31. Ausgabe des Kurt Weill Fests stand im Zeichen der Zeit +++ Festival-Leiter der Jüdisch-Israelischen Kulturtage Thüringen: «Es gibt nicht die eine jüdische Kultur» +++ Ammoniak-Austritt in Nürnberger Meistersingerhalle kurz vor Konzert +++ Tausende Besucher bei Festival gegen LNG-Pläne vor Rügen
31. Ausgabe des Kurt Weill Fests stand im Zeichen der Zeit
Dessau-Roßlau (dpa) - Ernste Themen, gute Auslastung: In Dessau-Roßlau ist am Sonntag das diesjährige Kurt Weill Fest zu Ende gegangen. Mit Blick auf die Weltlage habe die 31. Ausgabe des Festivals mit seinem Motto «In Zeiten des Umbruchs» voll ins Schwarze getroffen, bilanzierten die Veranstalter am Sonntag. Auf dem Programm standen rund 50 Konzerte und weitere Veranstaltungen an verschiedenen Orten. Unter anderem gab die US-amerikanische Opernsängerin Jocelyn B. Smith ein Konzert in der Marienkirche.
Den Auftakt des Festes gestalteten die vier Pianisten Sebastian Knauer, Martin Tingvall, Joja Wendt und Axel Zwingenberger im Anhaltischen Theater. Im kommenden Jahr werde das Fest unter dem Motto «Leuchten im Schatten» stehen, so die Veranstalter. Die 32. Ausgabe des Festes wolle seinen Fokus auf große Frauen des letzten Jahrhunderts legen, die trotz ihrer Erfolge im Schatten standen, hieß es.
Der Komponist Weill («Die Dreigroschenoper») war 1900 in Dessau als Sohn eines jüdischen Kantors geboren worden. Wegen der Machtübernahme der Nazis zog er über Berlin und Paris in die USA. Am Broadway wurde er mit seiner Musik zum Star. Weill starb 1950 in New York. Das Festival war nach dem Mauerfall in seiner Geburtsstadt ins Leben gerufen worden.
Festival-Leiter der Jüdisch-Israelischen Kulturtage Thüringen: «Es gibt nicht die eine jüdische Kultur»
Arnstadt/Erfurt/Gotha/Meiningen/Mühlhausen (dpa/th) - Der künstlerische Leiter der Jüdisch-Israelischen Kulturtage Thüringen hat die Vielfalt der jüdischen Kultur betont. «Es gibt nicht die eine jüdische Kultur», sagte Johannes Gräßer im Gespräch mit der Deutschen-Presse-Agentur. Oft würde jüdische Kultur exotisch dargestellt und auf die Hüte und Schläfenlocken orthodoxer Juden reduziert. «Dabei gibt es schon religiös viele Strömungen.»
Er sehe es als eine Aufgabe des noch bis zum 23. März laufenden Festivals, Einblick in die Bandbreite dieser Kulturen zu geben. So biete etwa das orthodoxe Nigun Quartett am 19. März einen Workshop zur Chassidischen Musik, während an diesem Samstag bei der Langen Nacht jüdischer Kultur auch eine liberale Kantorin auf der Bühne stehe. Auch eine Veranstaltung in Erfurt stelle etwa die traditionellen und modernen Seiten jüdischer Kulturen dar: In der historischen Alten Synagoge wird ein israelischer Künstler live hebräische Kalligraphien zeichnen, während ein DJ unterschiedliche Musik mit jüdischen Bezügen auflegt.
Die Lange Nacht ist ein Novum beim Festival. Synagogen und ehemalige Synagogen an verschiedenen Thüringer Orten werden vom Eintritt der Dunkelheit bis in die Nacht geöffnet sein. Dort sowie an weiteren Orten mit jüdischem Bezug sind Führungen, Konzerte oder Vorträge geplant, die Einblicke in Lebensläufe oder den Alltag jüdischen Lebens geben.
«Es gibt viele 'Lange Nächte', etwa die Lange Nacht der Museen oder der Wissenschaften», sagte Gräßer. Innerhalb des Festivals wolle er mit dem Format aber herausstellen, wie viele Akteure an verschiedenen Orten sich aktiv mit dem Thema jüdische Kultur auseinandersetzten und so auch eine Verbundenheit darstellten.
Ammoniak-Austritt in Nürnberger Meistersingerhalle kurz vor Konzert
Nürnberg (dpa/lby) - Ein Gasleck im Keller der Nürnberger Meistersingerhalle kurz vor einem geplanten Konzert hat am Sonntag zu einem Großeinsatz geführt. Etwa 1,5 Kilogramm Ammoniak traten aus der Kälteanlage unterhalb des Konzertsaales aus, wie die Feuerwehr mitteilte. Weil Ammoniak nicht nur über die Atemwege, sondern auch über die Haut aufgenommen werden kann, trugen die Einsatzkräfte spezielle Schutzanzüge. Das Leck konnte unter Anleitung eines Fachmanns geschlossen werden.
Besucher befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Halle. Zu dem Konzert «Auftritt der Königin» der Nürnberger Symphoniker wurden den Angaben zufolge 1500 Besucher erwartet.
Das Erdgeschoss und der Konzertsaal wurden mit einem Messgerät überprüft. Danach habe Entwarnung gegeben werden können, hieß es. Das Konzert fand mit leichter Verspätung statt.
Tausende Besucher bei Festival gegen LNG-Pläne vor Rügen
Binz (dpa/mv) - Rund 3500 Menschen haben nach Veranstalterangaben das dreitägige «Widerklang»-Festival gegen das vor Rügen geplante Terminal für Flüssigerdgas (LNG) besucht. Das teilte Kai Gardeja, Tourismusdirektor der Gemeinde Ostseebad Binz, am Sonntag mit.
Seit Freitagabend hatte es Konzerte, Debatten und Workshops an verschiedenen Orten im Ostseebad gegeben. Am letzten Tag stand neben weiterer Musik auch eine Lesung mit dem Titel «Rettet den Hering» auf dem Programm. Die Anbindungsleitung des Terminals soll durch den Greifswalder Bodden verlegt werden, der als Kinderstube für Heringe gilt.
Als Musiker hatten sich etwa die Sänger Alexander Knappe, Marlo Grosshardt und Dirk Zöllner angekündigt. Bereits Ende Februar hatten etwa 2500 Menschen auf der Insel gegen die Pläne demonstriert.
Veranstaltet beziehungsweise unterstützt wird das Festival laut Organisatoren durch Kommunen und Gemeinden von der Insel, den Tourismusverband Rügen, den Naturschutzbund Deutschland (Nabu), Fridays for Future, Greenpeace, Sea Shepherd, Dehoga Mecklenburg-Vorpommern und weiteren Gruppen.
Für die Organisatoren ist das LNG-Projekt umweltschädigend, teuer und überflüssig. Zudem sehen sie die Gefahr, dass das Ökosystem vor der Insel zerstört wird. Vorab betonten die Organisatoren, dass sich die Veranstaltung von Rechtspopulisten, Reichsbürgern und weiteren ähnlichen Gruppierungen distanziere, die derzeit versuchten, das Thema an sich zu reißen.
Nach bisherigen Plänen sollen in der Ostsee vor Sellin im Südosten Rügens zwei Plattformen gebaut werden, an denen schwimmende Flüssigerdgas-Terminals festmachen sollen. Nach dem Mitte Januar offiziell eröffneten Terminal in Lubmin wäre es das zweite in Vorpommern. Das Projekt vor Rügen soll der Energiekonzern RWE im Auftrag der Bundesregierung umsetzen.
CDU-Fraktionsvorsitzender Franz-Robert Liskow sprach sich gegen den Standort aus. «Rügen ist der falsche Ort für ein LNG-Terminal. Die Insel Rügen ist für Mecklenburg-Vorpommern ein Touristenmagnet, eine Industrieanlage wie das geplante LNG-Terminal passt schlicht nicht zur Insel.» Das Terminal dürfe nicht gebaut werden, zumindest müsse der Abstand zur Küste erheblich größer werden.
Das Bundeswirtschaftsministerium verwies jüngst darauf, dass die Planungen noch nicht abgeschlossen seien, Gespräche liefen noch. «Daher kann über Einzelheiten des Projektes noch keine Auskunft gegeben werden. Es gibt noch keine finalen Entscheidungen.» Eine Sprecherin relativierte zudem erneut hohe Angaben, die zur Kapazität des Terminals kursieren. Für den Winter 2023/24 sei ein Spezialschiff eingeplant, das fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas jährlich einspeisen könne.
Deutschland setzt beim Ersatz russischen Pipeline-Gases unter anderem auf per Schiff geliefertes LNG und baute für den Import mehrere Terminals - neben Lubmin ebenfalls in Wilhelmshaven in Niedersachsen sowie Brunsbüttel in Schleswig-Holstein.