Luthers Sprachschöpfungen und Dada-Klangspiele: In Weimar treffen 2017 beide aufeinander. Auch Lenin spielt eine Rolle. 500 Jahre Reformation, 100 Jahre Oktoberevolution: Beide Jubiläuen stehen in diesem Jahr bei der 2012 gestarteten Dada-Dekade in Weimar im Mittelpunkt. Unter dem Motto „Reformation, Revolution, Reklamation“ wollen sich in der Klassikerstadt in- und ausländische Künstler in Ausstellungen und mit viel Musik mit den beiden historischen Ereignissen auseinandersetzen, sagte Michael von Hintzenstern von den Klang-Projekten Weimar der Deutschen Presse-Agentur.
Sie wollten damit auch auf heutige politische Entwicklungen reagieren. Als Höhepunkt sei am 6. Mai die „Dadamenta“ auf dem Weimarer Marktplatz geplant.
Den Auftakt mache an diesem Freitag (13. Januar) die Performance „Neujahrsempfang“ in der Galerie Markt 21. Reinhard Zapka, alias Richard von Gigantikow, eröffne seine Ausstellung „RiRaRutsch“.
Gigantikow leite in Radebeul das „Lügenmuseum“, das sich mit Traumata der untergegangenen DDR beschäftige. Um Luther und Lenin, Reformation und Revolution gehe es in einer Uraufführung von Hintzenstern und dem „Absurden Chor.“ Die japanische Dada-Künstlerin Norico Kimura wolle das Gedicht „Die Nachtigall“ des Thüringer Ornithologen Matthäus Bechstein (1757-1822) vortragen.
Die Dada-Dekade, die an den Internationalen Kongress der Dadaisten und Konstruktivisten 1922 in Weimar und Jena erinnern will, beziehe sich nicht nur im Titel auf die Reformations-Dekade. Im Mai werde es zu einer direkten Begegnung kommen, sagte von Hintzenstern. „Dann werden Künstler Luther-Texte auf dadaistische Weise bearbeiten und vortragen.“ Reformator Martin Luther schuf 1521/22 mit der Übersetzung des Neuen Testaments die Grundlage für eine einheitliche deutsche Schriftsprache. Rund 400 Jahre später wurde bei den Dadaisten die Sprache von ihren Inhalten befreit und verwandelte sich immer mehr zum Klang.