Berlin - Für tolle Songwriter-Alben braucht es nicht immer das geräumige Studio und die teure Produktion. Bestes Beispiel derzeit: die aktuelle Platte des US-Folkmusikers Michael Nau. Sie ist ganz schlicht benannt nach ihm selbst und seiner neuen Backing-Band: «Michael Nau & The Mighty Thread». Und sie ist mit ihren elf Liedern ein großes Vergnügen oder, wie der «Rolling Stone» bereits jubelt, ein feines Stück «Premium-Nostalgiepop».
Hergestellt wurde dieses bescheiden daherkommende Meisterstück im Apartment des Gitarristen Benny Yurco in Burlington/Vermont: Schlagzeug und Bass im Schlafzimmer, der Gitarrenverstärker im Badezimmer, ein Vibrafon in der Küche, Naus Gesang und das Klavier schließlich im Wohnzimmer aufgenommen. Und doch klingen die Stücke nicht billig, sondern luftig-leicht und voller Wärme.
Dass der auch äußerlich eher unspektakuläre Songschreiber Nau sein Handwerk beherrscht, bewies er bereits auf den ebenfalls kleinformatig produzierten, von der Kritik hoch gelobten Alben «Mowing» (2016) und «Some Twist» (2017). Nun hat er seine Kunst, klassisch schöne Drei- bis Vierminüter quasi mühelos aus dem Ärmel zu schütteln, weiter perfektioniert.
Mit stilistischen Wurzeln in den 50er bis 70ern ist der bärtige Folkie aus dem Bundesstaat Maryland offenkundig ein Verehrer der Pop-Tradition, er ähnelt darin dem Briten Richard Hawley oder dem US-Landsmann Josh Rouse. Naus höchst angenehme Baritonstimme klingt mal nach Roy Orbison (im nostalgietrunkenen Opener «Less Than Positive»), mal nach Tim Hardin oder Harry Nilsson.
Entspannte Midtempo-Songs und berührende Balladen wie «No Faraway Star», «Funny In Real Life» oder «Can't Take One» weisen ihn aber als Künstler mit eigenem Profil aus. Weniger (Produktionsaufwand) ist manchmal tatsächlich mehr (Songqualität).
Michael Nau & the Mighty Thread
Audio CD (3. August 2018)
Erscheinungsdatum: 10. August 2018
Label: Full Time Hobby (Rough Trade)
ASIN: B07C5HMXV5