Bochum - Ihren Fokus legt die Ruhrtriennale traditionell auf experimentelle Musik- und Theaterproduktionen in imposanten Industriebauten. Ebensoviele und mehr Besucher erreicht das Festival der Künste aber mit den kostenlosen Kunstinstallationen. Auch 2019 gehören sie dazu.
Text-Sound-Collagen auf Betonwänden, ein Interviewarchiv zum Thema Solidarität und kulinarische Begegnungen zwischen alten Flugzeugteilen: Neben den großen Theater- und Musikproduktionen für ein zahlendes Publikum setzt die Ruhrtriennale auch in diesem Jahr wieder auf frei zugängliche Kunstinstallationen.
Mit der Eröffnung am Donnerstag machte die Ausstellung «Mixing Plant» des US-Amerikaners Tony Cokes den Anfang: Mit seinen Clips aus Musik und Schriftfragmenten bespielt er riesige Beton-Trichter der ehemaligen Mischanlage der Kokerei auf der Zeche Zollverein in Essen. Titel und Ort sind dabei passend für die ihm typische Arbeitsweise: Er mischt für seine Collagen Popsounds mit englischsprachigen Textfetzen aus Sub- und Popkultur, zitiert Liedzeilen, Slogans oder Statements von Künstlern und setzt sie miteinander in neue Bezüge.
Etwas andere Wege hat Cokes mit dem neuen Beitrag beschritten, der für die Ruhrtriennale entstanden ist: Unterlegt mit Industriegeräuschen flackern über eine Monitorleinwand verschriftliche Fragmente aus Interviews, die Cokes mit DJs und anderen Popkulturschaffenden aus dem Ruhrgebiet geführt hat. Sie werfen unter anderem die Frage auf, warum die Denkmäler der Industriekultur sich nicht stärker einer Populärkultur öffnen, etwa der Clubszene.
Der Beitrag, den die Urbanen Künste Ruhr für die Ruhrtriennale kuratiert haben, richte sich einerseits an ein pop-affines, junges Publikum, werde aber sicherlich auch zufällig vorbeikommende Besucher der Unesco-Welterbestätte Zollverein erreichen, sagt Britta Peters, Leiterin von Urbane Künste Ruhr. Damit sei auch die Hoffnung verbunden «rauszukommen aus der häufig mit der Ruhrtriennale verbundenen Hochkulturblase».
Die Besucherzahlen der vergangenen Jahre bestätigen jedenfalls reges Interesse an der Sparte bildende Kunst. 35 000 Menschen besuchten die Installationen und kostenlosen Veranstaltungen 2018, 45 000 waren es im Jahr davor. Zum Vergleich: 27 000 verkaufte Tickets gab es 2018 für alle anderen Produktionen zusammen.
«Je nach Standort laden unsere Installationen ein diverses Publikum zum Spontanbesuch ein», erklärte Stefanie Carp, Intendantin der Ruhrtriennale . Kunstwerke, die gleichzeitig Spielorte seien wie der «Third Space», seien «für jeden erfahrbar und laden zum Austausch ein». Gemeint ist das Festivalzentrum an der Bochumer Jahrhunderthalle, das Künstler vom «raumlaborberlin» aus alten Flugzeugteilen zusammengesetzt haben. Wie schon in der vergangenen Spielzeit soll so ein offener Ort der Begegnung entstehen. Bei «Dinner Partys» kochen Künstler ihre Leibspeise für das Publikum, es gibt Lesungen, Konzerte und Workshops und Diskussionsrunden.
Ebenfalls auf dem Gelände zeigt der türkische Künstler Cevdet Erek seine riesige Lautsprecher-Konstruktion «Bergamo Stereo», die den antiken Pergamonaltar nachempfinden soll. Barbara Ehnes präsentiert mit «Archive of messages: Words in Motion» eine Installation mit Standorten an der Jahrhunderthalle und in der Bochumer Innenstadt zum Thema Solidarität. Sie und ihr Team haben dabei Interviews sowohl im krisengebeutelten Griechenland als auch im Ruhrgebiet geführt.