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Schlagzeug statt Klarinette - Szene-Vertreter fordern im Bayerischen Landtag Unterrichtsfach Popmusik - «Pop bedeutet Wirtschaft»
München (ddp-bay). Vertreter der bayerischen Rockszene fordern die Einführung eines regulären Unterrichtsfachs Popmusik. Dazu bedürfe es speziell ausgebildeter Pädagogen, die aus der Branche kommen, betonten mehrere Vertreter der Popszene am Mittwoch in einer Sitzung des Kulturausschusses im Landtag. Der Popmusikbeauftragte der bayerischen Schulen, Leonhard Hechenbichler, sagte, man müsse Nachwuchsmusikern helfen, das «Lebensziel Popmusik» zu verwirklichen. Zudem müsse die Pop- und Rockmusik auch als Wirtschaftfaktor anerkannt werden. Er betonte: «Pop bedeutet Wirtschaft.»Nach Ansicht von Markus Becker vom Landesverband Bayerischer Privatmusikinstitute (LBPM) sind bei der Förderung des musikalischen Nachwuchses insbesondere die Eltern gefragt. «Popmusik gilt häufig als etwas Schlechtes. Warum soll ein Kind erst jahrelang Klarinette lernen, wenn es lieber am Schlagzeug sitzt?», argumentierte er. Rock und Pop sollten als «ehrenwerter Bereich» gelten, nicht als Randgebiet. Auch SPD-Jugendsprecher Linus Förster betonte: «Im Bereich der Kulturförderung und in der Akzeptanz der Öffentlichkeit muss diese Musiksparte einen anderen Stellenwert erhalten.»
Der Geschäftsführer der Initiative «Rockbüro Süd», Bernd Schweinar, forderte von Politik und Wirtschaft die Anerkennung der Popmusik «als entscheidenden ökonomischen Faktor im Freistaat». Bayern hinke dabei Ländern wie Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen hinterher. Sie hätten längst erkannt, dass man Pop und Rock als Wirtschaftsgröße definieren müsse. Außerdem könnten Unternehmen gezielt lokale Bands sponsern und damit einen Beitrag für die Musiklandschaft in der Region leisten.
Auf breite Ablehnung stießen Überlegungen, verstärkt die Hochschulausbildung an so genannten Popakademien zu fördern. «Es kann nicht das Ziel sein, Diplom-Rockmusiker auszubilden, sondern generell eine fachliche Weiterbildung anzubieten», sagte die Geschäftsführerin des Mediencampus Bayern, Gabriele Goderbauer-Marchner. Nicht ein Studium der Popmusik fehle Nachwuchstalenten, sondern das nötige Fachwissen für eine Karriere im Musikgeschäft.
Der vor rund einem Jahr gegründete Musikcampus Bayern bietet der Geschäftsführerin zufolge Informationen und Kontakte für junge Musiker. Dennoch könne es Anlaufstellen dieser Art nicht genug geben. Gerade außerhalb der großen Städte sei der Informationsbedarf bei Nachwuchsbands enorm.
An der Sitzung des Kulturausschusses nahmen zahlreiche Vertreter aus der Musikbranche, Schulen und Hochschulen als Experten teil, unter ihnen der Sänger Lou Bega («Mambo No. 5»). Gemeinsam mit den Landtagsabgeordneten analysierten sie Stärken und Schwächen der bayerischen Musikszene und diskutieren bürokratische Hemmnisse für Künstler im Freistaat.
Liz Reiche