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Konzert von Underworld In Köln am 20.11. +++ Poptrends der 90er und neue Wege: Moby und Röyksopp begeisterten in Düsseldorf
Trotz Schlamm und Regen sorgten sie beim Elektronik-Festival "Sonne Mond und Sterne" für Begeisterungsstürme beim Publikum - nun gibt es eine weitere rare Gelegenheit, Underworld live zu erleben. Die (mittlerweile nur noch) zwei kreativen Köpfe aus Großbritannien, denen Club-Hits wie "Born Slippy" oder der Soundtrack zum Film Trainspotting zu einer großen Fangemeinde verhalf, spielen am Mittwoch, den 20. November im Kölner E-Werk.
Sozusagen übernacht waren Anfang der 90er Jahre "Underworld" von einer unbekannten Gitarrenband zu einer der einflussreichsten Formationen im Spannungsfeld von Techno und experimentellem Pop mutiert: Die Briten Rick Smith und Karl Hyde nahmen den DJ Darren Emerson in ihre Mitte - und eroberten sogleich die Dancefloors mit ausgedehnten Kompositionen , die kreativ aus dem weiten Feld von Techno, House und Ambient schöpfen, dabei höchst suggestiv und nicht selten reichlich bombastisch im Spannungsfeld zwischen Songstrukturen und dem offenen Prinzip eines Tracks funktionieren.
Nachdem Darren Emerson wegen Streitigkeiten um die beträchtlich angewachsenen Band-Einnahmen aus dem Trio ausgestiegen ist, bestätigen Karl Hyde und Rick Smith mit dem jüngsten Album "A Hundred Days Off" den richtungsweisenden Stil von "Underworld", der souverän über allen modischen Attributen und kurzlebigen Trends steht.
Vereinzelte Restkarten sind noch unter 0228 / 3 67 67 67 erhältlich.
Aktuelles Album: Underworld "A Hundred Days Off"! ( V2, 2002)
Stefan Pieper
Poptrends der 90er und neue Wege: Moby und Röyksopp begeisterten in Düsseldorf
Fröhlich zog die Pop-Kultur der 90er alle Stilschubladen auf, um munter drauflos zu mischen und zu dekonstruieren. Der Amerikaner Moby betonte in einem Interview, das es zu diesem Ansatz keine Alternative gebe, weil alle Innovationen in Sachen Musik schon gemacht seien. In der Düsseldorfer Philipshalle blieb Moby diesem Prinzip treu und schuf daraus eine euphorisierende musikalische Dramaturgie. Mobys Vorgruppe strafte diesem Credo allerdings Lügen. "Röyksopp" aus Norwegen demonstrierte, dass auch heute alle Wege offen stehen, wenn man sich -auch und gerade im Pop-Bereich!- nur genug ästhetischen Wagemut zu erhalten weiß!
Röyksopp vereinen die Errungenschaften von Techno und vor allem House mit melodischer Inspiration. Aus psychdelischen Sound-Experimente schaffen sie organische Songstrukturen, die auf unterkühlten New-Anklängen der 80er Jahre gründen, dort aber keineswegs stehen bleiben. Live galt in Düsseldorf die Devise: So viel programmiert wie nötig, und so viel live gespielt, ja improvisiert wie möglich! Zu zweit oder zu dritt und meist sehr wild wurde an Synthezisern geschraubt, auf Drumpads herumgeprügelt und der E-Bass traktiert. Mit dem Charme von ästhetisierter Künstlichkeit fügte sich die elektronisch aufbereitet Stimme des Sängers ein.
Röyksopp hätte den Weg für Moby nicht besser frei machen können. Theatralisch strahlten die Lichtlein im Hintergrund, als ein Streichtrio das Szenario in eine Aura surrealer Kitschigkeit tauchte. Dann wird es schlagartig konkret: Moby wirbelt auf die Bühne, entfesselt auf seiner Gitarre die schweren Akkorde, um mit "Extreme Ways" hymnisch den Vorhang aufzureißen für ein zweistündiges Feuerwerk der Überraschungen, das nur am Rande und auf die Dauer in zu viele konträre Musikstile zu zerfallen droht. Schwerer Bigbeat und treibender Techno lassen es in der problematischen Hallen-Akustik mächtig wummern. Ruhige Songs und melancholische Elektronik-Sound evozieren Ruhe und Zärtlichkeit. Mit anarchischer Wut knüppelt die Band drauflos, zum Beispiel in einer eineinhalb-Minuten-Hardcore-Version von Jim Morrisons "Break on Thru to the other Side". Trickreich arrangiert liegen die souligen Vocals von Mobys nicht nur stimmlich raumfüllender Gospel-Divas über harschen Rap-Attacken. Und mittendrin sprüht Moby vor sympathischer Vitalität - mit ausdrucksvoller Stimme und frenetisch gefeiert nicht nur bei "We are all made of Stars" oder der ergreifenden Radiohead-Coverversion "Creep".
Der Sänger, Songwriter, Gitarrist, Keyboarder, Tierschützer und Veganer Moby ist so populär geworden, weil er seine Markenzeichen breit zu streuen weiß. Dazu gehört auch sein politisches Engagment: Für seine Bush-Kritik erntet er einmal mehr jubelnde Beifallsstürme.
Stefan Pieper