Berlin - Katharina Wagner blickt mit einer «sehr gemischten Gefühlswelt» auf die Eröffnung der Bayreuther Festspiele am kommenden Sonntag. Im ersten Interview nach dem Tod ihres Vaters Wolfgang Wagner sagte die 32-jährige Festspielleiterin zu «Bild am Sonntag»:
«Auf der einen Seite freue ich mich, dass wir mit Hans Neuenfels' 'Lohengrin' eine tolle Premiere auf die Beine stellen. Andererseits weiß ich auch, dass dieses die ersten Festspiele ohne meinen Vater sind. Und so sehe ich der Eröffnung ein bisschen sentimental entgegen - weil eben unser Vater fehlt.» Wolfgang Wagner, Enkel von Richard Wagner und 42 Jahre lang Herrscher am Grünen Hügel, war am 21. März im Alter von 90 Jahren gestorben.
2008 hatte seine jüngste Tochter Katharina zusammen mit ihrer heute 65-jährigen Halbschwester Eva Wagner-Pasquier die Leitung der Festspiele von ihm übernommen. Katharina Wagner hofft, «dass wir seinen Geist erhalten können». Wolfgang Wagner sei ein Mensch gewesen, der mit jedem geredet habe, der jedem das Gefühl gegeben habe, wichtig zu sein.
Neuenfels« »Lohengrin«-Interpretation wird die erste Neuinszenierung seit dem Rückzug des Familienpatriarchen sein. Galt der stets als Gralshüter des Werks Richard Wagners, ist seine Tochter »neugierig auf Neudeutungen, auf Inspirationen, auf das Andersdenken«. Sie und ihre Schwester Eva, sagt Katharina Wagner, hätten ja nicht das Recht auf die wahre Wagner-Interpretation, »weil wir das entsprechende Gen haben«. Allerdings werde es sicher keine »plumpen Verweise auf die Politik« geben: »Also ich kann Ihnen verraten, dass Neuenfels sich nicht die aktuelle Gesundheitsreform vornimmt und Minister Rösler als König Heinrich zeigt. So was will kein Mensch mehr sehen!«
Die junge Festspielleiterin gab auch einen Ausblick auf das Programm zum 200. Geburtstag von Richard Wagner 2013. Bereits jetzt suche sie Sponsoren, um auch die frühen Opern »Rienzi«, »Die Feen« und »Das Liebesverbot« zu zeigen, die nicht zum Kanon der Bayreuther Festspiele gehören. Außerdem will sie dafür sorgen, dass die »problematische Geschichte« des Hauses Wagner im Nationalsozialismus aufgearbeitet wird. Darüber hinaus will sie ihr Engagement für Kinder und Jugendliche weiter verstärken: »Wir planen, dass jeder Kurzfilme zum Thema Wagner ins Netz stellen kann, um eine breite Diskussion zu schaffen«, sagte Katharina Wagner. »Denn wenn es uns nicht gelingt, unsere Begeisterung weiterzutragen, wird die Oper irgendwann eine tote Kunst sein."