Hauptbild
Deutsche Theaterpreise für Neuenfels, Selge und Castorf
Staatsoper Hamburg mit Klassikern und neuem Musiktheater. Foto: Hufner
Hauptrubrik
Banner Full-Size

9.5.2022: Veranstaltungen aktuell +++ Veranstaltungen

Autor
Publikationsdatum
Body

«Takte gegen Krebs»: Benefizkonzert in Dresden +++ «Pop Songs»: Cellist Vogler spielt Monteverdi und Michael Jackson +++ Suche nach mehr Nähe - Staatstheater Mainz mit neuem Programm +++ Mit Eskapismus gegen die Krise - Neues beim Badischen Staatstheater

«Takte gegen Krebs»: Benefizkonzert in Dresden

Dresden (dpa) - Musiker aus mehreren Ländern haben am Samstagabend in Dresden mit einem Benefizkonzert zugunsten von Krebspatienten für bewegende Momente und Begeisterung gesorgt. Unter dem Titel «Takte gegen Krebs» hatte der aus Thüringen stammende Bratscher Henry Schneider Künstler aus Deutschland, Griechenland, Neuseeland und Südafrika auf der Bühne der Dresdner Comödie versammelt. Das Konzertformat war einst am Nationalen Zentrum für Tumorerkrankungen in Heidelberg entwickelt worden und wird nun am gleichnamigen Zentrum in Dresden fortgesetzt.

Besucher erwerben mit dem Kauf eines Tickets symbolisch einzelne Takte von Musikstücken. Wenn nicht alle Takte verkauft sind, bricht die Musik ab - ein Einschnitt, der sinnbildlich für die Dramatik einer Krebsdiagnose stehen soll.

In Dresden konnte wegen eines gut gefüllten Saales aber durchgespielt werden. Auch bei einem Livestream des Auftrittes wurde Geld gesammelt. Es kommt dem «Lotsenprogramm» des Nationalen Zentrums für Tumorerkrankungen (NCT) in Dresden zugute. Die «Lotsen» stehen Krebspatienten mit Rat und Tat zur Seite und begleiten sie in dieser schwierigen Zeit.

Henry Schneider (66), der früher im Leipziger Gewandhausorchester spielte und das ostdeutsche Kultfestival «Stelzenfestspiele bei Reuth» gründete, ist selbst Patient am Dresdner NCT und baute in das Konzert nicht nur Klänge aus einem Operationssaal ein. Er ließ sich etwa mit einem EKG-Gerät verbinden und spielte Musik zu seinem eigenen Puls. Am Ende hielt es niemanden im Saal auf den Plätzen.

 

«Pop Songs»: Cellist Vogler spielt Monteverdi und Michael Jackson

Dresden (dpa) - Cellist Jan Vogler hat für sein neues Album «Pop Songs» Hits aus mehreren Jahrhunderten aufbereitet. Am Freitag erschien das Album mit 15 Titeln bei «Sony Classical». Monteverdis Duett «Pur ti miro» sei 1642 in Venedig ein Pop Song gewesen und von den Leuten auf der Straße gesungen worden, sagte Vogler der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. «Michael Jacksons Inszenierungen sind wiederum ohne Oper nicht denkbar.» Beide Musiker stehen am Anfang und Ende des Albums. Bei «Pur ti miro» ist Vogler im Duett mit Omer Meir Wellber zu erleben. Der Dirigent, der bei anderen Stücken auf der CD das BBC Philharmonic leitet, spielt bei Monteverdi Akkordeon.

«Pop Songs» enthält Kompositionen unter anderem von Vivaldi, Gluck, Rossini, Wagner, Gershwin und auch von John Lennon und Paul McCartney. «Still Got The Blues» von Gary Moore und «Billie Jean» von Michael Jackson beschließen das Album. Vogler hält eine strikte Trennung in E- und U-Musik ohnehin für falsch: «Für mich ist das nicht neu, weil ich diesen Weg eigentlich schon seit fast 20 Jahren intensiv verfolge. Ich habe Jimi Hendrix auf dem Cello gespielt, habe mit Eric Clapton und Udo Lindenberg gearbeitet und mich nie davor gescheut, Neues auszuprobieren», erklärte der Musiker.

Auch bei den Dresdner Musikfestspielen (11. Mai bis 12. Juni) geben Cellisten den Ton. Intendant Vogler hat mehr als 40 Cello-Kollegen zur «Cellomania 2.0» eingeladen, einem «Festival im Festival». In 19 Konzerten verschiedener Genres und Formate sind Cellisten zu erleben, darunter auch Heavy-Metal-Musiker von «Apocalyptica».

 

Suche nach mehr Nähe - Staatstheater Mainz mit neuem Programm

Mainz (dpa/lrs) - Die Corona-Zeit steckt allen noch in den Knochen, aber das Staatstheater Mainz hat sich in der Spielzeit 2022/23 insgesamt 30 Premieren vorgenommen und will sich dabei zu mehr Nähe hin tasten. Berührungen und Vertrautheit seien irritierend geworden, sagte Intendant Markus Müller bei der Vorstellung des Programms für die nächste Spielzeit am Freitag in Mainz. Jetzt gelte es, diese neu auszuloten. Dazu passt die erste Opernpremiere mit Mozarts «Così fan tutte» am 1. Oktober: In der Inszenierung von Cordula Däuper soll es um die Frage gehen, wie Nähe empfunden wird und was in Beziehungen alles gelebt werden kann.

Der Kosmos des Musiktheaters in Mainz umfasst bis Sommer kommenden Jahres auch das von schwarzem Humor strotzende Musical «Sweeney Todd», Puccini mit seiner ersten Oper «Le Villi» - mit einem überraschenden Bezug zu Mainz - oder das Werk «Die Eroberung von Mexico» von Wolfgang Rihm. Mit «Morpheus Studio» unternimmt das Staatstheater eine «musikalische Expedition in das Reich des Schlafs», mit Musik von Monteverdi wie von Motörhead. Im Weihnachtsprogramm ist «Peter Pan» zu erleben, die 2013 in Stuttgart uraufgeführte Oper von Richard Ayres für ein junges Publikum ab zehn Jahren habe für Ohr und Auge sehr viel zu bieten, sagte die Chefdramaturgin fürs Musiktheater, Sonja Westerbeck.

Schauspiel-Chefdramaturg Jörg Vorhaben nannte drei Themenschwerpunkte der neuen Spielzeit: Es geht um Staat, Gesellschaft, Wissenschaft, dann um Familie und schließlich um Unterhaltung. Den Premierenreigen eröffnet am 15. Oktober «Der staubige Regenbogen» von Hans Henny Jahnn. Regisseurin Rieke Süßkow geht darin Fragen der nuklearen Bedrohung wie der Verantwortung von Wissenschaft nach.

Nähe und Berührung spielen zumindest im Titel der ersten von drei Tanztheater-Premieren eine Rolle: «Please don't touch the art piece» (Bitte das Kunstwerk nicht berühren) wird von Roy Assaf choreografiert und im November aufgeführt. Was dann im Leibniz-Zentrum für Archäologie wirklich getanzt wird, ist offen. «Assaf steht dafür, relativ spontan zu arbeiten», sagte Ballettdirektor Honne Dohrmann. «Er ist fast ein Aktionskünstler des Tanzes.»

In der Diskussion über die Aufführung von russischer Kunst im Schatten des Ukraine-Kriegs steht das Staatstheater mit Interpretationen von Rachmanninow, Tolstoi oder Tschechow für die Freiheit der Kunst ein. Müller mahnte, es dürfe zu keinem Kulturkampf kommen. «Wir halten es für völlig falsch, wenn jetzt posthum russische Künstlerinnen und Künstler in Gesinnungshaft genommen werden.»

Die Abonnement-Zahlen des Staatstheaters Mainz sind unter den Einfluss des Theater-Lockdowns zurückgegangen. Nach viereinhalb Rekordjahren sei das Theater jetzt wieder auf dem Ausgangsniveau, sagte Müller. «Auch bei uns ist die Auslastung geringer als vor Corona, aber es ist kein Absturz.» Der Intendant fügte hinzu: «Wir sind auf einem guten Weg. Wir sind stabil und gesund.» Die Preise sollen nicht erhöht werden.

 

Mit Eskapismus gegen die Krise - Neues beim Badischen Staatstheater

Karlsruhe (dpa/lsw) - Erst Corona, dann der Ukraine-Krieg - das Badische Staatstheater geht im neuen Programm auf Befindlichkeiten in Krisenzeiten ein und will zugleich seine Besucher zu kleinen Realitätsfluchten einladen. Bei der Vorstellung des Spielplans 2022/23 kündigte Intendant Ulrich Peters am Freitag auch ein wenig Eskapismus an. «Wir müssen gemeinsam die Fahne der Kultur hochhalten.»

Auf manche Neuproduktion des Sechs-Sparten-Hauses wurde schweren Herzens verzichtet. Dafür steht eine Reihe von Stücken auf dem Plan, die wegen Corona nicht oder nur zeitweise gespielt werden konnten. Trotz laufendem Theaterumbau soll das Angebot für die Abonnenten in vollem Umfang stattfinden. Mit einigen Projekten geht das Theater auch «außer Haus», wie die künstlerische Betriebsdirektorin Uta-Christine Deppermann ankündigte.

Die Opernsaison startet im Dezember mit Richard Wagners romantischer Oper «Der Fliegende Holländer» unter der musikalischen Leitung von Generalmusikdirektor Georg Fritzsch. Im Januar steht Georges Bizets «Carmen» im Mittelpunkt, im Februar die Händel-Festspiele, für die schon jetzt der Vorverkauf läuft. Die Welt mit anderen Augen betrachtet Schauspieldirektorin Anna Bergmann mit «Anna Iwanowa». Die Eröffnungspremiere im Oktober wirft einen weiblichen Blick auf Tschechows erstes Theaterstück. «Mephisto» von Klaus Mann beschreibt die Schwierigkeit eines Künstlers in einer Diktatur.

Um Tradition und Zukunft des klassischen Tanzes geht es im Ballett: Direktorin Bridget Breiner verspricht eine künstlerische Forschungsreise, die mit der Premiere von «Giselle» im November beginnt. David Dawson interpretiert den Klassiker neu als zeitlose Liebesparabel. Außerdem gibt es das spartenübergreifende Ballettprojekt «Maria Stuart», «Jazz», den Ballettabend «Zukunft Choreografie» und im Juli 2023 das Tanz-Festival «Aufgefächert».

 

Autor