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Nachwuchskomponisten aus Aserbaidschan kommen nach Dresden

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Dresden - Während die europäische Musikwelt zum Eurovision Song Contest nach Baku schaut, will der junge aserbaidschanische Kulturmanager Vazeh Mustafa die Kulturszene seiner Heimat nach Dresden bringen. Der 27-Jährige will fünf aserbaidschanische Nachwuchskomponisten an das Europäische Zentrum der Künste nach Dresden-Hellerau holen, wie er der Nachrichtenagentur dapd sagte.

Vazeh Mustafa ist zurzeit Stipendiat am Europäischen Zentrum der Künste Dresden in Hellerau. Er kennt die freie Kulturszene seiner Heimat und weiß, welchen Einschränkungen Künstler dort ausgesetzt sind. "Freie Entfaltung ist kaum möglich, alle Aktivitäten werden beobachtet", sagt der angehende Kulturmanager.

Spontane Aufführungen vor Publikum etwa könnten als Kundgebungen gegen das System gewertet werden. Der Song Contest mit den internationalen Künstlern und Fans könne aber zumindest kurzfristig für eine Lockerung sorgen und den islamisch geprägten Ölstaat zwischen Russland und Iran für die europäische Öffentlichkeit interessant machen, meint Mustafa. Bisher interessiere sich Europas Kulturszene noch nicht für Aserbaidschan.

Symbiose aus deutscher und aserbaidschanischer Musik geplant

Deshalb will Mustafa in Dresden einen eigenen Beitrag für die aserbaidschanische Kulturszene leisten. "Ich habe Kompositionsaufträge an fünf junge Komponisten aus meiner Heimat vergeben", berichtet Mustafa in perfektem Deutsch. Die Arbeiten werden während des seit 1986 ausgerichteten Tonlagen-Festivals für zeitgenössische Musik im Oktober 2012 zu hören sein.

Die Komponisten studieren in Westeuropa und den USA und haben sich zeitgenössischer Musik verschrieben. "Ich kenne die Komponisten alle persönlich aus Baku, sie haben das Zeug für eine internationale Karriere", sagt Mustafa. Der studierte Umweltingenieur, der unter anderem eine Zeit lang auf einer Ölplattform gearbeitet hat, organisierte in seiner Heimat zwei Jahre lang Kulturevents und Festivals für zeitgenössische Musik, überwiegend ehrenamtlich, wie er sagt.

Am Festspielhaus in Hellerau ist eine Symbiose aus deutschen Musikern des Hausensembles Courage und den aserbaidschanischen Komponisten geplant, wie Produktionsleiter Andreas Lorenz erklärt, der Mustafa schon vor einer Weile in Baku kennenlernte. Die Dresdner Bühne profitiere von Mustafas Kontakten in die freie Kunstszene seines Heimatlandes, findet Lorenz. "Eine Aufführung von Werken aserbaidschanischer Komponisten würde es ohne Vazeh in Hellerau nicht geben", sagt er.

Bislang kaum Kontakte zu Künstlern in GUS-Region

Die freie Kunstszene ist nach Angaben von Lorenz in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion kaum ausgeprägt. Diktatorisch geführte Länder und eine konservative, an der sozialistischen Zeit orientierte klassische Ausbildung behindere die Entfaltung der Künstler. "Es gibt kaum Kontakte dorthin." Es kämen bisher keine Angebote aus der GUS-Region, die dem künstlerischen Anspruch des Festspielhauses gerecht werden, sagt der Produktionsleiter. Auf staatlich abgesegnete ausländische Kunst wiederum verzichte die Dresdner Bühne.

Was nach dem Eurovision Song Contest in der Drei-Millionen-Metropole Baku von künstlerischer Freiheit übrig bleiben wird, könne er nicht abschätzen, sagt Stipendiat Mustafa. "Ich vergleiche die Veranstaltung gerne mit der Olympiade in Peking." Während des internationalen Musikfestivals selbst, wenn sich Künstler, Journalisten und Fans in Baku tummelten, werde die Regierung das Treiben beobachten, sagt der Stipendiat. Er hoffe, dass zugleich die internationale Presse nicht nur auf die Grand-Prix-Bühne schaue, sondern auch der Kulturszene abseits des Musikfestes etwas Platz in der Berichterstattung einräume.

Hellerau - Europäisches Zentrum der Künste Dresden


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