Moskau - Der deutsche Kulturmanager Hans-Joachim Frey hat in Moskau im Auftrag des berühmten Bolschoi Theaters zum Jahrestag des Weltkriegsendes zwei Stücke über die Schrecken der Nazi-Diktatur auf die Bühne gebracht. Auf der kleinen Bühne der Kammeroper inszenierte er unter starkem Beifall und Bravo-Rufen «Das Tagebuch der Anne Frank» von Grigori Frid (1915-2012) und «Weiße Rose» von Udo Zimmermann.
«Dass beide Kammeropern an einem Abend laufen gab es noch nie», sagte Frey vor dem in Russland an diesem Sonntag groß gefeierten 76. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über den Hitlerfaschismus.
In beiden Opern sind die ganze Zeit das jüdische Mädchen Anne Frank (Natalja Ritter), das im Konzentrationslager Bergen-Belsen starb, und die von den Nazis ermordeten Geschwister Sophie (Irina Chruljowa) und Hans Scholl (Wassili Sokolow) von der deutschen Widerstandsgruppe Weiße Rose präsent. Scholl wäre an diesem Sonntag 100 Jahre alt geworden. Frey, einst Gründer des Dresdner Opernballs, zeigte sich glücklich, in Zeiten der Pandemie in Russland arbeiten zu können.
Das öffentliche Leben in Russland ist seit dem Sommer kaum noch eingeschränkt. Ungeachtet hoher Corona-Infektionszahlen haben auch Theater geöffnet. Im Mai vorigen Jahres, als das Opernprojekt zum 75. Jahrestag des Sieges über Nazideutschland hatte Premiere feiern sollen, waren noch alle öffentlichen Einrichtungen geschlossen.
«Ich will hier Kulturbrücken bauen zwischen beiden Seiten», sagte Frey der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die politischen Spannungen zwischen Berlin und Moskau. «Das ist so eine verhärtete Debatte auf beiden Seiten.» Der 55 Jahre alte Kulturmanager arbeitet inzwischen vor allem in Russland, wo er am Bolschoi Theater den Generaldirektor Wladimir Urin berät und im Schwarzmeerkurort Sotschi den Bau eines Kulturzentrums leitet, das in zwei Jahren eröffnet werden soll. In der Stadt der Olympischen Winterspiele von 2014 organisiert er bereits jetzt Dutzende Veranstaltungen.
Zuletzt hatten am Bolschoi Theater auch der deutsche Regisseur Claus Guth die Oper «Salome» von Richard Strauss und der Choreograph Christian Spuck das Ballett «Orlando» auf die Bühne gebracht. Die Aufführungen sind keine offiziellen Teile des in Russland noch laufenden Deutschlandjahres.