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Paolo Pandolfo – Viola bastarda, Thomas C. Boysen – Laute. Foto: Thomas Klenk
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22. Oktober 2021: Veranstaltungen aktuell +++ Veranstaltungen

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Wittenberg feiert 16. Renaissance Musikfestival +++ Kritischer Blick auf Wagner: Oper «Kundry» wurde in Israel uraufgeführt +++ Jüdisch-israelische Kulturtage in Thüringen: «Mehr als Klezmer-Musik»

Wittenberg feiert 16. Renaissance Musikfestival

Wittenberg (dpa/sa) - Musiker spielen auf historischen Instrumenten und die Stadt bietet mittelalterliches Flair: Zehn Ensembles gestalten von Freitag (19.00 Uhr) an das Programm des 16. Wittenberger Renaissance Musikfestivals. Es steht unter dem Motto «...und sing und spring ohn alles Leid», wie die Organisatoren am Freitag mitteilten. Das Festival ist den Angaben zufolge in diesem Jahr dem Komponisten Michael Praetorius (1571-1621) und der Musik seiner Zeit gewidmet. Anlass ist sein 400. Todesjahr.

Zwölf Veranstaltungen stehen bis zum 31. Oktober auf dem Programm. Dazu gehören Konzerte, Workshops, Führungen und ein Tanzball mit begrenzter Teilnehmerzahl. Ensembles der Szene wie die lautten compagney aus Berlin spielen auf, ebenso weitere Künstler der Alte-Musik-Szene wie das Ensemble 33zwo.

Wie eine Sprecherin sagte, gilt bei dem Festival angesichts der Corona-Pandemie bei allen Veranstaltungen ein strenges Hygiene- und Sicherheitskonzept, mit Abstands- und 3 G-Regel. Alle Besucher müssen den Angaben zufolge geimpft, genesen oder getestet (3 G) sein. Vor Ort würden kostenlose Coronaschnelltests angeboten.

Rund 1000 Besucher werden in diesem Jahr zu den Veranstaltungen bis Ende Oktober erwartet. Vor der Pandemie kamen laut Sprecherin rund 2000 Musikfans nach Wittenberg. Aufführungsorte sind unter anderem die Schlosskirche oder das Lutherhaus.

In Wittenberg hatte der Theologe Martin Luther (1483-1546) der Überlieferung nach am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel der Kirche, sich von Süden freikaufen zu können, an die Tür der Schlosskirche geschlagen. Dies gilt als Beginn der Reformation in Kirche und Gesellschaft. Kritiker sprechen von Spaltung.

 

Kritischer Blick auf Wagner: Oper «Kundry» in Israel uraufgeführt

Tel Aviv (dpa) - Der israelische Komponist Avner Dorman hat die Musik einer neuen Oper geschrieben, die sich kritisch mit dem Werk des deutschen Komponisten Richard Wagner (1813-1883) befasst. Die Uraufführung von «Kundry» - benannt nach einer weiblichen Figur aus Wagners «Parsifal» - fand am Donnerstagabend in der Tel Aviver Oper statt. Das Libretto auf Englisch, Deutsch und Hebräisch stammt von Yael Ronen, Regie führt die Niederländerin Lotte de Beer. Das Publikum reagierte mit anhaltendem Applaus und vielen Bravo-Rufen auf den Einakter mit minimalistischem Bühnenbild. Die britisch-kanadische Sängerin Jessica Muirhead wurde bei ihrem gut einstündigen Soloauftritt vom Jerusalemer Symphonieorchester begleitet.

Wagner ist in Israel als Antisemit und Lieblingskomponist des NS-Regimes verpönt. Ein bereits 1938 ausgesprochener Boykott wurde schon mehrfach gebrochen, es gab jedoch in Israel nie ein vollständiges Konzert mit seinen Werken. Eine kleine Gruppe von Musikliebhabern und Dirigenten hat hartnäckig dafür gekämpft, dass Wagners Werke öffentlich gespielt werden dürfen - bisher vergeblich.

Komponist Dorman hat bereits die Musik für die Oper «Wahnfried» geschrieben, die von den Verstrickungen des Wagner-Clans am Vorabend der Hitler-Herrschaft handelt. Sie wurde 2017 mit großem Erfolg in Karlsruhe uraufgeführt.

Nach Ansicht von Dorman verleiht der Boykott in Israel der Figur Wagners viel zu viel Macht. Die Oper «Kundry» decke dagegen seine Schwächen auf. «Alle reden immer über seinen Antisemitismus, aber kaum einer über seinen Sexismus», sagte Dorman vor der Uraufführung in Tel Aviv. In der Oper werde ein Dialog zwischen einer heutigen Opernsängerin und der Wagner-Figur Kundry geschaffen. «Am Ende verschmelzen beide zur Figur einer Göttin.»

Die Aufführung geschieht im Rahmen des innovativen israelischen Kulturfestivals «Regarding Goddesses», dessen erster Teil bis Samstag dauern soll. Ein zweites musikalisches Werk, «Eine Botschaft von Gaia», wird während des Festivals auf den Straßen von Tel Aviv uraufgeführt. Damit soll auch ein Publikum erreicht werden, das sonst nicht in Konzerte geht.

Der nächste Teil des Festivals im November 2022 in Tel Aviv soll auch Werke anderer Kunstrichtungen wie Theater, Tanz, Film und plastische Kunst zeigen. Initiatorin Maria Nasimova will das Festival in Zukunft auch nach Europa bringen.

 

Jüdisch-israelische Kulturtage in Thüringen: «Mehr als Klezmer-Musik»

Erfurt (dpa/th) - Im 29. Jahr möchten die Veranstalter der Thüringer Tage jüdisch-israelischer Kultur ein vielfältiges Bild zeichnen. «Mir ist es wichtig, dass wir von jüdischen Kulturen reden», sagte der künstlerische Leiter, Johannes Gräßer. Die Auswahl der Programmpunkte sei demnach bewusst breit gefächert - «da sind auch Formate dabei, die man nicht erwartet». Jüdische Musik etwa sei weitaus mehr als Klezmer-Musik, sagte Gräßer - selbst bekannter Klezmer-Geiger. Neben Kantoren seien diesmal auch jüdische Jazztalente oder Hip Hopper und DJs dabei.

Zum ersten Mal gestaltet der Förderverein für jüdisch-israelische Kultur in Thüringen die Kulturtage gemeinsam mit der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen und unter der Leitung von Gräßer.

Im Themenjahr «Neun Jahrhunderte jüdisches Leben in Thüringen» habe man bewusst keinen Schwerpunkt gesetzt, sagte Gräßer. «Das Hauptanliegen ist im Namen schon mit verankert. Genau das soll in den Mittelpunkt gerückt werden.» Vom 21. Oktober bis zum 21. November sind dafür rund 60 Veranstaltungen geplant. In Erfurt, Nordhausen, Jena, Weimar, Gotha, Gera, Mühlhausen, Berkach und Meiningen können Gäste Vorträge, Lesungen, Ausstellungen, Theater- und Kinoaufführungen besuchen.

Die Kulturtage seien eine wunderbare Möglichkeit, zu zeigen, wie vielfältig, bunt und lebensfroh die jüdisch-israelische Kultur sei, und um zur Begegnung mit jüdischen und israelischen Vortragsrednern und Künstlern einzuladen, sagte Gräßer. Für die Zukunft soll das Profil weiter geschärft werden. So verzichte das Festival etwa auf Veranstaltungen am Freitagabend, dem jüdischen Ruhetag Schabbat.

Um dem «freudigen und ausgelassenen Festival» den richtigen Rahmen zu geben, soll es in Zukunft zudem ins Frühjahr rutschen. Für das kommende Jahr habe man das Festival mit Veranstaltungen im März und November noch zweigeteilt. Ab 2023 soll es ausschließlich zwischen dem jüdischen Freudenfest Purim und dem Pessachfest stattfinden.

Die 29. Thüringer Tage jüdisch-israelischer Kultur begannen am Donnerstag in Erfurt mit einem Konzert des Vokalensembles «Die drei Kantoren». Sie sind neben dem Yiddish Summer Weimar und den Achava Festspielen eines von drei jüdisch geprägten Festivals in Thüringen.

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