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London - Gezogene Maschinengewehre, Folter und rote Fahnen auf der Bühne des Royal Opera House (ROH) in London. Typisch radikal und provokant hat Martin Kusej am Montagabend seine Interpretation der Mozart-Oper «Idomeneo» vorgestellt. Das Publikum reagierte mit Buh-Rufen und verhaltenem Applaus auf die Premiere. Die Inszenierung sei inhaltlich «vulgär», aber «musikalisch fantastisch», schrieb der «Independent» am Dienstag.
«Das ist mir egal. Sie ahnen ja gar nicht, was ich schon alles überlebt habe», hatte der österreichische Theater-und Opernregisseur und Intendant des Münchener Residenztheaters, zuvor in der «Times» im Hinblick auf zu erwartende Publikumsreaktionen erklärt.
Kusej setzt die Oper, die 1781 am Residenztheater uraufgeführt wurde, in einen Kontext von Terror, Tyrannei und Rebellion. «Meine Primärthese ist, dass ich nicht an Götter glaube. Religion, Ideologie, das ist alles Betrug», sagte er der «Times». Der Meeresgott Poseidon ist ein Gummihai. Und trotz der Thronbesteigung von Idamante, dem beim Volk beliebten Sohn des Herrschers Idomeneo, gehen Tyrannei und Gewalt weiter, verkörpert von Kindern, die starrend und schweigend Pistolen und Gewehre tragen.
Das krasse, schwarz-weiße Bühnenbild eines rotierenden Hauses mit offenen und geschlossenen Türen, blutgetränkte Kleider und revolutionäre Bürger unterstreichen die nüchterne Dramatik der Inszenierung von Kusejs Team. Neu war der Einsatz einer männlichen Altstimme in der Rolle des Idamante (Franco Fagioli), die normalerweise von weiblichen Sängern gefüllt wird. Dirigent war der Franzose Marc Minkowski, der ebenfalls sein Debüt in London hatte.