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Berliner Liebermann-Villa präsentiert heftig kritisiertes Werk des Impressionisten

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Berlin - Die Berliner Liebermann-Villa präsentiert ab Sonntag (22. November) eine Ausstellung mit dem seinerzeit wohl am heftigsten kritisierten Gemälde des Impressionisten. Als das Werk «Der zwölfjährige Jesus im Tempel» 1879 erstmals auf der Internationalen Kunstausstellung in München gezeigt wurde, löste es einen derartigen Skandal aus, dass Max Liebermann (1847-1935) die Figur des Jesus, an der viele Kritiker Anstoß nahmen, später übermalte.

«Die Exposition zeigt das Skandalgemälde erstmals zusammen mit allen erhaltenen 18 Vorarbeiten wie Ölstudien, Skizzen und Zeichnungen», sagt Museumsleiter und Kurator Martin Faass im Gespräch mit der Nachrichtenagentur ddp. Die daneben hängende Reproduktion einer Fotografie des ursprünglichen Originals veranschauliche, welche Veränderungen Liebermann nach der Kritik an dem Jesusknaben vorgenommen habe.

Zudem gebe die Ausstellung Aufschluss über die Entstehung des Gemäldes und schließe Werke von Albrecht Dürer, Adolf Menzel und Rembrandt ein, die ebenfalls das Jesus-Motiv aufnahmen und Liebermann als Vorbild dienten, fügt Faass hinzu. Die hochkarätigen Leihgaben kommen unter anderem aus dem Berliner Kupferstichkabinett, dem Kunstpalast Düsseldorf, dem Saarland-Museum und der Schweiz. Eine umfangreiche Dokumentation mit faksimilierten Ausschnitten aus den zeitgenössischen Presseartikeln und historischen Dokumenten soll die teilweise antisemitisch geprägte Kontroverse über das Liebermann-Bild veranschaulichen.

Grund für die harsche Kritik war Faass zufolge die damals ungewohnt naturalistische Darstellung des Jesusknaben - insbesondere, weil Liebermann das «im Verständnis der Zeit Alltäglich-Hässliche mit einem christlichen Bildsujet» verband. Zudem war man darüber entrüstet, dass sich Liebermann als Jude an das christliche Motiv wagte. Sein Jesus sei als «nacktbeiniger, schmutziger Junge» und «Gotteslästerung» beschimpft worden, berichtet Faass. Die Diskussion lasse sich «als Symptom einer ersten Welle des Antisemitismus verstehen, der sich infolge der Gründerkrise zwischen 1874 und 1884 ausbreitete».

Nach der kritischen Debatte, die Liebermann so heftig nicht erwartet hatte, veränderte der Künstler 1884 den ursprünglich dunkelhaarigen, barfüßigen Jesusknaben mit Schläfenlocken und Hakennase in ein niedliches, stupsnasiges Kind mit goldenem Haar, wie der Kurator erzählt. Die nackten Füße überzog er mit Sandalen, und den kurzen Kittel verwandelte er in ein fließendes, wadenlanges Gewand. Zum Übermalen des Jesusknaben hatte sich Liebermann entschlossen, weil er keine religiösen Gefühle verletzten wollte. Zudem sei der Künstler doch stets sehr auf Anerkennung aus gewesen, sagt der Kurator.

Eigentlich stehe das 1,50 Meter hohe Ölgemälde, das sonst in der Hamburger Kunsthalle zu bewundern ist, auf der Liste jener Bilder, die wegen ihres Wertes und der Empfindlichkeit des Materials nicht mehr auf Reisen gehen dürfen, sagt Faass. «Doch wo könnte das Gemälde besser dem Publikum präsentiert werden als im Haus Liebermanns selbst», ist sich der Berliner Museumsleiter sicher und überzeugte damit auch seinen Hamburger Kollegen.

Die Rettung und Wiederherstellung der Liebermann-Villa ist dem bürgerschaftlichen Engagement der 1995 gegründeten Max-Liebermann-Gesellschaft Berlin zu verdanken. Diese war erst im vergangenen Jahr für die Restaurierung der Villa und deren Eröffnung als Museum im April 2006 nach Jahren der Zweckentfremdung mit dem Europäischen Denkmalschutzpreis 2008/Europa Nostra Awards geehrt worden. Neben einer Dauerausstellung mit Gemälden des Künstlers und einer Dokumentation seines Lebensweges bietet das Haus Sonderschauen. Im vergangenen Jahr kamen rund 76 000 Besucher in die Liebermann-Villa an den Wannsee.

 
Elf Daten aus dem Leben und Wirken von Max Liebermann

- Max Liebermann (1847-1935) gilt durch sein Werk und seine kunstpolitische Tätigkeit als einer der wichtigsten Wegbereiter der modernen Malerei

- als junger Maler kämpfte er als Mitbegründer der Berliner Secession vehement gegen den erstarrten Akademismus

- während seiner Amtszeit als Präsident der Preußischen Akademie der Künste (1920-1933) verschaffte er der jüngeren Künstlergeneration Raum für neue Entwicklungen

- 1927 wurde der jüdische Künstler Ehrenbürger seiner Heimatstadt Berlin

- von den Nationalsozialisten verfemt, starb er 1933 einsam und verbittert

- seine Frau Martha entzog sich 1943 der Deportation nach Theresienstadt durch Selbstmord

- die Liebermann-Villa am Wannsee ließ der Künstler 1909 errichten
und nannte sie stolz sein «Schloss am See»

- mehr als 200 Gemälde entstanden in dem nach eigenen Ideen gestalteten Garten

- nach dem Tod Liebermanns zwangen die Nationalsozialisten seine Witwe 1940 zum Verkauf des Anwesens an die Reichspost

- nach dem Krieg erhielten die Erben das Haus zurück und verkauften es an das Land Berlin

- nach mehreren Fremdnutzungen erreichte die 1995 gegründete Max-Liebermann-Gesellschaft, dass das Ensemble unter Denkmalschutz gestellt und restauriert wurde







 

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