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Burkhard Fritz und Aušrine Stundyte in Korngolds Oper «Die tote Stadt». Foto: Oper Köln
Burkhard Fritz und Aušrine Stundyte in Korngolds Oper «Die tote Stadt». Foto: Oper Köln
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100 Jahre Korngold-Oper «Die tote Stadt»

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Hamburg/Köln - Vor 100 Jahren wurde die Oper «Die tote Stadt» von Erich Wolfgang Korngold uraufgeführt - in Hamburg und in Köln. Das lange vergessene Meisterwerk erlebt seit einigen Jahren eine Renaissance.

Er war ein Wunderkind, von vielen Komponistenkollegen bewundert: Erich Wolfgang Korngold (1897-1957). Im frühen 20. Jahrhundert stand er gleichwertig neben Namen wie beispielsweise Richard Strauss. Kurz nach seinem Tod aber schien der aus Österreich stammende Musiker, der den sogenannten Hollywood-Sound in der Filmmusik erfand, fast vergessen. Obwohl Korngold Opern mit praller Instrumentierung und süffigen Melodien schuf, stand er jahrelang nur selten auf den Spielplänen.

Seit etwa zehn Jahren gilt er aber als Wiederentdeckung. Am Freitag (4. Dezember) jährte sich die Uraufführung seiner wichtigsten Oper «Die tote Stadt» zum 100. Mal. Die Premiere ging damals am selben Abend in Köln und Hamburg über die Bühne. Die Oper Köln hat sie nun auch wieder frisch auf dem Spielplan. Am Freitag sollte die Premiere im Livestream vonstatten gehen, weil der Betrieb wegen Corona eingestellt ist - mit Tickets gegen eine Spende.

München feierte voriges Jahr einen Triumph mit der Oper und Jonas Kaufmann in der Hauptrolle. Auch in anderen Städten wie Berlin, Wien, Amsterdam, Barcelona, Salzburg, Paris, Hamburg, Graz und Frankfurt wurde sie in den vergangenen zehn Jahren wieder aufgeführt.

In «Die tote Stadt» geht es um Paul, der seiner gestorbenen Gattin Marie nachtrauert. Er erkennt sie im Wahn in einer anderen Frau wieder. Die Oper, für die Korngolds Vater Julius Korngold (1860-1945) das Libretto schrieb, beruht auf dem symbolistischen Roman «Das tote Brügge» («Bruges-la-morte») des belgischen Schriftstellers Georges Rodenbach (1855-1898).

Lange Zeit schien es wie ein später Triumph verheerender nationalsozialistischer Kulturpolitik, dass der Jude Korngold so in Vergessenheit geraten war. Den Nazis missfiel sein Werk. Sie vertrieben Korngold aus Mitteleuropa. Er starb später in Los Angeles im Alter von nur 60 Jahren an einem Schlaganfall.

Zeitgenössische Komponistenkollegen waren in den 1910er und 1920er Jahren überschwänglich. «Ein Genie, ein Genie», rief Gustav Mahler aus. Und Giacomo Puccini meinte, Korngold habe so viel Talent, dass er mit Leichtigkeit «die Hälfte davon abgeben könnte und trotzdem noch genug für sich zurückbehielte».

Auch heute noch sagt der Dresdner Musikprofessor Malte Burba (63): «Aus dem kompositorischen Material einer einzigen Oper Korngolds hätten andere Komponisten ein Dutzend Opern geschrieben.» Korngold habe Werke mit «atemberaubender Suggestionskraft» geschaffen. Musikwissenschaftlich ausgedrückt war Korngold «Letztromantiker».

Von 1927 bis 1934 war Korngold Professor in Wien an der Hochschule für Musik. Dann ging er nach Hollywood - und folgte damit seinem bereits emigrierten Freund Max Reinhardt. Nach dem sogenannten Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland 1938 konnte Korngold, der 1924 geheiratet hatte, nicht mehr zurück in seine Heimat. Er beantragte Asyl und wurde später amerikanischer Staatsbürger.

In den USA spielte sich Korngolds zweite Karriere ab. Er gilt als Erfinder des Hollywood-Sounds, also der symphonischen, opernhaften Filmmusik, die viele Nachahmer fand. Mehrmals wurde seine Musik mit einem Oscar ausgezeichnet, unter anderem «The Adventures of Robin Hood» (1938). Korngolds Versuch, nach dem Zweiten Weltkrieg zu anderen Musikgenres zurückzukehren, blieb ohne Erfolg. Kritik und Publikum empfanden seine Musik als rückwärtsgewandt.

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