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Berliner Konzerthaus: Joana Mallwitz will ihr Publikum vor neue Herausforderungen stellen

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29.5.24: Veranstaltungen aktuell +++ Veranstaltungen

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Konzerthaus-Chefdirigentin Mallwitz will «mit Hörgewohnheiten brechen» +++ Hollywood in Dresdner Frauenkirche - Hope und Vogler im Duett +++ Neuer Spielplan und leitender Dramaturg am Theater Vorpommern +++ Uraufführung von Literaturnobelpreisträgerin beim Lausitz Festival

Konzerthaus-Chefdirigentin Mallwitz will «mit Hörgewohnheiten brechen»

Berlin - Als Chefdirigentin des Berliner Konzerthauses will Joana Mallwitz ihr Publikum vor neue Herausforderungen stellen. «Was mich sehr reizt, ist so ein bisschen mit Hörgewohnheiten zu brechen», sagte die 37 Jahre alte Mallwitz am Dienstag in Berlin. «Wie hören wir eigentlich heutzutage ein Meisterwerk der Vergangenheit? Oder wie hören wir etwas, was wir zum ersten Mal hören?» Das seien Dinge, die ich sehr spannend finde, sagte Mallwitz bei der Vorstellung des Programms 2024/25 für ihre zweite Spielzeit am Konzerthaus.

Nach fast einem Jahr in Berlin sieht Mallwitz eine besondere Verbindung mit den Besucherinnen und Besuchern ihrer Konzerte. Sie sei glücklich, Vertrauen von Seiten des Publikums zu spüren. «Wir können es wagen, manchmal auch ungewohnte Wege einzuschlagen in einem Konzert.» Als Beispiel nannte Mallwitz einen Konzertabend im November, dessen Programm von John Cage über György Ligeti zu Johann Sebastian Bach und Ludwig van Beethoven führt.

Die international gefeierte Mallwitz gilt als Ausnahmetalent am Pult. Ihre musikalische Karriere begann sie mit 19 Jahren als Solorepetitorin am Theater Heidelberg und stieg dort schnell zur Kapellmeisterin auf. 2014 ging sie als damals jüngste Generalmusikdirektorin Europas ans Theater Erfurt. Vier Jahre später wechselte sie zum Nürnberger Staatstheater. 2019 wurde sie mit 33 Jahren zur Dirigentin des Jahres gewählt.

Seit ihrem Wechsel 2023 als Chefdirigentin und künstlerische Leiterin des Konzerthausorchesters nach Berlin hat sie inzwischen auch ihre Premiere mit der Staatskapelle Berlin hinter sich. Die Berliner Philharmoniker wird Mallwitz in der kommenden Saison dirigieren.

Konzerthaus-Intendant Sebastian Nordmann präsentierte im Programm für die kommende Saison auch die beiden Festivals «Aus den Fugen» und «Projections». Dabei ist etwa ein 13-stündiger Sonaten-Marathon mit allen 32 Klaviersonaten Beethovens geplant. Dazu wird ein korrespondierender Bilder-Zyklus der Berliner Künstlerin Jorinde Voigt präsentiert. Zudem werden Auszüge aus einer - nie von Beethoven geschriebenen - 33. Sonate gespielt, die mit Künstlicher Intelligenz (KI) auf Basis der Sonaten sowie anderer Werke von Beethoven und Komponisten seiner Zeit geschaffen wurde.

 

Hollywood in Dresdner Frauenkirche - Hope und Vogler im Duett

Dresden - Geiger Daniel Hope und Cellist Jan Vogler haben bei den Dresdner Musikfestspielen am Dienstagabend einen Hauch von Hollywood in die Frauenkirche versprüht. Begleitet vom Deutschen Symphonie-Orchester Berlin spielten sie solo sowie im Duett berühmte Filmmusiken von Komponisten wie Florence Price, John Williams und Miklós Rózsa. Vor allem ihre Interpretation der Sinfonia concertante für Violine und Cello von Rósza, der durch Kompositionen zu Klassikern wie «Quo vadis?» oder «El Cid» bekannt wurde, sorgte für Begeisterung in dem bis in die Emporen gefüllten Gotteshaus. Das Publikum feierte die Solisten mit Beifall und Bravos sowie das Orchester und Dirigentin Anna Rakitina nach Tschaikowskis fünfter Sinfonie e-Moll auch mit Applaus im Stehen.

Mit Hope und Vogler standen zwei renommierte Künstler zusammen auf der Bühne, die zudem prominente Player in Sachsens Kultur sind. Hope ist Musikdirektor der Frauenkirche und Vogler Intendant der Dresdner Musikfestspiele sowie Künstlerischer Leiter des Moritzburg Festivals für Kammermusik. Mit ihrer Zugabe erinnerten sie an den Komponisten Erwin Schulhoff, der eine Zeit lang auch in Dresden gelebt hatte. Der gebürtige Prager sei anders als der Ungar Rózsa, der vor den Nazis nach Amerika fliehen konnte und dort als einer der Schöpfer des «Hollywood Sounds» Furore machte, interniert und in einem Lager in Bayern gestorben, sagte Hope.

Das Zeitgenössische bildet den Schwerpunkt der letzten Festspielwoche mit drei weiteren Uraufführungen von Werken der britischen Jazzmusikerin Cassie Kinoshi sowie der US-amerikanischen Komponistin Hannah Ishizaki. «Mein Tipp: einfach anhören und neue Klangwelten erfahren», sagte Intendant Vogler. «Das ist die Musik der Zukunft.»

 

Neuer Spielplan und leitender Dramaturg am Theater Vorpommern

Greifswald/Stralsund - Das Theater Vorpommern will unter dem Motto «von Angesicht zu Angesicht» und mit einem neuen Chefdramaturgen in die kommende Spielzeit starten. Für die Saison 2024/2025 soll Dramaturg und Germanist Joris Löschburg auf Oliver Lisewski als leitender Dramaturg folgen, wie das Haus am Dienstag bekanntgab. Lisewski beende seine Zeit in Vorpommern «nach sieben erfüllten Jahren an diesem Theater, für die ich auch sehr dankbar bin», erklärte er in Greifswald. Das Theater werde er nun zum 31. Juli aus privaten Gründen verlassen. Löschburg war zuletzt als Schauspieldramaturg am Theater Neubrandenburg/Neustrelitz tätig.

Neben der Leitungsebene gebe es im Haus weitere personelle Wechsel. Zum Spielzeitende der Saison werden laut Angaben des Theaters 20 Ensemblemitglieder das Haus verlassen, darunter etwa fünf Tänzer. 865 Bewerbungen habe es für die offenen Tanzstellen gegeben, erklärte Ballettdirektor Ralf Dörnen. Alle seien besetzt worden. «Unser Ensemble in der nächsten Spielzeit besteht aus elf Nationalitäten», sagte Dörnen.

Das Motto «von Angesicht zu Angesicht», unter dem die Aufführungen der vier Sparten Musiktheater, Ballett, Schauspiel und Konzerte stünden, unterstreiche die direkte Begegnung zwischen Besuchern und Theaterschaffenden, erklärte der derzeitige Chefdramaturg Lisewski. Das sei besonderes für das Haus Vorpommern aufgrund der unterschiedlichen Standorte in Greifswald, Stralsund und Putbus eine Herausforderung.

Es sei aber auch «ein Motto, mit dem wir natürlich auch auf gesellschaftliche Zustände der Zeit reagieren wollten», sagte Lisewski. Dafür habe das Haus ein vielseitiges Programm entworfen, das unterschiedliche Perspektiven beleuchten solle - auch in verschiedenen Inszenierungssprachen. «Wir haben eine Spielzeit zusammengestellt, in der wir es wieder geschafft haben, insgesamt 50 Neuproduktionen und Wiederaufnahmen zu präsentieren.»

Im Ballett werde es vier Neuproduktionen geben, etwa das zeitgenössische Ballettstück «Im Lichte!» von Lucyna Zwolinska und Bryan Arias zum Caspar-David-Friedrich-Jubiläum, das ab Oktober an allen drei Standorten aufgeführt werde. Aber auch thematisch freie Konzepte gibt es im Programm - unter dem Titel «Junge Hunde» sollen sich die Tänzer etwa selbst choreographieren. «Verschiedene Tanzsprachen und -stile verschmelzen mit den Prägungen unterschiedlicher Kulturen», hieß es im Programmheft. Die Premiere soll am 20. Juni 2025 in Greifswald und am 5. Juli 2025 in Stralsund aufgeführt werden.

Auf dem Plan des Musiktheaters soll es neben klassischen Operetten wie «Orpheus in der Unterwelt» von Ludovic Halévy und Hector Crémieux auch ein Familienstück geben. «Der Eisblumenwald» beschäftigt sich etwa märchenhaft mit dem Klimawandel (Premiere am 30. Januar 2025 in Greifswald, am 21. März 2025 in Stralsund und am 14. Mai 2025 in Putbus). Das Motto «von Angesicht zu Angesicht» zeige sich auch in der Auswahl der Schauspielstücke. So soll etwa in der Tragikomödie «Die Ratten» von Gerhart Hauptmann der Zusammenhalt in der Gesellschaft beleuchtet werden (Premiere am 4. Oktober 2024 in Greifswald beziehungsweise am 26. Oktober 2024 in Stralsund).

Den Spielplan will das Theater Vorpommern mit einem Tag der offenen Tür in Stralsund und Greifswald (30. August 2024 in Stralsund beziehungsweise 7. September 2024 in Greifswald) präsentieren. Dies biete die Gelegenheit, die Begegnung «von Angesicht zu Angesicht» zwischen Mitarbeitern des Theaters und Menschen des Publikums zu ermöglichen, sagte Lisewski. Zuvor soll es einen Umzug durch die jeweiligen Städte geben.

 

Uraufführung von Literaturnobelpreisträgerin beim Lausitz Festival

Cottbus - Das Lausitz Festival hat sich die Uraufführung von Olga Tokarczuks «Empusion» gesichert. Die Dramatisierung des neuesten Romans der polnischen Literaturnobelpreisträgerin wird nach Angaben der Veranstalter von Dienstag vom deutschen Theaterregisseur Antú Romero Nunes in Forst realisiert. Nunes bringe Tokarczuks Werk als schauriges Trinkgelage mit einem komplett weiblichen Ensemble im Forster Hof auf die Bühne, hieß es in einer Mitteilung. Damit erschließe sich das Festival auch neue Spielstätten beim Lausitz Festival.

Eine weitere Uraufführung steht im Hangar 1 auf dem ehemaligen Militärflughafen in Cottbus auf dem Programm. Dort planen Haggai Cohen-Milo und Margaux Marielle-Tréhoüart mit ihrem Team ein kollaboratives Musik-Tanzprojekt mit den Lausitzer Tänzerinnen und Choreografinnen Golde Grunske, Anne Dietrich und Jana Schmück.

Beim Lausitz Festival kommen Künstler aus aller Welt Ende August wieder mit regionalen Akteuren im Grenzland zu Sachsen, Polen und Tschechien zusammen. Gespielt wird in Industriekomplexen, Kirchen oder Architekturdenkmälern in Brandenburg und Sachsen. Die als Kunstfestival im Herzen Europas bezeichnete Veranstaltung unter dem Motto «Anderselbst» läuft vom 24. August bis zum 14. September.

 

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