Aus Verärgerung über den Senat ziehen sich die Seefestspiele aus Berlin zurück. Ab 2013 werde das Freiluftfestival in einer anderen Stadt stattfinden, sagte der Veranstalter Peter Schwenkow der Nachrichtenagentur dapd und bestätigte damit einen Bericht der "Berliner Morgenpost" (Sonntagausgabe). Es liefen bereits Gespräche mit drei anderen Städten, die Interesse gezeigt hätten.
Hintergrund ist das Veto der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die Anfang Juli ganz kurzfristig die geplante Bühnenkonstruktion verboten hatte. Diese darf nun nicht knapp sechs Meter über die Trinkwasserzone am Wannsee hinausragen. Dadurch fielen Tausende Zuschauerplätze weg, hatte Schwenkow der "Morgenpost" gesagt. "9.600 Plätze weniger bedeuten rund 400.000 Euro weniger Einnahmen."Außerdem sei ein Verkaufsstand für Mineralwasser verboten worden, sagte Schwenkow der dapd. Dies sei noch nicht einmal begründet worden. "Bevor uns wieder der Amtsschimmel auf die Füße tritt, verlassen wir die Stadt."
Gespräche würden mit zwei deutschen Städten sowie mit einer Stadt im deutschsprachigen Ausland geführt, sagte Schwenkow. Kriterien für einen Festspielstandort seien eine bestimmte Größe sowie ein geeigneter Standort am Wasser. Potsdam, wo die Seefestspiele auf der Halbinsel Hermannswerde 2011 ursprünglich zum ersten Mal stattfinden sollten, sei zu klein, sagte er. Nach Protesten von Naturschützern hatten die Veranstalter damals die Festspiele an den Berliner Wannsee verlegt, wo sie in diesem Jahr zum zweiten Mal gezeigt werden. Am Donnerstag feiert die Inszenierung der Oper "Carmen" Premiere.
Festspielintendant Christoph Dammann wollte Potsdam als Standort hingegen nicht ausschließen. Er halte die Stadt unter anderem wegen ihrer Nähe zu Berlin für einen ein attraktiver Standort, sagte er auf dapd-Anfrage. Außerdem wüssten die Potsdamer schon, worum es bei den Seefestspielen gehe. Konkrete Gespräche gebe es aber nicht, betonte er.
Bedauern bei Berliner Politikern
Bei der Berliner SPD, der CDU und den Grünen löste die Ankündigung auf dapd-Nachfrage Bedauern aus. "Es ist traurig", sagte die kulturpolitische Sprecherin der Sozialdemokraten, Brigitte Lange. Die Veranstaltung habe in der kulturellen Sommerpause das Berliner Angebot gut ergänzt. Im Interesse des Berliner Kulturtourismus sei es wünschenswert, dass sich beide Seiten noch einmal für eine Verhandlung an den Tisch setzten und die entstandenen Unstimmigkeiten klärten.
"Berlin sollte sich überlegen was wichtiger ist: das Festhalten an einem Prinzip oder die Förderung der Kultur", sagte die Vorsitzende des Kulturausschusses im Bundestag, Monika Grütters. Sie rief alle Verantwortlichen auf, pragmatisch mit dem Problem umzugehen. Schließlich seien die Seefestspiele im Sommer "maßgeblich" für die Berliner Kulturlandschaft.
Und auch die kulturpolitische Sprecherin der Berliner Grünen, Sabine Bangert, bezeichnete die jüngste Entwicklung als "bedauerlich". Die Veranstaltung sei durchaus ein "Highlight" und stehe der Hauptstadt gut zu Gesicht. Allerdings zeigte sie auch Verständnis für die Senatsverwaltung. Bei so einer Veranstaltung müsse natürlich der Gewässerschutz beachtet werden und die Organisatoren müssten sich rechtzeitig um eine Genehmigung kümmern. "Ich verstehe nicht, warum das in diesem Jahr auf den letzten Drücker passiert ist", kritisierte Bangert.
Fester Bühnenstandort im Gespräch
Zugleich äußerte sie die Hoffnung, dass sich die Veranstalter vielleicht noch umstimmen lassen. Vor dem Hintergrund der Streitereien um die Genehmigungen schlug sie vor, einen festen Standort für die Bühne zu suchen. "Das wäre sicherlich zu überlegen", sagte Bangert. Festspielorte wie Bregenz hätten damit gute Erfahrungen gemacht. Voraussetzung für die Wirtschaftlichkeit des Projekts sei dann aber, dass Kooperationsvereinbarungen mit Berliner Kultureinrichtungen geschlossen werden müssten.
Einen ähnlichen Vorschlag hatte bereits Theaterregisseur Volker Schlöndorff, der in diesem Jahr die Aufführungen inszeniert, vor einigen Wochen gemacht. Er sprach sich dafür aus, dass Berlin eine halbfeste Bühne installiert. "Man braucht ja nur ein Fundament, auf der man jedes Jahr die Bühne aufbaut", sagte er. Dann hätten die Veranstalter Planungssicherheit.