Lahr - Der Südwesten hat eine rege Amateurmusik-Szene. Die ist so besonders, dass sie nun sogar im bundesweiten UNESCO-Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes ist. Die Musiker haben noch einiges vor.
Nach Anfänger klingt nur der Name: Die Amateurmusik in Baden-Württemberg ist alles andere als laienhaft und wird immer professioneller. Und, so sagt Christoph Palm, der Präsident des Landesmusikverbands Baden-Württemberg anlässlich des Landes-Musik-Festivals im badischen Lahr (Ortenaukreis) an diesem Samstag: «Wir haben den Zenit noch nicht überschritten.» Trotz Konkurrenz durch Smartphone und Co. registrieren Musikvereine bei Jugendlichen großes Interesse. Das liegt auch daran, dass die Vereine längst ihr Repertoire geöffnet haben. «Amateurmusik ist nicht nur Volksmusik», betonte Palm in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die Palette reiche von anspruchsvollen sinfonischen Werken über Pop und Musical bis hin zur Weltmusik.
«Die Amateurmusik im Land hat generell großen Zulauf», beobachtet Palm, der frühere Fellbacher CDU-Oberbürgermeister. Vor allem Blasmusik ist beliebt. Sorgen um den Nachwuchs macht man sich im Großen und Ganzen in den 12 000 Ensembles nicht. «Aber man muss sich anstrengen und sich was einfallen lassen», sagte Palm. «Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass in Familien gesungen wird.» Damit schon Kinder nicht nur Musik konsumieren, sondern auch selbst machen, ist es aus seiner Sicht nötig, dass die Vereine Kinder «viel früher abholen» und schon in Kindergärten präsent sind. Wer musizieren will, aber weder Zither, Posaune, Gitarre oder Geige hat, bekommt eine gestellt. Viele Vereine hätten «Instrumentenkarussells», bei denen man verschiedene Instrumente ausprobieren kann.
Dass die baden-württembergische Amateurmusik im Mai ins bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes der Deutschen UNESCO-Kommission aufgenommen wurde, ist für Palm ein Ansporn und auch ein gutes Vehikel zur besseren Außendarstellung. Auch wenn die Musiktradition für Baden-Württemberger normal sei - bundesweit gesehen sei es ein Phänomen.
Was nicht unbedingt heißt, dass Laien am Werk sind: «Viele unserer Leiter von Chören und Orchestern sind Absolventen der Musikhochschulen.» Während früher Studenten oft vor allem auf eine Solokarriere im Ausland hingearbeitet hätten, würden viele heute ganz bewusst in der Heimat bleiben wollen. «Es gibt eine Rückbesinnung auf Lokales», so Palm. Nicht zu deren Nachteil: «Sie haben hier ein gutes Auskommen.»
Zum 21. Landes-Musik-Festival an diesem Samstag erwarteten die Veranstalter mehr als 2500 Musiker aus dem ganzen Land, darunter 70 Chöre, Kapellen, Orchester und Ensembles vom Akkordeon bis zur Zither. Das große Musikfest wird jährlich vom Landesmusikverband als Dachorganisation der Amateurmusik mit dem Kunstministerium veranstaltet. In dem Verband haben sich drei Chor- und sieben Orchesterverbände zusammengeschlossen. Sie vertreten nahezu 12 000 Ensembles von Gesang- und Musikvereinen mit etwa einer Million Mitgliedern.