Paris - Tobias Kratzer gilt als eines der größten Regie-Talente seiner Generation. Nun feiert der 41-Jährige mit «Faust» des französischen Komponisten Charles Gounod (1818-1893) seine erste Inszenierung an der Pariser Oper Bastille. Wegen der Corona-Krise wird die über dreistündige Inszenierung im französischen Fernsehen übertragen. Die Erstausstrahlung findet am 26. März auf «France 5» statt.
Kratzer ist bekannt für seine spektakulären Opern- und Schauspielinszenierungen. 2019 inszenierte er die Wagner-Oper «Tannhäuser» bei den Bayreuther Festspielen, 2020 wurde er mit dem «Oper! Award» als bester Regisseur ausgezeichnet. Aus dem «Faust» von Gounod hat er eine markante und spannende visuelle Version gemacht. Er lässt Faust über die brennende Notre-Dame fliegen, im schnellen Galopp durch das Vergnügungsviertel Pigalle reiten und Mephisto U-Bahn fahren.
Zum Glück habe man die Aufnahmen schon vergangenes Jahr im Sommer gemacht, als es keine Ausgangsbeschränkungen gegeben habe, sagte Kratzer der Deutschen Presse-Agentur in Paris. Ein Teil der Bilder wurde mit Drohnen-Kameras aufgenommen. An einem so großen Haus wie der Bastille-Oper zu arbeiten sei im Grunde gar nicht so viel anders als an anderen Häusern, sagte er. Die Vorbereitungen seien nur umfassender.
Gounods «Faust» nach dem Libretto von Jules Barbier und Michel Carré basiert auf dem «Faust I» von Johann Wolfgang von Goethe. Für einen deutschen Regisseur sei die französische Faust-Interpretation interessant, erzählte Kratzer. «Im Gegensatz zum deutschen 'Faust' strebt Gounods Protagonist nicht nach Allwissenheit, sondern nach der ewigen Jugend», sagte er. Dieses Sujet sei nicht wichtiger, erlaube jedoch einen anderen Blick auf die Oper - einen Blick, den man bislang nicht genügend herausgearbeitet habe.