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Youn Sun Nah und Maria de Fatima im Finale des BMW Welt Jazz Award

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München - Die Finalisten stehen fest. Als beste Stimmen im Rahmen des BMW Welt Jazz Award 2010 beeindruckten die Jury Maria de Fatima mit ihrem Trio sowie Youn Sun Nah mit dem Gitarristen Ulf Wakenius. Unter dem diesjährigen Motto „Voices in Jazz“ etabliert BMW mit dem BMW Welt Jazz Award einen zukunftsweisenden Wettbewerb im Bereich Musik. Nach insgesamt sechs Matineen von Januar bis März wurden nach der letzten Matinee am 14. März die zwei herausragenden Ensembles durch die Jury nominiert. Ssirus W. Pakzad besuchte für nmz-Online die beiden letzten Konzerte.

 

Gab es neben dem Motto „Voices in Jazz“ etwa noch ein zweites, verstecktes Konzept? Bei fünf von sechs Konzerten, die im Doppelkegel ausgerichtet wurden, um die Finalisten des 2. BMW Welt Jazz Award zu ermitteln, standen jedenfalls Exilanten auf der Bühne, die musikalisch womöglich davon profitierten, dass sie anderswo als im vertrauten Umfeld eine neue Heimat fanden. Efrat Alony etwa stammt aus Haifa und lebt nun in Berlin. Dort hat sie eine grundmelancholische Musik entwickelt, die kosmopolitisch und sehr urban ist, sich polystilistisch gibt und doch immer eine ganz eigene Färbung trägt. Erstaunlich und reizvoll ist, dass in der Musik der Israelin der Himmel sogar bedeckt bleibt, wenn sie vom Frühling singt. Immer schwingen dunkle Tönungen bei ihr mit, gibt es einen Hang zum Verschatteten, zum Diffusen. Und manchmal nimmt sie die Zuhörer sogar mit in eine Traumwelt, in der diverse Wirklichkeiten ineinander gleiten. Das kann dann verstörend, aber auch verstörend schön sein. Efrat Alony und ihre Band Alony (mit Christian Thomé an Percussion und Elektronik und ihrem Ehemann Mark Reinke an den Keyboards) zogen das Publikum ganz hinein in ein mitunter geheimnisvolles Klang-Universum. Als Einzige musste die Wahl-Berlinerin während des 2. BMW Welt Jazz Awards zwei Zugaben singen.  
Das letzte der sechs Matinee-Konzerte hatte zu Anfang mit einem Gesangswettbewerb nichts zu tun. Niemand hatte Ulf Wakenius, dem Duo-Partner der in Paris lebenden koreanischen Sängerin Youn Sun Nah gesteckt, dass es hier nicht um Ego-Trips für Griffbrettflitzer geht. Wie in den regulären Konzerten des erprobten Duos musste der chronische Baseball-Kappenträger unbedingt drei Stücke solo vortragen; zum Beginn des zweiten Sets trat er nochmal unbegleitet auf. Dieses Zugeständnis, das sicher dem Star-Status des schwedischen Klampfers geschuldet war, brachte ans Tageslicht, das der Gitarrist gern überschätzt wird. Er kennt ein paar schöne Akkorde und weiß manchmal effektvolle Läufe einzustreuen. Aber letztendlich ist er nichts weiter als ein routinierter Phrasendrescher, der mit Versatzstückchen um sich wirft, die Musik dabei vergisst – und sich beim instrumentalen Protzen öfter böse verschätzt. Als dann endlich Youn Sun Nah die Bühne betrat, war der Gute eh schnell vergessen. Ganz zart begann ihr Vortrag, der zunächst nur eine Ahnung von ihrem Stimmvolumen durchschimmern ließ. Doch spätestens im zweiten Stück lebte die Südkoreanerin, die so herrlich devot-schüchterne Ansagen macht, auf und zeigte uns, dass zwischen einer zurückhaltenden Kindfrau und einer Furie oft nur ein Atemzug liegt. Da kreischt sie kunstvoll, hechelt mit untrüglichem Rhythmusgespür, lässt für ein halben, Ironie-durchtränkten Takt Arienhaftes aufblitzen und fällt dann in dieses sensationell beherrschte Leise zurück. In ihrer zur Kalimba gesungenen, fast unwirklichen Fassung von „My Favorites Things“ holt sie unglaubliche Nuancen aus der Stille. Stilistische Wechsel gibt es viele in ihrem zum Schluss mit einer Standing Ovation bedachten Programm: Aberwitziges von Egberto Gismonti, Abgründiges von Tom Waits. Genau genommen ist Youn Sun Nah keine Jazz-Sängerin, sondern eine improvisationsfreudige Interpretin mit breit gefächertem Interesse. Aber wird denn da kleinlich sein,
Ssirus W. Pakzad
  

 

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