Düsseldorf - Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat dem Komponisten Volker Bertelmann alias Hauschka zum Oscar für die Musik zum Film «Im Westen nichts Neues» gratuliert. «Eine der begehrtesten Trophäen der Filmszene geht nach Nordrhein-Westfalen - herzlichen Glückwunsch, Volker Bertelmann alias Hauschka und dem ganzen Team!», schrieb Wüst am Montagmorgen auf Twitter.
Das zweieinhalbstündige Antikriegsepos von Edward Berger siegte beim wichtigsten Filmpreis der Welt in vier Kategorien.
Nach den vier Oscars für den Film «Im Westen nichts Neues» von Regisseur Edward Berger rechnet Kulturstaatsministerin Claudia Roth mit Auswirkungen auf das internationale Ansehen deutscher Produktionen. «Das wird dem deutschen Film weltweit Beachtung bringen und ihm neue Bedeutung verschaffen», sagte die Grünen-Politikerin in Los Angeles, wohin sie zur Preisverleihung am Sonntagabend (Ortszeit) angereist war.
«Es ist auch der richtige Film zur richtigen Zeit, da er einen Krieg in Europa in all seiner Grausamkeit und Brutalität beleuchtet, der gegenwärtig wieder mitten in Europa tobt, ausgelöst durch Putins verbrecherischen Angriff auf die Ukraine», sagte Roth. Der Antikriegsroman von Erich Maria Remarque, der als Vorlage für den Film diente, sei von den Nationalsozialisten heftig bekämpft worden. «Er gehörte zu den Büchern, die diese vor 90 Jahren öffentlich verbrannten und damit aus der Welt schaffen wollten.» Erich Maria Remarque (1898-1970) sei wie so viele andere vom nationalsozialistischen Deutschland ins Exil getrieben worden.
Der Antikriegsfilm ist das vierte Werk aus Deutschland, das den Oscar als bester internationaler Film holen konnte. «Im Westen nichts Neues» war insgesamt neun Mal nominiert und gewann in vier Kategorien. Die Auszeichnung als bester Film verpasste er - erstmals war überhaupt ein deutscher Film in dieser Kategorie nominiert. Oscars gab es zudem für Kameramann James Friend, Komponist Volker Bertelmann alias Hauschka sowie Christian M. Goldbeck und Ernestine Hipper, die fürs Produktionsdesign verantwortlich sind.
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Oscar-Gewinner Hauschka: Der Meister des präparierten Klaviers
Von Frank Christiansen und Barbara Munker, dpa
Jahrelang bemühte er sich vergeblich um einen Zugang zum erlauchten Kreis der Filmkomponisten, inzwischen steht Hollywood bei ihm Schlange. Nun hat der Düsseldorfer Hauschka den Oscar für die beste Filmmusik bekommen. Seine erste Nominierung war das nicht.
Düsseldorf (dpa/lnw) - Als «Meister des präparierten Klaviers» hat Hauschka sich einen Namen gemacht - eine Methode, die 1940 von John Cage entwickelt wurde. Nun hat der Düsseldorfer Komponist den Oscar für die beste Filmmusik bekommen. Mit der Remarque-Verfilmung «Im Westen nicht Neues» räumte Hauschka Montagnacht in Los Angeles ab.
Er ist der vierte Deutsche, der den Oscar für Filmmusik einheimsen konnte: Nach Franz Wachsmann (1951/1952), André Previn (1959/1960/1964/1965) und Hans Zimmer (1995/2022). Obwohl er einen Hollywood-Blockbuster nach dem anderen vertont, lebt Hauschka alias Volker Bertelmann mit Frau und Sohn weiter in Düsseldorf. Er hat noch zwei erwachsene Töchter.
Der 56-Jährige hat nicht nur eine klassische Klavierausbildung, sondern auch schon seit Kindestagen einen Synthesizer. Geboren wurde er in Kreuztal im Siegerland wo er auch aufwuchs. Dann zog es ihn an den Rhein. «Das Rheinland mit den Städten Düsseldorf und Köln ist sehr tragend für das kulturelle Leben. Gleichzeitig ist es unprätentiös und erlaubt einem eine gewisse Freiheit», sagte er unlängst in einem Podcast.
Jahrelang bewarb er sich vergeblich um Filmmusik-Projekte, bis er endlich in den erlauchten Kreis aufgenommen wurde. «Man geht einen langen Weg von Frustration und Fragen», sagte Hauschka vor einigen Jahren. «Man zweifelt an sich.»
Sein präpariertes Klavier machte Hauschka bekannt: Er legte Kronkorken, Tischtennisbälle oder Teelichterhüllen auf die Saiten. Er klebte auch Saiten zusammen, benutzte Filzkeile oder Holzstäbe, mit denen er dem Klavier Trommelklänge entlockt. Ähnlich hatte es John Cage 1940 vorgemacht.
Seine Bandbreite ist immens. Mit neun Jahren fing Bertelmann mit dem Klavierspielen an und nahm schon bald an Jugend-musiziert-Wettbewerben teil. Mit 18 komponierte er Musik für die ZDF-Serie «Ein Fall für zwei».
Später studierte Bertelmann Medizin bis zum Physikum und programmierte Computer. «Ich habe ein Grundverständnis für logische Abfolgen», sagte er. «Und gleichzeitig eine Liebe zum Abstrakten.» Bertelmann schmiss das Studium, zog nach Düsseldorf und kehrte zur Musik zurück.
Mit seinem Cousin gründete er Anfang der 90er Jahre die Hip-Hop-Band «God's Favorite Dog», die es bis zur Vorgruppe der «Fantastischen Vier» schaffte, sich dann aber auflöste. Bertelmann arbeitete einige Jahre als Musiklehrer.
Er war schon Mitte 30, als es ihn wieder ins Studio zog und er sich neu erfand. Nach einem Ausflug in die Techno-Szene kehrte er ans Klavier zurück und nannte sich fortan Hauschka - nach einem böhmischen Komponisten. 2004 brachte er das erste Album unter diesem Namen heraus. Danach spielte er jährlich bis zu 100 Konzerte in der ganzen Welt.
Es war der Soundtrack für den mit Nicole Kidman besetzten Film «Lion», der den Düsseldorfer 2017 ins Rampenlicht rückte. Dafür wurde er für alle wichtigen Filmpreise nominiert, von den Golden Globes über die Baftas bis zum Oscar, doch die Trophäen heimste am Ende der «La La Land»-Soundtrack ein.
Für «Im Westen nichts Neues» habe er das Harmonium seiner Urgroßmutter verwendet, auf dem diese christliche Lieder gespielt habe, verriet Hauschka nach der Preisverleihung. Den Sound habe er aber mit einem Verstärker verzerrt. «Ich glaube nicht, dass sie das gut gefunden hätte.» Die Auszeichnung «fühlt sich natürlich toll an», sagte Hauschka. «Ich bin geflasht, dass es passiert ist.»