Die Berliner Festspiele haben das gesamte Programm des 56. Jazzfest Berlin (31. Oktober bis 3. November) veröffentlicht. Die künstlerische Leiterin Nadin Deventer öffnet Räume für neue Kreationen, nimmt das Kollektiv als künstlerische Ausdrucksform in den Fokus und lädt zahlreiche politische Stimmen, insbesondere aus den USA, ein.
Das Jazzfest Berlin 2019 wird von den Berliner Festspielen vom 31. Oktober bis 3. November veranstaltet und stellt in seiner diesjährigen Ausgabe Communities, Kollektive und internationale Begegnungen in den Fokus. An den vier Festivaltagen sind rund 200 Musiker*innen aus mehr als 15 Ländern in verschiedensten Formationen im Haus der Berliner Festspiele und an vier weiteren Spielstätten zu erleben. Ausgehend von Anthony Braxton, der als Komponist und Multi-Instrumentalist eine Zentralfigur der freien Improvisationsszene in den USA ist, entfaltet sich ein Programm mit insgesamt 28 musikalischen Acts und einem Rahmenprogramm mit Filmen und Gesprächen. Dabei werden im letzten Jahr geschlossene Partnerschaften fortgeführt und eine Vielzahl von neuen Stimmen eingeladen. Alleine 15 Formationen bzw. deren Arbeiten feiern ihre Deutschlandpremiere. Fünf Projekte sind gänzlich neue Produktionen: das sechsstündige Großprojekt mit 60 Musiker*innen „Sonic Genome“ von Anthony Braxton zur Eröffnung des Festivals im Gropius Bau, Late Night Lab 1 Freitagnacht und Late Night Lab 2 Samstagnacht auf der umgestalteten Großen Bühne im Haus der Berliner Festspiele, das europäische Kooperationsprojekt melting pot sowie die Klanginstallation „Garden of Hyphae“ und die multimediale „Fungus Opera“ des KIM Collective.
Mitglied des KIM Collective und ebenfalls in Berlin ansässig ist die australische Gitarristin Julia Reidy. Ihr neues Auftragswerk wird vom Australian Art Orchestra neben literarisch inspirierten Kompositionen Peter Knights zur Aufführung gebracht. Am gleichen Abend spielt Schlagzeuger Christian Lillinger – zum zweiten Mal überhaupt – live sein Projekt „Open Form for Society“, eine akribisch durchkomponierte Symphonie unter Beteiligung von acht weiteren, internationalen und in Berlin ansässigen Musiker*innen. Ebenfalls in Berlin lebt die türkische Vokalistin Cansu Tanrıkulu, die beim Jazzfest Berlin 2019 zusammen mit ihrem neuen Trio Melez die Weltpremiere einer „Suite“ feiert. Mit ihren aktuellen Alben kommen die französische Sängerin Leïla Martial und die aus Chile stammende Saxophonistin Melissa Aldana. Die Sängerin und Multi-Instrumentalistin Angel Bat Dawid dockt mit ihrer Chicagoer Band The Brothahood an die Schwerpunktthemen der letztjährigen Festivalausgabe – Afrofuturismus und Chicago als musikalisches Zentrum – an. Sinikka Langeland stellt ihr aktuelles Projekt „Sauna Cathedral“ basierend auf traditionell finnischen Volksrunen in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche vor.
Andere Genregrenzgänger*innen der diesjährigen Festivalausgabe integrieren sowohl die musikalische Formensprache als auch den politischen Gehalt von Hip-Hop in ihre Musik und prangern strukturellen Rassismus in den USA an: der Trompeter Ambrose Akinmusire, für den Jazz und Hip-Hop das Gleiche sagen, mit seinem Album „Origami Harvest“, und James Brandon Lewis mit seiner Frontline-Partnerin Jaimie Branch und Gitarristin Ava Mendoza in „An UnRuly Manifesto“ sowie die texanische Band The Young Mothers, die seit Jahren an ihrer polyglotten Musikkonzeption feilt.
Vier Soloprojekte werden beim Festival zu erleben sein. Es treten drei Pianist*innen der jüngeren Generation auf: der aus Philadelphia stammende Brian Marsella, Elliot Galvin aus England und Eve Risser aus Frankreich. In dem Projekt „Work“ des Gitarristen Miles Okazaki wird die Welt des Pianisten Thelonious Monk zu neuem Leben erweckt, während sich der Pianist Joachim Kühn mit Michel Portal und der hr-Bigband auf die Spur von Ornette Coleman, den Ur-Vater des Freejazz, begibt. Ein Pionier der europäischen Improvisationsmusik ist der Schlagzeuger Paul Lovens, dem die Deutsche Jazzunion den Albert-Mangelsdorff-Preis (Deutscher Jazzpreis) verleiht. Die Kiezkonzerte lassen die Künstler*innen des Festivals wieder in ungewöhnlichen Räumen und persönlichem Rahmen greifbar werden.
Im Abschlusskonzert des Jazzfest Berlin 2019 wird Anthony Braxton mit seinem aktuellen Projekt „ZIM Music“ auftreten, daran anschließend setzt der politisch engagierte Gitarrist Marc Ribot zusammen mit Nick Dunston, Jay Rodriguez und Chad Taylor den Schlusspunkt zur 56. Ausgabe – sein Auftritt ist ein Jazzfest Berlin-Debüt.
Zentraler Veranstaltungsort des Jazzfest Berlin 2019 ist das Haus der Berliner Festspiele mit seinen verschiedenen Bühnen. Weitere Spielorte sind der Gropius Bau, das A-Trane, das Quasimodo und die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche.
Die Konzerte des Jazzfest Berlin 2019 werden von den ARD-Rundfunkanstalten und Deutschlandfunk Kultur aufgezeichnet und teilweise auch LIVE gesendet.