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Kopenhagen: Streit über geschenkte Oper

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Ein neues, opulentes Opernhaus, das keinen Cent an Steuergeldern gekostet hat - eigentlich der Traum jeder Weltstadt. Doch in Kopenhagen, wo die neue Oper am Samstag eröffnet wurde, ist kaum jemand mit dem Bau glücklich.

Das Haus verschandle das Stadtbild, heißt es. Selbst Stararchitekt Henning Larsen, der den Bau eigentlich entworfen hat, ist unglücklich: Ihm wurde ins Handwerk gepfuscht - und zwar von jenem Mann, der auch alles finanziert hat: Der greise Milliardär Maersk Mc-Kinney Möller traf sämtliche Entscheidungen im Alleingang.
Die neue Oper in Kopenhagen sieht aus wie die Kühlerhaube eines Pontiac-Straßenkreuzers, Baujahr 1955. Zu solchen und noch weniger charmanten Vergleichen griffen in den letzten Wochen immer wieder dänische Zeitungen.

Doch nicht einmal Architekt Henning Larsen trifft dafür die Schuld: "Wer zahlt, schafft an", schien das Motto des 91-jährigen Reeders und Milliardärs Maersk Mc-Kinney Möller zu sein: Er finanzierte das gesamte Projekt, behielt sich aber vor, von der Fassadengestaltung bis zur Ausstattung der Toiletten seinen Willen durchzusetzen.

Könnte sich die Kleine Meerjungfrau auf der anderen Seite des Hafenbeckens umdrehen, würde sie das teuerste und spektakulärste Geschenk der dänischen Geschichte erblicken: 2,5 Mrd. Kronen (335 Mio. Euro) hat Mc-Kinney Möller Dänemarks Hauptstadt für den Bau spendiert. Die Regierung hatte nach jahrelangem Streit über einen Opernneubau 2000 das Angebot dankend angenommen - gut möglich, dass nun auch sie die Entscheidung bereut.

Überspannt wird das Opernhaus von einem weißen Dach, das freischwebend 33 Meter über den Eingangsbereich hinausragt. An diesem Dach erhitzen sich die Gemüter der Kopenhagener. "Die Luftigkeit, die der spitze Flügel dem Koloss geben sollte, wird von dem Höcker des Szenenturms, der auf dem Dach sitzt, niedergedrückt", bemängelte die Kopenhagener Zeitung "Politiken". Auch dass der mächtige Bau traditionelle Sichtachsen im Stadtbild durchschneidet, sei ein Skandal. Auch eine Lösung für die Verkehrsanbindung der Operninsel gibt es noch nicht.

Die Glasfront des Foyers steht ebenfalls in der Kritik - nicht nur bei Medien, sondern auch in Fachkreisen. Der transparenten Fassade von Larsens Modell hatte der kompromisslose Bauherr Möller 40 Zentimeter breite Stahlstreifen umlegen lassen. Damit wurde die Idee des Architekten zerstört, das kugelige Auditorium wie ein Stück Bernstein durch das Foyer hindurch schimmern zu lassen. Larsen distanzierte sich vor wenigen Tagen von dem Projekt: "Wir haben da einen Kompromiss bekommen, der misslungen ist und auch mich traurig macht." Ein Ausstieg sei ihm aber unmöglich gewesen, schrieb "Politiken": Extrem hohe Vertragsstrafen hätten den wirtschaftlichen Ruin seines Büros mit 100 Beschäftigten bedeutet.

Am Samstag hob sich nun zum ersten Mal der Vorhang im neuen Opernhaus. Auf dem Programm stand "Aida" mit Startenor Roberta Alagna - auf Wunsch von Mc-Kinney Möller, versteht sich.

Quelle: orf.at
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