Dresdner Musikfestspiele gastieren mit Wagner-Projekt auch im Ausland +++ Festspielfrühling Rügen nimmt auch DDR-Architekten Müther in den Blick +++ Bewerber für Dirigentenposten leiten Opernaufführung in Görlitz +++ Kunstfestspiele Herrenhausen mit bekannten Musikern und neuen Klängen +++ Berliner Festspiele für «Brückenschlag» bei Debatte um Nahostkonflikt +++ Festival für Schostakowitsch feiert 15-jähriges Bestehen
Dresdner Musikfestspiele gastieren mit Wagner-Projekt auch im Ausland
Musik verbindet Menschen in aller Welt. Die Musikfestspiele Dresden wollen diese Eigenschaft nutzen, um Botschaften zu senden. Als Botschafter dafür dient auch der gebürtige Sachse Richard Wagner.
Dresden/Prag - Die Dresdner Musikfestspiele finden mit ihrem Wagner-Projekt auch im Ausland Resonanz. «Mit viel Vorfreude schaue ich auf die 'Walküre'-Premiere in Prag», sagte Festspielintendant Jan Vogler am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. In der tschechischen Hauptstadt beginne an diesem Samstag die Serie von konzertanten Aufführungen des Werkes auf historischen Instrumenten. «Was für ein schönes Zeichen, das ganz typisch für den Charakter und die Bedeutung dieser neuen Wagner-Pflege ist. Neue Klangbilder und moderne Sichtweisen kommen so aus dem Herzen von Wagners langjähriger Wirkungsstätte Dresden und senden spannende musikalische Botschaften in die Welt.» Weitere Stationen der Tour sind Amsterdam (16. März), Köln (24. März), Hamburg (1. Mai) und Luzern (21. August). Zudem erklingt das Werk zum Auftakt der Dresdner Musikfestspiele am 9. Mai.
Das Wagner-Projekt («The Wagner Cycles») unter der musikalischen Leitung von Kent Nagano mit dem Dresdner Festspielorchester und dem Concerto Köln hatte 2023 mit dem «Rheingold» - dem ersten Teil von Wagners monumentaler Operntetralogie «Der Ring des Nibelungen» begonnen. Ziel ist es, unter Einbeziehung der Wissenschaft jedes Jahr einen Teil von Wagners «Ring» auf historischem Instrumentarium und mit Blick auf die Gesangs- und Sprachpraxis der Entstehungszeit europaweit auf die Bühne zu bringen. Vor den Konzerten finden intensive Workshop- und Probenphasen im engen Austausch von Orchester, Sängerensemble und Wissenschaftlern statt. Der Bund unterstützt das Projekt mit zwei Millionen Euro. Das Geld stammt aus dem Etat der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, Claudia Roth (Grüne).
«Möge die Magie der Musik unsere wunderbaren Städte Prag und Dresden, und uns, ihre Bewohnerinnen und Bewohner, noch enger in Freundschaft verbinden», betonte Vogler. Beide Städte hätten eine bedeutende Wagner-Geschichte. «Der erste Leiter unserer Staatsoper, Angelo Neumann, war ein enger Freund Wagners, und machte Prag fast zu einem zweiten Bayreuth. Bereits 1885 dirigierte Gustav Mahler auf Einladung von Neumann hier 'Die Walküre'».
Die Dresdner Musikfestspiele wurden 1978 gegründet und waren mit zahlreichen Gastspielen von Stars und Ensembles aus dem Westen schon vor dem Fall der Mauer bekannt. Mit der Intendanz Voglers hat sich die internationale Strahlkraft des Festivals seit 2009 deutlich erhöht. Bei den Festspielen sind nicht nur regelmäßig Spitzenorchester aus aller Welt zu Gast, sondern auch namhafte Solisten aus den Sparten Klassik, Jazz, Weltmusik und Rock. In diesem Jahr finden die Musikfestspiele vom 9. Mai bis 9. Juni 2024 statt.
Festspielfrühling Rügen nimmt auch DDR-Architekten Müther in den Blick
Beim Festspielfrühling Rügen geht es nicht nur musikalisch zu. Das Festival begibt sich auch auf die Suche nach architektonischen Spuren eines waschechten Rüganers.
Binz - Der am Freitag startende Festspielfrühling Rügen widmet sich neben Musik auch dem berühmten DDR-Architekten Ulrich Müther. Eine bereits ausverkaufte Tour über die Insel begibt sich kommenden Dienstag auf die Suche nach Spuren des für seine Schalenbauwerke bekannten Architekten. 1934 in Binz geboren sei der waschechte Rüganer seiner Insel sein Leben lang verbunden geblieben, heißt es von den Organisatoren. Bekannt ist etwa Müthers Rettungsturm im Ufo-Look an der Ostsee in Binz. Die Tour wird inhaltlich und musikalisch begleitet.
Als Auftakt der diesjährigen Ausgabe des Frühjahrsfestivals der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern steht am Freitag das Eröffnungskonzert unter anderem mit dem Danish String Quartet im Marstall in Putbus auf dem Programm. Das Quartett hat in diesem Jahr die Künstlerische Leitung des zehntägigen Festivals inne. Insgesamt sind 23 Konzerte an 14 Spielorten geplant. Zum Repertoire gehören Kammermusik, aber auch Folk.
Bewerber für Dirigentenposten leiten Opernaufführung in Görlitz
Ostsachsens Orchester bekommt bald einen neuen Chef. Fünf Männer kamen für den Posten in die engere Auswahl. Die neueste Inszenierung des Görlitzer Musiktheaters wird nun zur Bewährungsprobe für sie.
Görlitz - Das Gerhart-Hauptmann-Theater in Görlitz sucht einen Nachfolger für seine bisherige Generalmusikdirektorin Ewa Strusinska. Sie verlässt das Haus zum Ende dieser Spielzeit. Mitte Mai werde sich entscheiden, wer die Neue Lausitzer Philharmonie künftig leite, teilte das Haus mit.
Nach Angaben von Intendant Daniel Morgenroth bewarben sich 4 Frauen und 70 Männer um den Posten. Die fünf aussichtsreichsten Kandidaten dirigieren nun jeweils eine Aufführung von Richard Wagners Oper «Der fliegende Holländer», die Inszenierung hat an diesem Samstag in Görlitz Premiere. Teilweise stellten sich die Kandidaten in den vergangenen Wochen bereits mit dem Dirigat eines klassischen Konzertes für den Posten vor.
Ewa Strusinska hatte die Leitung der Neuen Lausitzer Philharmonie 2018 übernommen. Zur Auswahl ihres Nachfolgers wurde eine Findungskommission gebildet. Neben dem Intendanten gehören dem Gremium Ensemblemitglieder sowie Vertreter des Opernchores und des Orchesters an. Am 13. Mai soll die Entscheidung fallen.
Kunstfestspiele Herrenhausen mit bekannten Musikern und neuen Klängen
Hannover - Die Kunstfestspiele Herrenhausen präsentieren in diesem Jahr ein vielseitiges Programm mit Konzerten, Tanz und Theater, Zirkus, Performances und Installationen. Eröffnet wird die 15. Festival-Ausgabe am 16. Mai mit einer riesigen, detailgetreuen Nachbildung der Erdkugel des britischen Künstlers Luke Jerram auf dem Maschteich am Neuen Rathaus. «Wir zeigen Produktionen voller Lebenslust, reich an Emotionen und Sinnlichkeit, aber auch voller gesellschaftlicher Dringlichkeit», sagte Intendant Ingo Metzmacher am Dienstag.
Insgesamt 28 Produktionen, darunter fünf deutsche Erstaufführungen, stehen bis zum bis 2. Juni auf dem Programm. Zentraler Spielort ist der berühmte Barockgarten in Hannover. Geplant sind rund 100 Einzelveranstaltungen. Zu Gast in Hannover sind unter anderem das Kronos Quartet, die Regisseurin Marta Go?rnicka mit einem Frauenchor aus der Ukraine, Polen und Belarus, der New Yorker Choreograf Trajal Harrell und die Sängerin Mariana Sadovska.
Ein Höhepunkt ist den Veranstaltern zufolge die Aufführung von Leonard Bernsteins «Mass: A Theatre Piece for Singers, Players, and Dancers» mit mehr als 400 Mitwirkenden im Kuppelsaal des Hannover Congress Centrums (HCC) unter Leitung von Ingo Metzmacher. Beteiligt sind neun hannoversche Chöre, die NDR Radiophilharmonie sowie internationale Solistinnen und Solisten. In der Aufführung, die zum ersten Mal in Hannover erklingt, sollen Jazz, Klassik, Gospel und Pop vereint werden.
Ein Markenzeichen der Kunstfestspiele Herrenhausen ist, dass das Festival Grenzen zwischen unterschiedlichen Kunstformen und Stilrichtungen überwindet. Von indigenen Traditionen bis zu postkolonialen Debatten, vom großen Orchesterwerk bis zu Akrobatik, vom Kinderstück bis zur retro-futuristischen Oper begegnen sich bei den Kunstfestspielen diverse kulturelle Traditionen. Veranstaltungsorte sind rund um die Herrenhäuser Gärten und am Neuen Rathaus, der Kuppelsaal des Hannover Congress Centrums sowie das Schauspielhaus Hannover.
Berliner Festspiele für «Brückenschlag» bei Debatte um Nahostkonflikt
Berlin - Mit Thementagen unter dem Motto «Reflexe und Reflexionen» wollen die Berliner Festspiele zu einer differenzierteren Auseinandersetzung über den Nahostkonflikt in Deutschland beitragen. «Wir möchten einen Brückenschlag versuchen zwischen immer unversöhnlicher scheinenden Positionen», sagte Intendant Matthias Pees am Dienstag in Berlin. Das solle mit diskursiven und künstlerischen Beiträgen versucht werden. «Wir wollen Raum schaffen für Austausch und verschiedene Sichtweisen.»
Kuratiert wird das Programm von der Politologin Saba-Nur Cheema und dem Historiker Meron Mendel. Geplant sind die vier Tage vom 13. bis 16. Juni in Berlin mit dem Untertitel «Der 7. Oktober, der Gaza-Krieg und die Debatte in Deutschland».
Nach Angaben Cheemas, zu deren Arbeitsschwerpunkten Muslimfeindlichkeit und Antisemitismus zählen, sollen gerade auch Menschen aus der Region eingebunden werden. Seit dem 7. Oktober - dem Tag des Überfalls von Hamas-Terroristen auf Israel, dem der Krieg in Gaza folgte - bekämen etwa israelische Kulturschaffende keine Einladungen mehr oder würden stillschweigend boykottiert.
Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, verwies unter Hinweis auf jüngste Zwischenfälle im Berliner Museum Hamburger Bahnhof und während der Berlinale-Gala darauf, künstlerische Angelegenheiten würden zu antiisraelischen Ereignissen gemacht. Kriterium bei den Einladungen sei gewesen, dass die Beteiligten jeweils für Zusammenarbeit und gemeinsame Entwicklung stünden, nicht für Konfrontation. Bisher gebe es keine Absagen aus der Region.
Unterschiedliche Auseinandersetzungen bestimmen auch das Programm für «Radical Playgrounds: From Competition to Collaboration». Vor und während der Fußball-EM soll für elf Wochen vom 27. April bis 14. Juli ein Kunstparcours neben dem Berliner Gropius Bau entstehen. Der öffentliche Raum soll dabei Beziehungen unter Fremden ermöglichen, aber auch Trennendes offenlegen. Auf den von Künstlerinnen und Künstlern gestalteten Plätzen sollen Spannungsverhältnisse zwischen Regeln und Freiräumen, Vertrautem und Unbekanntem, Grenzen und ihrer Überschreitung neu verhandelt werden.
Die Berliner Festspiele veranstalten das ganze Jahr über verschiedene Kulturveranstaltungen und nutzen dafür vor allem ihre eigenen zwei Häuser: den Gropius Bau und das Haus der Berliner Festspiele.
Festival für Schostakowitsch feiert 15-jähriges Bestehen
Der Komponist Dmitri Schostakowitsch hat überall auf der Welt Fans. Aber nur in einem kleinen deutschen Ort erinnert jedes Jahr ein Festival an ihn. Im sächsischen Gohrisch schuf er ein wichtiges Werk.
Dresden/Gohrisch (dpa) - Die Werke des russischen Komponisten Dmitri Schostakowitsch (1906-1975) üben auf Publikum und Künstler weiter eine hohe Anziehungskraft aus. Auch zur 15. Ausgabe der Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch in der Sächsischen Schweiz im Juni haben sich Stars des Musikbetriebes angekündigt. Wie der Veranstalter am Dienstag in Dresden bekannt gab, wollen unter anderen der Geiger Gidon Kremer, die Cellistin Marie-Elisabeth Hecker, Pianist Martin Helmchen und der Sänger Matthias Goerne anreisen. Neben dem Schaffen Schostakowitschs stehen Werke von Modest Mussorgsky und Alexander Raskatov im Mittelpunkt. Mussorgsky sei stilistisch und ästhetisch ein wichtiges Vorbild für Schostakowitsch gewesen, Raskatov trage die Schostakowitsch-Tradition in die Gegenwart, betonte Festivalchef Tobias Niederschlag.
Auf dem Programm des Festivals vom 27. bis 30. Juni stehen sieben Konzerte und eine Filmvorführung. Der Schostakowitsch-Preis geht an Irina Antonowna Schostakowitsch; die Witwe des Komponisten will selbst nach Gohrisch kommen. Auch Raskatov, der seit vielen Jahren in Frankreich lebt, hat sich angesagt. «Schon lange sind mir die Schostakowitsch-Tage in Gohrisch ein Begriff. Jetzt werde ich diesen geschichtsträchtigen Ort endlich einmal besuchen. Es bedeutet mir sehr viel, dass meine Musik in diesem einzigartigen Kontext erklingen wird», zitierte das Musikfest den Künstler. Er komplettiert derzeit ein von Schostakowitsch hinterlassenes Fragment - eine Romanze für Bass und Klavier. Das Stück soll mit Goerne und Alexander Schmalcz (Klavier) in Gohrisch uraufgeführt werden.
«Im 15. Jahr unseres Bestehens feiern wir den Komponisten Dmitri Schostakowitsch in Gohrisch mit einem prall gefüllten Programm. Ich freue mich auf namhafte Künstlerinnen und Künstler, die ihre Programme eigens auf unsere Festivalschwerpunkte ausgerichtet haben», sagte Niederschlag. Die Tatsache, dass viele der Mitwirkenden zum ersten Mal in Gohrisch zu Gast seien, zeuge von einer zunehmenden Attraktivität des Festivals. Der erneute Besuch von Irina Antonowna Schostakowitsch (89) sei eine besondere Ehre. «Mit ihr gemeinsam wollen wir in diesem Jahr vor allem auf das humanistische Erbe ihres Mannes blicken, das unter den gegenwärtigen politischen Umständen aktueller erscheint denn je.»
Die Schostakowitsch-Tage werden auch in diesem Jahr mit einem Sonderkonzert der Sächsischen Staatskapelle im Dresdner Kulturpalast eingeläutet. Am 26. Juni leitet Tugan Sokhiev eine Aufführung der 7. Sinfonie von Schostakowitsch, der «Leningrader». Sie war während der Blockade der Stadt durch die Wehrmacht entstanden. Später schrieb Schostakowitsch in seinen Memoiren: «Aber in ihr geht es nicht um die Blockade. Es geht um Leningrad, das Stalin zugrunde gerichtet hat. Hitler setzte nur den Schlusspunkt.»
Schostakowitsch war zweimal im idyllisch gelegenen Kurort Gohrisch in einem Gästehaus der DDR-Regierung zu Gast, zuletzt 1972 mit seiner Frau. Im Juli 1960 komponierte er hier sein legendäres 8. Streichquartett. Es gilt als eines der zentralen Kammermusikwerke des 20. Jahrhunderts und ist zugleich das einzige Werk, das er außerhalb der Sowjetunion schrieb. Wie seine 10. Sinfonie machte er das 8. Streichquartett zu einer Abrechnung mit Stalin.