Am 15. Januar 2025 fand in der Gedenkstätte Stalag VIII A in Zgorzelec die traditionelle Aufführung von Olivier Messiaens „Quartett für das Ende der Zeit“ statt – genau 84 Jahre nach dessen Uraufführung an diesem historischen Ort. Erstmals erklang das Quartett nicht als Höhepunkt des Festivals für Musik – Geschichte und Kunst, sondern als dessen Auftakt, denn die Messiaen-Tage 2025 kehren ab dem 25. April 2025 mit vielen fesselnden Veranstaltungen zurück. Das Programm können Sie bereits jetzt auf www.messiaen-tage.eu einsehen.
Kraft in der Krise
Das „Quartett für das Ende der Zeit“ von Olivier Messiaen, ein Werk von tiefgreifender spiritueller und künstlerischer Bedeutung, gilt nicht nur als Meilenstein der Musikgeschichte, sondern auch als lebendiges Symbol für die Kraft der Kunst, selbst in den dunkelsten Momenten Hoffnung und Menschlichkeit zu bewahren. Seine Aufführung am historischen Ort seiner Uraufführung, dem Stalag VIII A, an dem zehntausende Gefangene unter unmenschlichen Bedingungen dem Tod stets ins Auge blickten, verbindet die lokale Geschichte mit einer universellen Botschaft und bereichert nicht nur die kulturelle Landschaft der Region, sondern inspiriert Menschen weltweit. „Diese Inspiration und die Schöpfung von Kraft in der Krise war während der Aufführung am vergangenen Mittwoch nahezu greifbar“ – so die Leiterin der Messiaen-Tage, Klaudyna Michalska. „Das Quartett genießt in der Welt der Musik eine ganz besondere Stellung – es an dem Ort und dem Datum seiner Uraufführung zu hören und sich vorzustellen, wie Kriegsgefangene in der Eiseskälte dieser Januarnacht im Jahr 1941 hungerleidend den Klängen der durch die Kälte verstimmten Instrumente lauschten, geht nicht spurlos an einem vorbei“, fährt sie fort.
Internationale Klangkraft und Symbolik
Die Zusammenstellung des Quartetts war ebenso symbolträchtig. Die Musiker stammen nämlich aus Frankreich, Polen, der Ukraine und Deutschland. Diese Konstellation steht beispielhaft für internationale Zusammenarbeit trotz der schwierigen gemeinsamen Geschichte, insbesondere an dem historischen Ort der Aufführung selbst. Den Künstlern Federico Kasik (Violine), Nicolas Defranoux (Cello), Robert Oberaigner (Klarinette) sowie MichaĆ Francuz (Klavier) gelang es, die Zuhörer an sich zu binden und eine außergewöhnliche Athmospäre zu erzeugen, die, so eine Besucherin, „eine tiefgreifende Wirkung hatte. Jedes Jahr höre ich Messiaens Quartett im Europäischen Zentrum. Es ist eine Tradition, das Januarkonzert zu besuchen und jedes Mal klingt das Werk anders – auch dieses Mal. Und es traf mich auch dieses Mal mit voller Wucht.“
„Es war ein Moment des Innehaltens, eine Reise durch die Dunkelheit und gleichzeitig ein Ruf nach Hoffnung“, fasste ein weiterer Gast seine Eindrücke zusammen.
Trotz zahlreicher Herausforderungen, wie einem Stromausfall im Europäischen Zentrum Erinnerung, Bildung, Kultur wenige Tage vor der Aufführung, konnte das Konzert und die durch Dr. Johannes Bent vorangehende Führung über die Dauerausstellung der Gedenkstätte an diesem bedeutsamen Ort stattfinden. „Es war eine intensive und nervenaufreibende Vorbereitung, aber für diesen besonderen Abend hat sich jede Mühe gelohnt“, betonte Alexandra Grochowski, Geschäftsleiterin des Meetingpoint Memory Messiaen e.V.
Ein gelungener Auftakt
Die Veranstaltung markierte zugleich den feierlichen Auftakt der Messiaen-Tage 2025, die vom 25. bis 27. April in Görlitz und Zgorzelec stattfinden werden. Mit einem vielfältigen Programm aus Konzerten, Podiumsdiskussionen, Lesungen und Begegnungen wird das kulturelle Erbe Messiaens und des Stalag VIII A weiter lebendig gehalten.
Organisiert wurde die Veranstaltung vom Meetingpoint Memory Messiaen e.V. in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit der Stiftung Erinnerung, Bildung, Kultur. Unter den geladenen Gästen befand sich unter anderem auch die Sächsische Staatsministerin für Kultur und Tourismus, Barbara Klepsch, die auch bei dieser Gelegenheit die Bedeutung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit betonte.
Gefördert werden die Messiaen-Tage 2025 von der Ostsächsischen Sparkassenstiftung, der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, der Stiftung der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien, der Stadt Zgorzelec und der Stadt Görlitz.