Heinrich Schütz Musikfest nimmt Frauen in den Blick +++ Knapp 1.000 Besucher beim Festival «Güldener Herbst» +++ Spielzeitbeginn in Erfurt mit Oper Tosca +++ Demis Volpi startet Reise durch die Welt des Balletts
Heinrich Schütz Musikfest nimmt Frauen in den Blick
Bad Köstritz - Das Heinrich Schütz Musikfest richtet den Fokus in diesem Jahr auf schöpferische Frauen vor allem des 17. Jahrhunderts. Unter dem Titel «ungezähmt.kreativ.weiblich» stehen bis zum 13. Oktober mehr als 40 Veranstaltungen auf dem Festivalprogramm, wie der Verein Mitteldeutsche Barockmusik in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mitteilte. Bei der 27. Ausgabe des Festivals für Barockmusik würden aber auch Werke zeitgenössischer Komponistinnen erklingen.
So werde das Musikfest am kommenden Freitag mit der Konzert-Uraufführung des Auftragswerks «Tiefhoffnungsblau» von Annette Schlünz und Ulrike Schuster in der St. Marienkirche Weißenfels eröffnet, hieß es. Weitere Festivalorte sind Bad Köstritz, Gera, Dresden und Zeitz. Neben Konzerten gibt es zudem Ausstellungen, Führungen, musikalische Gottesdienste und Vespern. Zum Abschluss des Musikfestes wird wieder der Internationale Heinrich-Schütz-Preis verliehen, der in diesem Jahr an die Musikwissenschaftlerin Silke Leopold geht.
Heinrich Schütz (1585-1672) gilt als erster deutscher Komponist von europäischem Rang. Er kam 1585 in Bad Köstritz zur Welt, 1590 übersiedelte die Familie nach Weißenfels. Die beiden Orte in Thüringen und Sachsen-Anhalt sind Pilgerstätten für Fans des Komponisten, der viele Jahre Hofkapellmeister in Dresden war. Das ihm gewidmete überregionale Festival wird von einem Netzwerk organisiert. Zu den Partnern gehören die Heinrich-Schütz-Häuser in Bad Köstritz und Weißenfels und der Verein Dresdner Hofmusik.
Knapp 1.000 Besucher beim Festival «Güldener Herbst»
Weimar/Gotha - Das Festival für Alte Musik «Güldener Herbst» hat in diesem Jahr wieder knapp 1.000 Besucher angelockt. Der scheidende Festivalleiter Gerd Amelung zeigte sich zum Abschluss der 26. Ausgabe sehr zufrieden: «Wir haben neues Publikum aus allen Teilen Deutschlands nach Gotha gebracht.» Nach einem Prolog in Weimar standen seit Freitag unter dem Motto «Musik.Innovation» zehn Veranstaltungen in Gotha auf dem Programm.
Der «Güldene Herbst» wird jährlich von der Academia Musicalis Thuringiae organisiert, die sich als zentrale Vereinigung für Alte Musik in Thüringen versteht. Ab dem nächsten Jahr wird die Mezzosopranistin Alice Lackner das Festival leiten. Vom 26. bis 28. September kommenden Jahres sollen sich dann in Meiningen unter dem Motto «Welch ein Genuss!» musikalische und kulinarischen Erlebnisse paaren.
Spielzeitbeginn in Erfurt mit Oper Tosca
Erfurt - Nach den Personalquerelen der vergangenen Monate und ohne Generalintendanten startet das Theater Erfurt in die neue Spielzeit. Den Auftakt machte die Oper Tosca von Giacomo Puccini. Das Stück, das im Jahr 1800 in Rom vor dem Hintergrund der napoleonischen Kriege spielt, wurde von Stephan Witzlinger inszeniert. Seine Interpretation der Oper, bei der auf einer Drehscheibe gespielt wird, kam beim Premierenpublikum gut an, viele Zuschauer spendeten stehend Applaus. Zur Besonderheit der Inszenierung gehört, dass 75 Zuschauer das Stück direkt auf der Bühne verfolgten.
In der Puccini-Oper geht es um Liebe und Verrat, Folter und Hinrichtung, Mord und Selbstmord. Die Titelrolle der Tosca sang Claire Rutter. Polizeichef Baron Scarpia, gesungen von Máté Sólyom-Nagy, ist quasi die Personifizierung eines Unrechts- und Unterdrückungssystems. Er hat einen Blick auf den Maler Mario Cavaradossi, gesungen von Jérémie Schütz, geworfen, weil dieser dem politisch Verfolgten Cesare Angelotti (Borislav Rashkov) die Flucht ermöglicht hat. Außerdem begehrt er dessen Geliebte, die Sängerin Floria Tosca. Das Bühnenbild der Oper entwarf Hank Irwin Kittel.
Demis Volpi startet Reise durch die Welt des Balletts
Carola Große-Wilde, dpa
Hamburg - In Hamburg hat eine neue Ära begonnen: Nach 51 Jahren unter der Leitung von John Neumeier eröffnete am Sonnabend der neue Intendant Demis Volpi seine erste Spielzeit beim Hamburg Ballett. Zu sehen gab es auf der Bühne der Staatsoper eine Reise durch 50 Jahre Ballettgeschichte: Angefangen beim Tanztheater von Pina Bausch über den niederländischen Choreographen Hans van Manen bis zum amerikanischen Choreographen Justin Peck. Am Ende gab es langanhaltenden Applaus für die Choreographen und die Compagnie. Bei der Premiere standen erstmals auch die neuen Ensemblemitglieder des Hamburg Balletts auf der Bühne.
Eröffnet wurde der vierteilige Ballettabend von «Adagio», das Pina Bausch 1974 während ihrer zweiten Spielzeit am Tanztheater Wuppertal kreiert hat. Nach 50 Jahren wurde das Stück nun erstmals seit der Uraufführung in Kooperation mit der Pina Bausch Foundation und der ehemaligen Bausch-Tänzerin Jo Ann Endicott rekonstruiert und auf die Bühne gebracht. Zum ersten Satz von Gustav Mahlers 10. Sinfonie tanzten 22 Tänzerinnen und Tänzer innige Begegnungen in immer neuen Konstellationen.
Auf «Adagio» folgte die Choreographie «Variations for Two Couples» des niederländischen Choreographen Hans van Manen aus dem Jahr 2012. Zur Musik von Benjamin Britten, Einojuhani Rautavaara, Stefan Kovacs Tickmayer und Astor Piazzolla zeigten zwei Tanzpaare - Madoka Sugai und Alexandr Trusch sowie Ida Praetorius und Matias Oberlin - in einer Mischung von neoklassischem Ballett mit Elementen moderner Tanztechniken die Vielfalt zwischenmenschlicher Gefühle.
Mit seinem eigenen Stück «The thing with feathers» aus dem Jahr 2023 stellte sich Demis Volpi dem Hamburger Publikum als Choreograph vor. Das abstrakte Ensemblestück nimmt sich ein Gedicht der amerikanischen Dichterin Emily Dickinson als Ausgangspunkt: «Hope is the thing with feathers». Zu Richard Strauss' «Metamorphosen» begeben sich 14 Tänzerinnen und Tänzer auf die Suche: Mal finden sie einander, dann trennen sie sich wieder, zwischenzeitlich nehmen sich alle an die Hand und bilden einen großen Kreis.
Den Abschluss des Abends bildete die europäische Erstaufführung des dynamischen Stücks «The Times Are Racing» (2017) des US-Choreographen Justin Peck. In dem Ballett setzt sich der Choreograph mit seiner Heimat, den hoffnungsvollen Idealen des Landes, aber auch der düsteren politischen Realität auseinander. Die Choreographie integriert Elemente von Stepptanz und Streetdance, die Tänzerinnen und Tänzer tragen Alltagskleidung mit Botschaften wie «Resist» oder «Unite» und Turnschuhe. Die energiegeladene Musik von Dan Deacon erklang vom Band, alle anderen Stücke wurden vom Philharmonischen Staatsorchester Hamburg unter der Leitung von Vitali Alekseenok begleitet.
Demis Volpi wurde 1985 in Buenos Aires geboren. Nach seiner Ausbildung in seiner Heimatstadt sowie an Canada's National Ballet School und der John Cranko Schule war er Mitglied des Stuttgarter Balletts und begann schon früh zu choreographieren. Nach seinem ersten abendfüllenden Handlungsballett «Krabat» (2013) nach dem Jugendroman von Otfried Preußler wurde er zum Hauschoreografen ernannt. 2020 wurde er Ballettdirektor und Chefchoreograf des Balletts der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf.
In Hamburg möchte der 39-Jährige das Erbe von John Neumeier weiterführen und setzt daher weiterhin auf Handlungsballette. «Ich glaube, dass es eine unserer Kernaufgaben ist und bleibt, literarische Werke in Tanz umzusetzen», sagte Volpi dem Magazin der Hamburgischen Staatsoper. «Um das zu tun, müssen wir natürlich dieses Genre weiterdenken; so paradox sich das auch anhört: um das Handlungsballett zu bewahren, werden wir immer wieder neue Wege gehen müssen. Gleichzeitig präsentieren wir in der ersten Spielzeit neue choreographische Handschriften, um den Tänzerinnen und dem Publikum die Möglichkeit zu geben, sich neuen Formen des Tanzes anzunähern.»