München - Obwohl seine erste Spielzeit am Bayerischen Staatsschauspiel in München erst im Oktober beginnt, hat Martin Kusej jetzt schon alle Hände voll zu tun. «Hier brummt und knarrt und kracht es», sagte er am Montag bei der Vorstellung des neuen Programms. Mit einem «Schlachtschiff» vergleicht er das Residenztheater. Bald heuert er dort als Kapitän an: Als Nachfolger von Dieter Dorn wird er als neuer Intendant mit mehr als 50 Schauspielern an Bord gehen.
Es ist ein klares plakatives Programmheft, das die geplanten 25 Produktionen sowie Veranstaltungsreihen beschreibt. Schwarze, weiße und rote Lettern kündigen Klassiker wie William Shakespeares «Sommernachtstraum» und Ödön von Horvaths «Kasimir und Karoline» an. Den Einstand als Intendant am Bayerischen Staatsschauspiel und den Startschuss für die neue Spielzeit gibt Kusej mit Arthur Schnitzlers «Das weite Land» am 6. Oktober. Geplant sind auch viele deutschsprachige Erstaufführungen und Uraufführungen wie Albert Ostermaiers «Halali».
Der «Intendantenkrankheit» verfallen
«Richtig große Hämmer» - so bezeichnete der 40 Jahre alte Kusej Produktionen wie die Uraufführung von Helmut Kraussers «Eyjafjallajökull-Tam-Tam» an. Das Stück, das sich mit dem Ausbruch des isländischen Vulkans befasst, sei ein «Grenzen sprengendes Projekt». Mehr als 50 Schauspieler seien Teil des Stücks. Die Großproduktionen sind auch ein Sinnbild für Kusejs Vision für die kommenden Jahre: München als eine «kräftige, powervolle Theaterstadt» zu präsentieren.
Kusej hat sich früher immer gefragt, wieso Theaterhäuser so große Repertoires anbieten. Als er nun selbst ans «Ruder» kam, sei er auch der «Intendantenkrankheit» verfallen: «Man produziert und produziert und produziert», sagte er schmunzelnd. Doch hinter jeder einzelnen Produktion stecke sein ganzes «Herzblut», versicherte er.
Kinder und Internationalität
Mit «In 80 Tagen um die Welt» nach Jules Verne will das Staatsschauspiel mit seinem Residenz- und Cuvilliés-Theater sowie dem Marstall einen Akzent für Jugend- und Kindertheater setzen. «Wir wollen das Theater dafür öffnen», sagte Kusej. Auch Themenschwerpunkte wie eine Veranstaltungsreihe zum Werk des Regisseurs und Autors Rainer Werner Fassbinder, dessen Todestag sich im nächsten Jahr zum 30. Mal jährt, sind Teile des Programms.
Den Marstall hat Kusej als Ort für die Präsentation bewusst gewählt. Denn er will nicht nur auf das Spannende aufmerksam machen, sondern auch auf die Mängel: «Das Gebäude ist kurz vor dem Zusammenbrechen.» Es sei kein Geheimnis, dass die Baubehörde die Schließung angedroht habe. «Bevor wir darüber reden, was wir veranstalten, muss gewährleistet sein, dass das Gebäude im Frühjahr noch steht», sagte Kusej besorgt. Bisher sei kein klares Konzept erkennbar.
Intendant Martin Kusej in acht Daten
- Martin Kusej wird am 14. Mai 1961 in Wolfsberg im österreichischen Kärnten geboren
- 1982 beginnt er ein Regiestudium in Graz
- 1987 erste Inszenierung in Graz: «Es» von Karl Schönherr
- ab 1993 fester Regisseur beim Staatsschauspiel Stuttgart
- danach arbeitet er an der Berliner Volksbühne, am Deutschen Schauspielhaus, am Thalia Theater Hamburg und am Wiener Burgtheater
- 2005 und 2006: Leitung des Schauspiels der Salzburger Festspiele
- Martin Kusej ist der Nachfolger des Intendanten Dieter Dorn am Bayerischen Staatsschauspiel
- im Oktober 2011 beginnt die erste Spielzeit unter Kusejs Leitung.