Düsseldorf - Sirenen-Gesang aus Australien und eine Live-Übertragung aus Kapstadt - das Festival «Theater der Welt» hat allen Widerständen der Corona-Zeit getrotzt. Düsseldorf wird für 18 Tage zum Zentrum des internationalen Theaters.
Mit einem Jahr coronabedingter Verspätung kann das internationale Festival «Theater der Welt» ab Mitte Juni in Düsseldorf nun doch über die Bühne gehen. Vom 17. Juni bis zum 4. Juli werde das Festival überwiegend vor Publikum spielen, sagte der Intendant des Düsseldorfer Schauspielhauses, Wilfried Schulz, am Mittwoch. «Es ist eine der ersten kulturellen Großveranstaltungen, die überhaupt wieder stattfinden können.»
Die Organisation des Festivals in Pandemiezeiten mit Künstlern aus aller Welt war ein Kraftakt. Beteiligt sind rund 350 Künstler und Künstlerinnen aus fünf Kontinenten. «Es bedurfte einer Wahnsinnsenergie, sich all den Unwägbarkeiten in den Weg zu stellen», sagte Nordrhein-Westfalens Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. Schon vor einem Jahr sollte «Theater der Welt», das zu den international bedeutenden Foren der darstellenden Kunst zählt, stattfinden. Das Programm war bereits fertig, doch dann musste es wegen der Pandemie abgesagt werden.
Nun werden nach Angaben der Organisatoren 24 internationale Produktionen, darunter 6 Uraufführungen präsentiert. 34 Vorstellungen sind live vor Publikum in verschiedenen Sälen in Düsseldorf sowie auch unter freiem Himmel geplant. Die meisten Publikumsaufführungen werden zudem auch digital übertragen.
Zur Eröffnung am 17. Juni wird die Uraufführung des Stücks «Leben und Zeit des Michael K.» nach dem gleichnamigen Roman von J. M. Coetzee live aus Kapstadt in das Schauspielhaus übertragen. Wegen der weiterhin geltenden Corona-Einschränkungen wird die Zahl der Zuschauerplätze allerdings begrenzt. Im großen Saal des Schauspielhauses dürfen 380 Plätze besetzt werden und auf der Tribüne auf dem Gustaf-Gründgens-Platz sind knapp 300 Zuschauer möglich. Als spektakuläre Kulisse dienen draußen Teile eines ausrangierten und zerlegten Transportflugzeugs der Bundeswehr. Die Installation stammt von der Berliner Künstlergruppe Raumlabor.
An jedem der 18 Festival-Tage legt sich am späten Nachmittag die sechsminütige Klanginstallation «Siren Song» über Düsseldorfs Innenstadt. Das Kunstwerk mit dem Gesang indigener Frauen aus fünf Kontinenten wurde von einem australischen Künstler-Kollektiv entwickelt.
Das Festival habe ein großes Afrika-Programm und beschäftige sich mit Fragen von Kolonialismus und Dekolonialisierung, sagte Programmdirektor Stefan Schmidtke. So handelt die Uraufführung des Stücks «Pistes« von Penda Diouf von Frankie Fredericks, dem einzigen namibischen Sportler, der je eine Medaille bei Olympischen Spielen gewonnen hat. Es geht aber auch um den Völkermord an den Herero und Nama durch die deutsche Kolonialarmee 1904 bis 1908.
Auf dem Programm steht auch die Uraufführung von Sibylle Bergs Roman «GRM Brainfuck» über Jugendliche im Post-Brexit-Großbritannien. Regie führt Sebastian Nübling. Aufführungen wie «Ist mein Mikro an?» richten sich vor allem an junge Menschen, die besonders unter den Einschränkungen der Pandemie leiden mussten.
Die «katastrophalen Auswirkungen» der Corona-Pandemie für Kulturschaffende dürfen nach Worten von Ministerin Pfeiffer-Poensgen nicht aus den Augen verloren werden. Nicht in allen Ländern sei die Kultur unterstützt worden so wie in Deutschland. Es müsse über künftige Formen der internationalen Kooperation nachgedacht werden, um die Kunst in der Welt auch von Deutschland aus zu stützen.
«Theater der Welt» wird seit 1981 etwa alle drei Jahre jedes Mal in einer anderen Stadt unter wechselnder Leitung organisiert. Dieses Jahr wird das Festival vom Düsseldorfer Schauspielhaus veranstaltet. Das Land NRW, die Landeshauptstadt Düsseldorf und der Bund trugen zur Finanzierung je eine Million Euro bei. Weitere zwei Millionen Euro wurden eingeworben.