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München - Es hätte das Traumpaar auf der Bühne des Münchner Nationaltheaters sein können: Anna Netrebko und Jonas Kaufmann in den Hauptrollen der Puccini-Oper «Manon Lescaut». Doch daraus wird nichts. Die Netrebko wirft hin.
Starsopranistin Anna Netrebko (43) hat keine zwei Wochen vor der Premiere die Titelpartie in der Neuinszenierung der Oper «Manon Lescaut» an der Bayerischen Staatsoper in München abgegeben. Als Grund nannte Intendant Nikolaus Bachler am Montag unterschiedliche Auffassungen des Werks von Giacomo Puccini. Regie führt Hans Neuenfels, der schon öfter mit spektakulären Operninszenierungen Aufsehen erregte.
Die Staatsoper sei dafür bekannt, «erstklassige musikalische Qualität mit spannenden, mutigen Regieansätzen zu verbinden», sagte Bachler zur Absage Netrebkos. «Dass in Einzelfällen künstlerische Konstellationen nicht funktionieren, kommt in unserem Metier vor.» Anstelle der weltweit gefeierten russischen Sopranistin wird nun am 15. November die lettische Sängerin Krist?ne Opolais die Titelpartie übernehmen.
Opernsprecherin Carolin Müller-Dohle sagte der Nachrichtenagentur dpa ergänzend zur Entscheidung Netrebkos, es habe keinen Krach zwischen der Sängerin und dem Regisseur gegeben. «Sie gingen nicht im Streit auseinander.» Aber das Regiekonzept von Neuenfels habe nicht mit der Auffassung der Titelpartie von Netrebko übereingestimmt.
Der Tenor Jonas Kaufmann singt hingegen unverändert die Partie des Studenten Des Grieux. Es ist seine sechste Premiere an der Staatsoper. Er und Opolais gaben in diesem Sommer ihre Rollendebüts in «Manon Lescaut» am Londoner Royal Opera House Covent Garden. Die musikalische Leitung in der Münchner Inszenierung übernimmt Alain Altinoglu. Die 1893 uraufgeführte Oper erzählt vom Mythos einer Frau, die zwischen Liebe und Luxus hin- und hergetrieben ist und schließlich gebrochen in einer öden Landschaft in New Orleans stirbt.
«Mithilfe eines reduzierten Bühnenbildes soll die Expressivität der Geschichte vor allem im Zusammenspiel der beiden Hauptfiguren zum Ausdruck kommen», teilte die Staatsoper lediglich zum Regiekonzept von Neuenfels für «Manon Lescaut» mit. Dabei spielten das Beobachtet-Sein der beiden Liebenden von außen und die Blicke und Anforderungen der Gesellschaft eine wesentliche Rolle in der Charakterisierung der Hauptfiguren. Mit dieser Sichtweise konnte sich Netrebko offenbar nicht anfreunden.
Neuenfels machte 2010 mit einer spektakulären Neuinszenierung der Oper «Lohengrin» von Richard Wagner bei den Bayreuther Festspielen auf sich aufmerksam. Erst wurde seine Regie mit Dutzenden Laborratten auf der Bühne ausgebuht, später entwickelte sie sich zu einer der beliebtesten Inszenierungen auf dem Grünen Hügel. In München inszenierte Neuenfels bereits 2010 die Oper «Medea in Corinto» von Johann Simon Mayr.
Paul Winterer
«Manon Lescaut», Premiere am 15. November 2014