Berlin - Die Akademie der Künste in Berlin zeigt ab Freitag eine relativ unbekannte Seite des Komponisten John Cage. Der bildende Künstler Cage "war am Ende seines Lebens davon überzeugt, dass er sehr wohl auch auf dem Feld der Bildkünste zu Hause war, denn für ihn gab es Grenzziehungen nicht", sagte Kurator Wulf Herzogenrath am Donnerstag vor Ausstellungsbeginn.
Der Vordenker, der im September dieses Jahres 100 Jahre alt geworden wäre, habe sich nicht in einzelne Sparten, Medien und Gattungen einteilen lassen. Die Ausstellung am Hanseatenweg in Tiergarten wartet folglich mit einem breiten Kunstspektrum auf. Arbeiten auf Papier und Notationen wechseln sich mit Foto- und Filmdokumenten sowie Klanginstallationen des 1992 verstorbenen US-Amerikaners, aber auch von dessen Freunden und Ideengebern wie Marcel Duchamp bis Robert Rauschenberg ab. Ganz im Stile des Jubilars scheuen die Initiatoren nicht vor Tabus. "Wir wissen nicht, wie das frühe Werk Cages aussah - folglich beginnt die Ausstellung eigentlich mit der Leerstelle", erklärte Herzogenrath.
"Der Zufall ergibt ein Kunstwerk"
Die Anordnung der Werke ist weitgehend chronologisch, auch wenn Besucher dieser Reihung nicht folgen müssen. "Es soll eine sinnliche Ausstellung sein", sagte der ehemalige Bremer Kunstdirektor, demzufolge alles selbsterklärend ist. Wer Halle 1 betritt, findet rechts des Eingangs mit den Notationsblättern für das Schlagzeug aus dem Jahres 1934 eines der ältesten, ausgestellten Exemplare des Komponistenkünstlers. Schnüre und Knoten bilden das Motiv an der gegenüberliegenden Wand, sie stammen von Joseph und Anni Albers, Paul Klee und John Cage. Obwohl es in Kunstkreisen heiße, Cage und ein Albers könnten nie zusammenkommen, seien die Unterschiede auf dem ersten Blick nur schwer erkennbar. "Von solchen Thesen wollten wir uns lösen", sagte Herzogenrath.
Ein radikaler Bruch zu den Wandbildern sind die beiden Klangräume: Ganz im Sinne des Gewürdigten sind die Besucher aufgefordert, selbst kreativ zu werden. An geraden Kalendertagen lädt die Installation "33 1/3" ein, die Lieblingsschallplatte auszuwählen und auf einem der fünf Plattenspieler anzuhören. "Jeder ist Kreator, der Zufall ergibt ein Kunstwerk", erläutert der Kurator. Im Raum nebenan, der an ungeraden Tagen geöffnet ist, stehen sechs Stühle, die beliebig verstellt werden können. Aus Lautsprechern ertönt Musik.
Die im Rahmen des Jahresprogramms "A Year From Monday" veranstaltete Schau läuft bis 17. Juni, danach wechselt sie ins Museum der Moderne in Salzburg.