Wien - Österreichs Opern, Theaterbühnen und Konzertsäle erwachen aus dem Corona-Schlaf. Das ist gut für Künstler und lokale Fans. Doch wichtige Einnahmequellen bleiben vorerst noch aus.
Mit randvollem Premierenkalender, aber nur halbvollen Sälen präsentieren sich Österreichs Bühnen nach monatelangem Corona-Lockdown. Gemeinsam mit dem Tourismus und der Gastronomie wird auch der Kulturbetrieb am Mittwoch unter Sicherheitsvorkehrungen hochgefahren. Auch wenn nur wenige Wochen bis zum Ende der Saison verbleiben, sei es nicht in Frage gekommen, den Vorhang erst nach der Sommerpause wieder zu heben, sagte Burgtheater-Direktor Martin Kusej. «Viele unserer Zuschauerinnen und Zuschauer haben uns in den letzten Monaten geschrieben, was Theater für sie bedeutet», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Es war klar, dass wir baldmöglichst wieder spielen wollen.»
Auch wenn in Österreich wieder vor Publikum gespielt wird, ist nicht alles so wie früher. Die Säle dürfen nur zur Hälfte gefüllt werden. Besucher müssen Masken tragen und nachweisen, dass sie negativ getestet, geimpft oder von Covid-19 genesen sind. Große Wiener Häuser wie das Burgtheater, die Staatsoper und das Konzerthaus bieten ihren Besuchern Virustests vor der Vorstellung an.
Kusej hat bis Ende Juni acht Premieren angesetzt, die auf kleineren Bühnen stattfinden, da das Burgtheater renoviert wird. Den Beginn macht am Mittwoch August Strindbergs «Fräulein Julie» unter der Regie von Mateja Koleznik. Die Staatsoper zeigt sechs Neuproduktionen, darunter Charles Gounods «Faust». Frank Castorfs vielschichtige Inszenierung mit Juan Diego Florez in der Hauptrolle sorgte bereits Anfang Mai als TV-Version für Aufsehen.
Auch der Musikverein geht aufs Ganze. Der Klassiktempel verlängert seine Saison bis Ende Juli und plant bis dahin mehr als 180 Konzerte. Vier davon bestreitet Daniel Barenboim mit Beethovens Klaviersonaten. Auch im Rest Österreichs geht das Kulturleben wieder los - nicht zuletzt in Salzburg, wo die Öffnung gerade rechtzeitig vor den Pfingstfestspielen erfolgt.
Doch hinter dem Feuerwerk an Premieren und Konzerten verbergen sich Probleme. Das Hochfahren des Betriebs sei eine «wahnsinnige Herausforderung», sagte Burgtheater-Chef Kusej. Obwohl sich das Ensemble sehr auf die Aufführungen freue, hätten alle einen lähmenden Stillstand hinter sich. «Diese oft existenzielle Krise zu überwinden kostet Energie - kann aber natürlich auch positive Effekte und Erneuerung zur Folge haben», sagte Kusej.
Außerdem werden Kulturbetriebe wohl noch länger mit einem Mangel an Touristen zu kämpfen haben. Die Staatsoper zählte vor der Pandemie rund 30 Prozent ausländische Gäste, das Kunsthistorische Museum in Wien gar 80 Prozent. Nun hoffe man zumindest auf Besucher aus dem nahen Ausland, sagte eine Museumssprecherin.
Im Gegensatz zu den meist älteren Freunden der sogenannten Hochkultur müssen Jüngere allerdings nicht nur weiterhin auf Impfungen warten, sondern auch auf ihre Lieblingsbands. Denn bei Konzerten ohne feste Sitzplätze sind derzeit höchstens 50 Zuschauer erlaubt. Die Folge seien weniger Konzerte, geringere Einnahmen und schwindende Budgets für neue Aufnahmeprojekte, sagte Musikmanager Hannes Tschürtz, dessen Label Ink Music etwa den Austropop-Exporthit Bilderbuch entdeckte. «Es ist ein versiegender Geldfluss, und wir laufen in einen Teufelskreis.»