Salzburg - Mit einer Neuinszenierung von Wolfgang Amadeus Mozarts Oper "Die Zauberflöte" haben am Freitagabend offiziell die Salzburger Festspiele eröffnet. Zur Premiere kam erneut viel Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Kultur. Doch die Interpretation von Nikolaus Harnoncourt und Regisseur Jens-Daniel Herzog wurde vom Publikum wenig begeistert aufgenommen.
Eigentlich hatte sich Harnoncourt bereits aus Salzburg weitgehend zurückgezogen, doch Intendant Alexander Pereira konnte ihn noch einmal dazu überreden, eine Opern-Neuinszenierung zu übernehmen - diesmal allerdings nicht mit den Wiener Philharmonikern, sondern mit dem von Harnoncourt gegründeten Alte-Musik-Ensemble Concentus Musicus Wien, das der strenge Maestro mit Zeigefingerattacken und seinen berüchtigten Handkantenschlägen zu gewohnter Präzision drängte.
Die Ouvertüre kam schmissig und dynamisch daher, mit scharf akzentuiertem Blech und derben Paukenschlägen. Doch dann trat Harnoncourt auf die Bremse. Seine Tempi gerieten so breit, dass die Musik in ihrer Schönheit zu erstarren schien.
Einfältige Regie
Gewisse Längen waren nicht zu leugnen, was auch an Herzogs Regie lag. Der neue Intendant der Oper Dortmund hatte Mozarts letzte Oper, die irgendwo zwischen Kindermärchen und Aufklärungsdrama angesiedelt ist, Eins zu Eins vom Textbuch auf die Bretter gestellt und kaum einen Versuch unternommen, dem von dem Wiener Theaterimpresario Emanuel Schikaneder ersonnenen, etwas kruden Libretto tiefer gehende Bedeutungsebenen abzutrotzen.
Eigentlich geht es in der Oper um das Aufeinandertreffen zweier Lebenswelten: Auf er einen Seite steht die von ihren Trieben und Emotionen geleitete Königin der Nacht, auf der anderen der streng rationale, alles Körperliche verneinende Sarastro. Der ist bei Herzog das Oberhaupt einer Art Wissenssekte mit angeschlossenem Internat, in dem er Pamina, die Tochter der "Königin" festhält, um sie zu einem perfekten Menschen zu formen.
Der Fürstensohn Tamino soll Pamina im Auftrag der Mutter befreien. Davor muss er im Hauptquartier der Sekte einige Prüfungen bestehen, wobei ihm der Naturmensch Papageno mehr hinderlich als behilflich ist.
Seinerzeit wurde die "Zauberflöte" mal als Apotheose der Aufklärung, mal als deren Verdammung interpretiert. Wer in Herzogs Inszenierung unbedingt aktuelle Bezüge sehen will, kann das Emblem mit dem Buchstaben "S" auf den weißen Laborkitteln der Sektenmitglieder mit "Scientology" übersetzen.
Darüber hinaus konnte sich das Premierenpublikum an allerlei witzigen Einfällen erfreuen, wie dem dreirädrigen Töfftöff, mit dem der Singvogel-Delikatessenhändler Papageno die Bühne enterte oder den frechen Internatszöglingen, die Geodreiecke und Zirkel als Waffen bei der Klassenkeile einsetzen - Symbole der Freimaurerei, die in Mozarts Oper eine wichtige Rolle spiele.
Und natürlich durfte Sarastros schwarzhäutiger Getreuer, Manostatos, nicht fehlen, dessen Mimik allerdings über rollende Augen nicht hinauskam.
Nur kurzer Schlussapplaus
Bühnenbildner Mathis Neidhardt hatte für das Spektakel eine Kopie der steinernen Arkaden der Felsenreitschule und eine Flucht von Separees mit 20 Türen bauen lassen, die sich ineinanderschieben ließen und eine große Zahl von Raumwirkungen ermöglichten. Das wirkte alles sehr aufwendig und edel, wie die ganze Inszenierung, aber auch merkwürdig kraftlos und steif.
Am Ende, als sich die Paare Tamino/Pamina und Papageno/Papagena glücklich gefunden haben, gehen sich Sarastro und die Königin der Nacht gegenseitig an die Kehle, während der mächtige "Sonnenkreis", der Sarastro seine Lebenskraft spendete, nur noch als Kinderspielzeug für die im Kinderwagen liegende Nachkommenschaft der beiden Paare taugt.
Der Schlussapplaus war lau und kurz. Am meisten Beifall gab es für Stardirigent Nikolaus Harnoncourt und seinen Concentus Musicus. Aus dem eher durchschnittlichen, nicht wirklich festspielwürdigen Sängerensemble stachen der Schweizer Tenor Bernard Richter als Tamino, die deutsche Sopranistin Julia Kleiber als Pamina und der deutsche Bass Georg Zeppenfeld als Sarastro hervor. Nicht völlig überzeugen konnte die deutsche Sopranistin Mandy Fredrich als Königin der Nacht, obwohl sie die schwierigen Koloraturen der Rachearie gut bewältigte. Doch den Furor etwa einer Edita Gruberova blieb sie dem Publikum schuldig.