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60. Berlinale: Goldener Bär für türkischen Film «Bal»

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Berlin - Bei den 60. Internationalen Filmfestspielen Berlin ist der türkische Film «Bal» («Honig») mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet worden. Das Werk von Regisseur Semih Kaplanoglu wurde am Samstagabend bei der Preisgala in Berlin zum besten Film gekürt. Filmemacher Roman Polanski erhielt in Abwesenheit den Silbernen Bären für die beste Regie in dem Thriller «Der Ghostwriter». Die deutschen Wettbewerbsbeiträge, darunter Oskar Roehlers umstrittenes Werk «Jud Süß - Film ohne Gewissen» gingen leer aus. 20 Filme waren bei der Jubiläums-Berlinale ins Rennen um den Goldenen und die Silbernen Bären gegangen.

Beim Hauptpreis hat sich die Internationale Jury wieder einmal für einen kleineren Film entschieden. Mit »Bal« gewann erstmals seit 1964 wieder ein Film aus der Türkei den Goldenen Bären. Die türkisch-deutsche Koproduktion ist der letzte Teil einer Trilogie über die Lebensbedingungen im ländlichen Anatolien. Regisseur Kapanoglu erzählt die Geschichte in ruhigen Bildern, es wird nicht viel gesprochen, es gibt keine Musik.

Wegen eines Bienensterbens stellt ein Imker seine Körbe in einem schwer zugänglichen Teil des Gebirges auf. Als er nicht zurückkehrt, macht sich sein kleiner Sohn auf die Suche nach ihm. Der Film, in dem der achtjährige Darsteller Bora Altas für Aufsehen sorgte, galt unter Kritikern als ein Favorit. Er hat noch keinen Verleih in Deutschland.

Kapanoglu sagte bei der von Anke Engelke moderierten Gala vor rund 1600 Gästen, der Film sei inmitten der Natur gedreht worden. Diese unglaubliche Landschaft könnte jedoch jetzt wegen eines Kraftwerk-Baus zerstört werden. Er hoffe, dass der Preis dazu beitragen könne, dass diese Natur geschützt werde. Bei den Dreharbeiten sei ein Bär aufgetaucht, der sich Honig holen wollte und dann geflüchtet sei. »Ich glaube, jetzt ist er hier«, sagte der Regisseur mit seiner Trophäe in der Hand.

Jury-Präsident Werner Herzog lobte die Arbeit mit seinen Jury-Kollegen, die wunderbar gewesen sei. Die Juroren hätten sich sehr schnell entschieden, es habe keinen einzigen Augenblick der Verbitterung gegeben, und das Ergebnis sei ganz klar gewesen.

Für Polanski nahmen die Produzenten von »Der Ghostwriter« den Preis entgegen. Der 76-jährige Oscar-Preisträger («Der Pianist») steht unter Hausarrest in seinem Chalet in der Schweiz. Gegen ihn läuft ein Verfahren wegen Kindesmissbrauchs in den USA. Produzent Alain Sarde sagte, er sei sich sicher, dass Polanski sich sehr freue. Der Regisseur wäre aber so oder so nicht gekommen: Das letzte Mal, als er einen Preis bei einem Festival entgegennehmen sollte, sei er im Gefängnis gelandet, habe Polanski gesagt.

Zwei Preise gingen an das starke rumänische Gefängnisdrama »Wenn ich pfeifen möchte, pfeife ich«. Der Film von Regisseur Florin Serban, in dem auch eine Reihe von jungen rumänischen Gefängnisinsassen mitwirkten, bekam den Großen Preis der Jury (Silberner Bär) sowie den Alfred-Bauer-Preis.

Der Silberne Bär für die beste Schauspielerin ging an die Japanerin Shinobu Terajima. Die Darstellerin, die derzeit in Osaka auf der Bühne steht, spielt die Hauptrolle in dem japanischen Antikriegsdrama «Caterpillar». Regisseur Koji Wakamatsu verlas eine E-Mail seiner Hauptdarstellerin. Sie hoffe, «dass wir eines Tages eine Welt ohne Kriege erleben» und dass der Film vermittle, «dass Mord und Totschlag keine Antwort sind».

Den Silbernen Bären als beste Schauspieler erhielten die beiden Hauptdarsteller des russischen Dramas «How I Ended This Summer», Grigory Dobrygin und Sergej Puskepalis. Kameramann Pavel Kostomarow bekam für das Werk, das auf einer einsamen Wetterstation in der russischen Arktis spielt, den Preis für eine herausragende künstlerische Leistung.

Für das beste Drehbuch wurde der chinesische Film «Tuan Yuan» («Apart Together») von Regisseur Wang Quan'an ausgezeichnet. Der Filmemacher hatte 2007 den Goldenen Bären für »Tuyas Hochzeit« gewonnen. Er widmete seinen Film, in dem es um eine Liebesgeschichte und die Teilung von Festland-China und Taiwan geht, der Stadt Berlin.

In der Wettbewerbskonkurrenz waren neben »Jud Süß« auch der deutsche Film «Shahada» von Burhan Qurbani sowie die deutsch-österreichische Koproduktion «Der Räuber» von Benjamin Heisenberg.

Die am 11. Februar gestartete Berlinale geht am Sonntag mit einem Publikumstag zu Ende. Rund 400 Filme waren zu sehen. Bis Samstagfrüh wurden nach Berlinale-Angaben fast 282 000 Tickets verkauft. Bis Festivalende am Sonntag sei mit einem Besucherrekord von rund 300 000 Besuchern zu rechnen, laut Berlinale-Direktor Dieter Kosslick kamen allein 4000 Filmfans in die »Kiez-Kinos«. Dies sei das »größte Geburtstagsgeschenk« für die Berlinale, sagte Kosslick. »Danke, Publikum!"


Die Preisträger der 60. Berlinale
- Goldener Bär für den Besten Film: «Bal» («Honig») von Semih Kaplanoglu (Türkei/Deutschland)

- Silberner Bär - Großer Preis der Jury: «Wenn ich pfeifen möchte, pfeife ich» von Florin Serban (Rumänien/Schweden)

- Silberner Bär - Beste Regie: Roman Polanski für «Der Ghostwriter» (Frankreich/Deutschland/Großbritannien)

- Silberner Bär - Beste Darstellerin: Shinobu Terajima in «Caterpillar» von Koji Wakamatsu (Japan)

- Silberner Bär - Bester Darsteller: Grigory Dobrygin und ex aequo Sergej Puskepalis in «How I Ended This Summer» von Alexej Popogrebsky (Russland)

- Silberner Bär - Herausragende Künstlerische Leistung in der Kategorie Kamera: Pavel Kostomarow für die Kamera in  «How I Ended This Summer»

- Silberner Bär - Bestes Drehbuch: Wang Quan'an und Na Jin für «Tuan Yuan» («Apart Together») von Wang Quan'an (China)

- Alfred-Bauer-Preis (in Erinnerung an den Gründer des Festivals, für einen Spielfilm, der neue Perspektiven der Filmkunst eröffnet): «Wenn ich pfeifen möchte, pfeife ich»

 

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