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Rasanter Auftakt für Berliner Monteverdi-Marathon

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Berlin - Mit einem zwölfstündigen Marathon des Barock-Komponisten Claudio Monteverdi (1567-1643) hat der neue Intendant der Komischen Oper Berlin, Barrie Kosky, am Sonntag seine erste Spielzeit eröffnet. Drei Opern Monteverdis standen von 11.00 bis 23.00 Uhr auf dem Programm, bei allen drei Werken führte der Australier auch selbst Regie. Fast 200 Künstler waren an dem Marathon beteiligt, darunter ein Großteil des neuen Sängerensembles der Komischen Oper.

Der neue Chef des Hauses mag es sehr bunt, sehr laut, sehr sexy, sehr humorvoll. Und er hält gerne alle Fäden selbst in der Hand. Am Sonntag konnte Barrie Kosky an der Komischen Oper Berlin wieder mal zeigen, dass er zu Recht als Regisseur an vielen großen Opernbühnen gefeiert wird. Und er zeigte dem Publikum des kleinsten der drei Berliner Opernhäusern zugleich, wo es künftig mit ihm als Chef langgehen wird. Tosender Beifall war für ihn schon der erste Lohn des Tages nach der fulminanten "Orpheus"-Premiere am Sonntagmorgen. Für Sänger, Chöre und Orchester gab es Bravorufe und helle Begeisterung. Ein gelungener Start, doch der neue Chef hastete angespannt durch die Gänge des Opernhauses, denn am Nachmittag stand "Odysseus" auf dem Programm, der zweite Teil der Monteverdi-Trilogie zum Auftakt seiner Spielzeit und am Abend dann noch "Poppea", wo er auch mit ganz zarten und subtilen Tönen überraschte. 3sat übertrug den Marathon am Sonntag leicht zeitversetzt.

Liebeslust und Liebesleid im Zauberwald
Für den Auftakt brachte das Regieteam einen verwunschenen, exotisch-bunten Zauberwald auf die Bühne. Das Liebespaar Orpheus und Eurydike lebte dort inmitten von allerlei Nymphen und Gespielen ein leichtes und lustvolles Leben. Sie sangen, spielten, tanzten - und verzauberten das Publikum schon vor der Mittagspause. Das gelang besonders Dominik Köninger, dem jungen, schönen Bariton ganz rasch. Seit diesem Jahr ist der 30-Jährige Mitglied im Ensemble der Komischen Oper und könnte mit seiner klaren, kraftvollen Stimme und dem jugendlichen Charme schnell zum Publikumsliebling werden. Der Regisseur ließ ihm keine ruhige Minute, verlangte ihm schauspielerisch alles ab. Doch Textverständlichkeit und Ausdruck seiner Stimme tat das keinen Abbruch. Stürmischer Beifall und Bravorufe für diesen Orpheus.

Das zweite Werk seiner Trilogie, Monteverdis "Orpheus", inszenierte der 45-jährige Kosky wie ein Kammerspiel, eingehüllt von Musik. Als Titelheld stand Günter Papdendell auch musikalisch ganz im Mittelpunkt, seine auf ihn wartende Frau Penelope sang mit verführerisch dunklem Timbre die türkische Mezzosopranistin Ezgi Kutlu. Als zentrale Figur Amor stand wiederum, wie schon bei "Orpheus", Peter Renz auf der Bühne. Die Musik Moteverdis klang häufig ungewohnt: statt Gamba gab es Astor Piazzolla. Tangoklänge, statt Theorbe wie einst bei Monteverdi gab es Barocktöne auf E-Gitarre und Synthesizer. Ein begeisternd aufsingendes, fast durchweg junges Sängerensemble lässt nun eine spannende Spielzeit 2012/2013 erwarten.

Mit knisternder Erotik
Erotisch knisternd hat Kosky dann seine letzte Premiere des Tages in Szene gesetzt, den Polit-Thriller "Poppea". Halb nackte Frauen und ganz nackte Männer sprangen zwischen grauen Steinen umher, selbst der Denker Seneca (Jens Larsen) wurde seiner Kleider beraubt. In wilder Leidenschaft verbrachte Kaiser Nero (Roger Smeets) jede Nacht bei seiner Geliebten, der aufregenden Poppea (Brigitte Geller). Längst weiß Kaiserin Octavia (Helene Schneidermann) von dieser Affäre und lässt sich Drinks am laufenden Band servieren, um zu verdrängen. Doch kampflos will sie sich nicht in ihr Schicksal ergeben und so stiftete sie Poppeas ehemaligen Liebhaber Otho (Theresa Kronthaler) an, die Rivalin zu ermorden. Doch es misslang, und die Anstifter wurden verbannt. Der Weg war frei für Poppeas Krönung. Doch ihr Kampf für die Liebe war längst zum Kampf ums eigene Überleben geworden. Ehrgeiz schien dabei ihr wahrer Antrieb zu sein.

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