit eingefangener Hintergrundmusik angstfrei hochladen können, ohne zuvor eine komplexe urheberrechtliche Entscheidung treffen zu müssen, über die sich sonst Richter*innen mit zwei Staatsexamen uneins sind? Große Sorge bereitet uns zudem, dass das Wort Pastiche in den Papieren denkbar weit ausgelegt wird und am Ende sogar Remixe, Fan-Art und Cover enthalten soll. Eine solche allgemeine User-Generated-Content-Schranke durch die Hintertür ist jedenfalls mit guten Gründen vom europäischen Gesetzgeber abgelehnt worden.“

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