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Reeperbahn-Festival-Chef: «Es ist nicht gefährlicher als Bahnfahren»

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Hamburg - Das Hamburger Reeperbahn-Festival sollte ein Test sein, eine Art Blaupause für künftige Livemusik-Veranstaltungen in kleinen und mittleren Spielstätten. Die wichtigste Frage war deshalb: Geht Livemusik unter Corona-Bedingungen überhaupt und macht das eigentlich noch Spaß?

Der Chef des Reeperbahn-Festivals hat nun nach vier Tagen ein positives Fazit gezogen. «Ich bin schon zufrieden. Das meiste hat ganz gut geklappt», sagte Alexander Schulz am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg.

Das pandemiegerechte Festival habe zudem weitgehend mit dem Vorurteil aufräumen können, dass solche Veranstaltungen per se Superspreader-Events sind. «Livemusik-Veranstaltungen sind nicht gefährlicher als Bahnfahren», so Schulz weiter. Auch Ex-Spice-Girl Melanie C hatte am Samstagabend über die pandemiegerechte Version des Festivals gesagt: «Es ist unglaublich, dass es möglich war, trotzdem weiterzumachen. (...) Ich fühlte mich sehr sicher die ganze Zeit.»

Einbahnstraßen-System, rund 600 Desinfektionsmittelspender an den Spielorten, akkurate Kontaktdateneingabe an den Ein- und Ausgängen, Sitzplätze an allen Spielorten und stets eineinhalb Meter Abstand - die Macher achteten sehr penibel auf die Einhaltung der Corona-Regeln. «Da waren wir wirklich sehr, sehr sorgfältig, und es gab Lob nicht nur von den Ämtern und Behörden, sondern sogar von den Besuchern», so Schulz.

Mit Blick auf die Atmosphäre in den Clubs und Spielstätten fällt das Fazit durchwachsener aus. «Da muss man sagen, das war sehr unterschiedlich. Das hängt stark vom Genre, der Zielgruppe und dem Veranstaltungsort ab. Aber natürlich fühlt es sich dünner an, wenn man in einem Raum mit nur 20 Prozent Auslastung spielt.» Dennoch sei bei vielen Orten atmosphärisch «genug drin» gewesen, damit es sich weiterhin lohne. Zudem seien solche Auftritte derzeit «alternativlos». Denn die anderen Möglichkeiten wären Stillstand, Spielen vom Sofa aus oder Spielen vor Autos. «Und da finde ich das ungünstigste Setting bei uns noch besser als all das.» So sei es auch den Künstlern des Reeperbahn-Festivals gegangen, das habe sich in der Spielfreude gezeigt.

Livemusik unter Corona-Bedingungen sei also möglich und unterhaltsam, aber aufgrund der coronabedingt maximal möglichen Auslastung von etwa 20 Prozent nicht kostendeckend. Damit liege der Spielball nun auch auf dem Feld der Politik. «Wenn man das politisch will, dann hat das auch wirtschaftliche Konsequenzen. Denn das bedeutet, dass das neue Value Gap (Wertschöpfungslücke) bei 75 bis 80 Prozent liegt. Das muss dann ausgeglichen werden von der öffentlichen Hand - wenn man das politisch wirklich will.»

Das Festival hatten wie zuvor erwartet fast 8000 Menschen besucht. Die kompakte Corona-Edition des Reeperbahn-Festivals hatte an 20 Spielorten rund 300 Veranstaltungen für Konzertbesucher und Fachpublikum geboten. Im vergangenen Jahr waren es noch rund 50 000 Besucher und etwa 1000 Veranstaltungen.

Bei allen Einschränkungen blieb eines gleich: Das Hauptaugenmerk der Besucher - Publikum wie Fachbesucher - blieb auf der Musik und den Künstlerinnen und Künstlern. So ist auch 2020 der Anchor-Award für aufstrebende Musikerinnen und Musiker des Hamburger Reeperbahn-Festivals verliehen worden. Gewonnen hat ihn das Dresdner Duo Ätna. Sie sind damit der erste deutsche Act, der den International Music Award seit 2016 mit nach Hause nehmen kann. Jury-Mitglied Melanie C sagte am Samstagabend über die beiden: «Sie sind unvergesslich. Es ist etwas sehr besonderes. Sie sind so anders. Es war eine besondere Performance.»

Ätna hat sich mit seinem außergewöhnlichen Sound - einer Mischung aus Indie und Electro - und seinem originellen Gesamtpaket aus Musik, Text und Performance gegen vier weitere Nominierte durchgesetzt. Sie alle - Eefje de Visser, Ätna, Tuvaband, Suzane und Arya Zappa - spielten an drei Tagen mehrmals auf dem Festival und mussten dabei die Jury von ihrem Können überzeugen. Zu den Juroren gehörten in diesem Jahr neben Melanie C auch Musikproduzent Tony Visconti, Musikjournalist Markus Kavka und Seed-Gründer Frank Dellé.

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